--Antonio Horta-Osorio tritt als Verwaltungsratspräsident zurück

--Axel Lehmann übernimmt

--Untersuchung des Verwaltungsrats ging Rücktritt voraus

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Von Emily Glazer und Margot Patrick

FRANKFURT (Dow Jones)--Bei der schweizerischen Großbank Credit Suisse kommt es zu einem Wechsel an der Spitze. Antonio Horta-Osorio tritt mit sofortiger Wirkung als Verwaltungsratspräsident nach nur wenigen Monaten im Amt zurück und wird durch den ehemaligen UBS-Mann Axel Lehmann ersetzt, der seit Oktober 2021 im Verwaltungsrat der Credit Suisse sitzt, wie die Bank mitteilte. Horta-Osorio hatte den Posten erst vergangenes Jahr übernommen und sich einen folgenschweren Fauxpas geleistet, der ihn nun den Job kostet. Auslöser war eine interne Untersuchung des Verwaltungsrats.


   Verstöße gegen Quarantäne-Vorschriften und Malediven-Urlaub 

Mit der Situation vertraute Personen sagten, bei der Untersuchung sei es um Verstöße Horta-Osorios gegen Corona-Quarantäne-Auflagen sowie um seine persönliche Nutzung von Firmenflugzeugen gegangen. Bei der Credit Suisse war kurzfristig keine Stellungnahme erhältlich, und Horta-Osorio war am späten Sonntagabend nicht erreichbar. Sein Anwalt reagierte auf eine Anfrage nicht. "Ich bedauere, dass einige meiner persönlichen Handlungen zu Schwierigkeiten für die Bank geführt und meine Fähigkeit beeinträchtigt haben, diese nach innen und außen zu vertreten. Ich bin daher zur Auffassung gelangt, dass mein Rücktritt zu diesem Zeitpunkt im Interesse der Bank und ihrer Stakeholder ist", erklärte Horta-Osorio in der Pressemitteilung der Bank.

Der Rücktritt von Horta-Osorio trifft die Credit Suisse zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Der portugiesisch-britische Doppelstaatsbürger sollte bei der Bereinigung der Probleme der Schweizer Bank helfen. Die Credit Suisse befindet sich noch immer in der Krise, nachdem sie durch den Zusammenbruch des Hedgefonds Archegos Capital Management 5,5 Milliarden Dollar in den Sand gesetzt hat. Zudem war das Institut in den Skandal um die Finanzfirma Greensill Capital verstrickt.

In den vergangenen Wochen wurde Horta-Osorio dann in seine eigenen Probleme verwickelt. So flog er am 28. November von London nach Zürich und verstieß damit gegen die Quarantänevorschriften. Die Reise erfolgte einen Tag, nachdem die Schweiz wegen der Omikron-Welle eine 10-tägige Quarantäne für Einreisen aus dem Vereinigten Königreich und mehreren anderen Ländern verhängt hatte. Der Manager sagte damals, der Verstoß sei unbeabsichtigt gewesen und sowohl den Gesundheitsbehörden als auch der Schweizer Finanzaufsicht Finma gemeldet worden. Er entschuldigte sich und versicherte, es werde nicht wieder vorkommen. Nach dem Quarantäneverstoß erklärte die Credit Suisse, dass die Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien für die Bank und den Präsidenten Priorität habe. Ein Finma-Sprecher sagte damals, dass die Finma mit der Credit Suisse in dieser Angelegenheit in Kontakt stehe.

Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete im Dezember, dass die Bank die Reisen von Horta-Osorio untersuche und dass er im Juli am Tennisfinale in Wimbledon teilgenommen habe, obwohl er gemäß den Covid-Regeln des Landes unter Quarantäne habe stehen müssen. In der Schweizer Presse wurde berichtet, dass der Präsident im Herbst ein Firmenflugzeug für einen Urlaub auf den Malediven benutzt habe. Damals erklärte die Credit Suisse, es gebe Regeln für die Nutzung von Privatjets durch den Präsidenten und andere Führungskräfte.


   Horta-Osorio - einer der angesehensten Banker Europas 

Horta-Osorio hatte sich den Ruf als einer der angesehensten Banker Europas erworben, nachdem er die Lloyds Banking Group umgestaltet hatte, deren CEO er ein Jahrzehnt lang war. Bei der Credit Suisse hatte er angekündigt, die Risikobereitschaft der Bank neu zu bewerten, die Unternehmenskultur, die Vergütung und die Anreize zu überprüfen und die persönliche Verantwortung und Rechenschaftspflicht der Mitarbeiter in den Mittelpunkt zu stellen. "Wir müssen eine Kultur fördern, die die Bedeutung des Risikomanagements stärkt", sagte Horta-Osorio über die Credit Suisse, kurz nachdem er im April 2021 den Vorsitz übernommen hatte.

Nach Horta-Osorios Rücktritt hat Lehmann nun das Amt des Verwaltungsratspräsidenten nach der Ernennung durch das Gremium angetreten. Der Verwaltungsrat wird ihn an der kommenden Hauptversammlung am 29. April 2022 auch regulär zur Wahl als Verwaltungsratspräsident vorschlagen.

"Mit unserer neuen Strategie haben wir die richtigen Weichen gestellt und werden über die gesamte Bank weiter eine stärkere Risikokultur verankern. Ich bin überzeugt, dass wir durch eine disziplinierte und zeitnahe Umsetzung unseres strategischen Plans zu neuer Stärke finden und nachhaltigen Wert für unsere Stakeholder schaffen können", sagte Lehmann laut Pressemitteilung. Er wurde auf der außerordentlichen Hauptversammlung am 1. Oktober 2021 zum Mitglied des Verwaltungsrats der Credit Suisse Group gewählt und übernahm auch den Vorsitz des Risk Committee. Zuvor war er Mitglied der Konzernleitung der UBS Group, erst als Group Chief Operating Officer, später als President Personal & Corporate Banking sowie President UBS.

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January 17, 2022 02:42 ET (07:42 GMT)