Zürich (awp) - Die Credit Suisse-Aktionäre haben am Mittwoch an einer ausserordentlichen Generalversammlung der Beschaffung von neuem Kapital in Höhe von rund 4 Milliarden Franken zugestimmt. Damit kann auch die Saudi National Bank als neue Grossaktionärin bei der angeschlagenen Schweizer Grossbank einsteigen.

Die vom Verwaltungsrat vorgeschlagene Kapitalerhöhung in zwei Schritten wurde von den Aktionären mit deutlichen Mehrheiten angenommen, wie die Credit Suisse am Mittwoch mitteilte. Die Veranstaltung in Zürich wurde ohne persönliche Teilnahme der Aktionärinnen und Aktionäre durchgeführt und auch nicht online übertragen.

Bezugsrechte für Aktionäre

Die Aktionäre genehmigten in einem ersten Schritt mit einem Ja-Stimmen-Anteil von knapp 92 Prozent eine Kapitalerhöhung in Form einer Privatplatzierung in der Höhe von bis zu 1,77 Milliarden Franken. Die neuen Aktien gehen an einige qualifizierte Investoren, darunter die Saudi National Bank (SNB). Sie übernehmen die Titel zu einem Kaufpreis von 3,82 Franken je Aktie. Die SNB wird danach einen Aktienanteil von knapp 10 Prozent an der Credit Suisse halten.

In einem zweiten Schritt stimmten die CS-Aktionäre mit 98,3 Prozent einer weiteren Kapitalerhöhung zu, die einen Bruttoerlös von mindestens 2,24 Milliarden Franken einbringen soll. Dabei erhalten die bestehenden Aktionäre Bezugsrechte für den Kauf neuer CS-Aktien. Der Bezugspreis pro Aktie wird laut den CS-Angaben bei 2,52 Franken erwartet. Die genauen Bedingungen sollen am (morgigen) Donnerstag bekanntgegeben werden.

Restrukturierung finanzieren

Die Credit Suisse benötigt das neue Kapital zur Finanzierung ihrer Ende Oktober angekündigten tiefgreifenden Restrukturierung. So will sie ihre verlustträchtige Investment Bank (IB) deutlich verkleinern, wobei Teile der IB verkauft respektive ausgelagert werden. Zudem will sie die Kostenbasis unter anderem durch den Abbau von 9000 Stellen deutlich verringern. Bis 2024 rechnet die Bank mit Restrukturierungskosten und Abschreibern in Höhe von 2,9 Milliarden Franken.

Gleichzeitig steckt die Bank weiterhin tief in den roten Zahlen. Am Mittwochmorgen hatte sie alleine für das vierte Quartal einen Vorsteuerverlust von 1,5 Milliarden Franken sowie massive Vermögensabflüsse von Kunden in der Vermögensverwaltung, aber auch aus weiteren Bankgeschäften angekündigt. Damit droht der Grossbank für das gesamte Jahr 2022 ein Verlust vor Steuern von bis zu 3,4 Milliarden Franken.

Lehmann sieht Fortschritte

Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann gab sich am Mittwoch dennoch zuversichtlich. Das Abstimmungsergebnis der ausserordentlichen Generalversammlung sei ein wichtiger Schritt und bestätige das Vertrauen in die im Oktober vorgestellte Strategie. Man habe in den letzten Wochen auch Fortschritte bei der Umsetzung der Strategie gemacht. "Wir konzentrieren uns voll und ganz auf die Umsetzung unserer strategischen Prioritäten", erklärte er in einer Videobotschaft an die Aktionäre.

Keine Erwähnung fand die von verschiedener Seite geäusserte Kritik am Einstieg der Saudi National Bank. Um den neuen Grossaktionär waren im Vorfeld Bedenken vor allem ethischer Natur geäussert worden. Die Vertreter der Anlegervereinigungen Actares und Ethos etwa hatten sich in diversen Medien gegen den neuen Ankeraktionär ausgesprochen. Vorab eingereichte Fragen von Aktionärsseite seien nur direkt beantwortet worden, sagte eine CS-Sprecherin auf Anfrage.

Der Aktienkurs der Credit Suisse ist am Mittwoch um fast fünf Prozent abgesackt und notiert am Mittag bei rund 3,68 Franken. Damit liegt er auch klar unter dem zuvor angegebenen Einstiegspreis für die Saudis. Im Jahresverlauf hat der Kurs der Grossbank fast 60 Prozent verloren.

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