Dominic Barton, Managing Director bei McKinsey & Company,
Michael Porter von der Harvard Business School und eine von
dem ehemaligen US-amerikanischen Vizepräsidenten Al Gore
gemeinsam mit David Blood gegründete
Investmentmanagementfirma: Sie alle haben unabhängig
voneinander Texte veröffentlicht, in denen sie zu dem
Schluss kommen, dass die Wirtschafts- und Finanzkrise sowie
Umwelt- und soziale Probleme nur dann gelöst werden können,
wenn in der Wirtschaft ein Umdenken stattfindet - oder wenn
sie gezwungen ist, ihr Handeln zu ändern. Das
Climate Change Advisory Board der Deutschen Bank
diskutierte während seiner Sitzung im Mai die Positionen
der genannten Autoren.
- das Denken in längerfristigen Zeiträumen
- die Einsicht, dass die Schaffung von Unternehmenswerten
mit der Schaffung von Mehrwert für alle Stakeholder
einhergehen muss
- obligatorische Berichterstattung zu Nachhaltigkeitsthemen
gemeinsam mit der Finanzberichterstattung
- der Verzicht auf vierteljährliche Berichterstattung
- Anpassung der Vergütungsstrukturen an langfristig
orientiertes und nachhaltiges Handeln
- Förderung langfristiger und nachhaltiger
Investitionen
Video: John Coomber zum Thema Nachhaltiger
Kapitalismus (in Englisch)
Aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise sowie drängender Umweltthemen und gesellschaftlicher Fragen müssen sich Unternehmen verändern - oder es wird ihnen ein Wandel aufgezwungen werden. Dies ist die Einschätzung vieler Meinungsführer. John Coomber, Vorstandsmitglied der Swiss Re und Mitglied des Deutsche Bank Climate Change Advisory Board, stellt Initiativen vor, die zum Ziel haben das System zu reformieren und einen langfristig orientierten Kapitalismus entstehen zu lassen. |
Abriss von Dominic Bartons "Capitalism for the Long Term"
Die Finanz- und Wirtschaftskrise mag abklingen, aber der Kapitalismus steht immer noch auf wackligen Beinen. Regierungen stehen unter dem Druck, immer stärker in das wirtschaftliche Geschehen einzugreifen, damit das System nicht erneut aus dem Gleichgewicht gerät. Die zunehmenden Einkommensunterschiede, die hohe Arbeitslosigkeit und wachsende Haushaltsdefizite verschärfen die Kritik der Öffentlichkeit an der Wirtschaft. Und es ist davon auszugehen, dass die Machtverschiebungen zwischen Ost und West die Spannungen noch intensivieren werden.
Die größte Gefahr für den Kapitalismus stellt jedoch die ungebrochene Vorherrschaft kurzfristig angelegter Modelle bei Unternehmensführung und Investitionen dar - so der "Quartalskapitalismus", der den Beinahe-Zusammenbruch des Finanzsystems verschuldet hat.
Führungspersönlichkeiten aus der Wirtschaft stehen vor einer Entscheidung: Sie können entweder die Initiative ergreifen, das System zu reformieren, oder das System wird von anderer Seite für sie reformiert werden. Insbesondere sollten sie die folgenden drei Schritte in Betracht ziehen: Sie sollten das kurzfristige Denken ihrer Organisation über Bord werfen und Strukturen sowie Anreize dahingehend umgestalten, dass sie auf Langfristigkeit angelegt sind. Sie sollten sich in ihrer Organisation für den Standpunkt stark machen, dass die Interessen aller großen Stakeholder nicht im Konflikt mit dem Ziel stehen, den Unternehmenswert zu maximieren. Und sie sollten die Vorstände dabei unterstützen, ihr Unternehmen wie Eigentümer zu lenken.
Diese Schritte werden das kapitalistische System nicht nur stärker und verlässlicher machen; sie werden auch Innovationen beflügeln und nachhaltiges Wirtschaftswachstum ankurbeln.
Abriss von Michael Porters "Creating Shared Value"
Das Prinzip des "Shared Value", das das Verhältnis zwischen gesellschaftlichem und wirtschaftlichem Fortschritt in den Blick nimmt, verfügt über genügend Durchschlagskraft, um die nächste Phase des globalen Wachstums einzuläuten.
Eine wachsende Anzahl von Unternehmen, die für ihre kompromisslosen Standpunkte bekannt sind (so beispielsweise Google, IBM, Intel, Johnson & Johnson, Nestlé, Unilever und Walmart) lässt sich allmählich auf breit angelegte Shared-Value-Initiativen ein. Wir fangen allerdings gerade erst an, das Potenzial von Shared Value zu durchdringen.
