Zürich (awp) - Manager der Credit Suisse haben in einem der grössten Betrugsfälle bei Schweizer Banken immer wieder Warnungen ignoriert. Dies steht in einem unveröffentlichten Bericht der Finanzmarktaufsicht (Finma), welcher der "NZZ am Sonntag" vorliegt.

In dem Bericht hab die Finma minuziös den Fall des ehemaligen CS-Kundenberater Patrice Lescaudron aufgearbeitet. Dieser habe bis im Jahr 2015 in Genf bei internationalen Kunden einen Verlust von 140 Millionen Franken verursacht. Der 2017 fertiggestellte Report sei allerdings unter Verschluss geblieben und damit auch brisante Erkenntnisse, heisst es in der "NZZ am Sonntag".

Denn weite über hundert Warnsignale habe die CS in dem Fall ignoriert, wobei zahlreiche gravierende Verstösse des Beraters bis auf die zweithöchste Hierarchiestufe bekannt gewesen seien. Den geprellten Kunden wurde gemäss dem Zeitungsartikel ein Schadensersatz verweigert, weshalb sie nun für eine Veröffentlichung des Dokuments kämpften. Doch genau dagegen kämpfe die CS vor verschiedenen Gerichten.

Kultur des Wegschauens

Gemäss der "NZZ am Sonntag" zeige der Finma-Bericht, wie die Grossbank eine Kultur des Wegschauens gepflegt habe. Lescaudron habe ein feinmaschiges Netz an Lügen

und Falschbeurkundungen gesponnen. Trotz der Armada von Kontrollmechanismen und Überwachungssystemen sei sein Treiben aber sieben Jahr lang unentdeckt geblieben.

Dabei hätten die Alarmsignale in schöner Regelmässigkeit aufgeblinkt. Der Finma-Bericht halte jedoch fest: "Weder die Warnhinweise noch die manipulierten Kontoabrechnungen wurden eskaliert oder im Detail analysiert." Dabei seien sich dem Report zufolge die Verantwortlichen der CS bewusst gewesen, welche Brisanz die Verfehlungen hatten.

Rückblickend am problematischsten sei denn wohl auch die Tatsache, dass das Fehlverhalten von Lescaudron bis weit oben in der Bank bekannt war, so die "NZZ am Sonntag" weiter. Trotzdem sei es lediglich zu vier sanften Disziplinarmassnahmen gekommen, darunter zwei mündliche Verwarnungen. Gemäss Finma habe die Grossbank dabei Erträge höher gewichtet als Rechtskonformitäten.

Das Debakel habe sich dann aber irgendwann nicht mehr länger verbergen lassen. Das Betrugsschema von Lescaudron sei über die Jahre immer mehr ausgeartet und im Herbst 2015 wurde er fristlos entlassen.

jl