Es gibt drei Wege für Unternehmen, Shared-Value-Geschäftschancen zu schaffen:
- die Neubewertung von Produkten und Märkten
- ein neues Verständnis von Produktivität in der
Wertschöpfungskette
- die Unterstützung der Herausbildung lokaler Cluster
Jedes Unternehmen sollte Entscheidungen und Geschäftsmöglichkeiten durch die Shared Value-Brille betrachten. So erschließen sich neue Ansätze, die Innovation und Wachstum in Unternehmen begünstigen und auch der Gesellschaft mehr Nutzen bringen.
Abriss von "Sustainable Capitalism" von Generation Investment Management LLP
Die Herausforderungen, vor denen unser Planet zur Zeit steht, sind außergewöhnlich und so noch nie dagewesen: Klimawandel, Wasserknappheit, Armut, Krankheiten, wachsende Einkommens- und Vermögensunterschiede, demographische Verschiebungen, nationale und internationale Migrationsbewegungen, Verstädterung und eine globale Ökonomie, die dauerhaft instabil und im Wandel begriffen ist - um nur einige dieser Herausforderungen zu nennen. Auch Regierungen und die Zivilgesellschaft werden ihren Teil zur Überwindung dieser massiven Herausforderungen beitragen müssen; in letzter Konsequenz obliegt es allerdings Unternehmen und Investoren, das Kapital zu mobilisieren, das hierzu erforderlich ist.
Um diese Nachhaltigkeitsaufgaben angehen zu können, plädieren die Autoren für die dauerhafte Hinwendung zu einem nachhaltigen Kapitalismus. Es sind Rahmenbedingungen vonnöten, die die langfristige ökonomische Wertschöpfung zu maximieren suchen und dafür die Märkte dahingehend reformieren, dass sie die tatsächlichen Bedürfnisse erfüllen und gleichzeitig alle Kosten und Stakeholder berücksichtigen.
Der Artikel zielt auf zwei Aspekte ab. Erstens macht er
sich aus ökonomischer Sicht dafür stark, nachhaltigen
Kapitalismus auf allen Ebenen zu verankern. Nachhaltiger
Kapitalismus steht nicht im Zielkonflikt zu
Profitmaximierung, sondern er fördert tatsächlich eine
langfristige, qualitativ erstklassige Wertschöpfung.
Zweitens empfehlen die Autoren fünf unmittelbar anzugehende
Schlüsselaktivitäten, damit der nachhaltige Kapitalismus im
Jahr 2020 erfolgreich verankert sein kann:
1. die Identifizierung und Inkorporierung sogenannter
"Stranded Assets" (verlorene Investitionen),
2. eine obligatorische integrierte Berichterstattung
(Integrated Reporting),
3. die Beendigung der standardisierten
Quartalsberichterstattung,
4. die Angleichung der Vergütungsstrukturen an die
langfristige Nachhaltigkeitsperformance,
5. die Förderung langfristiger Investitionen mit
loyalitäts-basierten Anlagepapieren.
Zusätzlich verdienen fünf etwas allgemeinere Ideen
langfristige Unterstützung und Aufmerksamkeit. Insbesondere
gilt es Folgendes zu tun:
i. Nachhaltigkeit muss als Thema in der Vermögensverwaltung
stärker verankert werden,
ii. Beratung zu nachhaltigem Asset Management muss
verstärkt angeboten werden,
iii. die Bandbreite und Qualität nachhaltiger
Investmentprodukte muss ausgebaut werden,
iv. eine neue Definition für Wachstum muss erarbeitet
werden, die über das BIP hinausdenkt,
v. Nachhaltigkeit muss auf allen Ebenen Bestandteil der
Personalentwicklung werden.
In Benjamin Franklins berühmtem Zitat heißt es: "Du magst zögern, aber die Zeit wird nicht zögern, und verlorene Zeit wird nicht wiedergefunden." Uns bietet sich die Gelegenheit, etwas auf lange Sicht aufzubauen - und diese Gelegenheit zu ergreifen, ist unsere Pflicht. Nachhaltiger Kapitalismus wird Geschäftschancen eröffnen und honorieren; das bedeutet aber auch, die zweifelhafte Orthodoxie des kurzfristigen Denkens herauszufordern. Es ist an der Zeit, diesen Wandel zu beschleunigen.
DB Climate Change Advisors Investment Research: "Sustainable Investing: Establishing Long-Term Value and Performance"
In einem umfangreichen neuen Bericht analysieren DB Climate Change Advisors wissenschaftliche Untersuchungen zu nachhaltigem Investieren. Das Fazit: die Integration von Faktoren aus den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) in Geschäftsmodelle versetzt Unternehmen in die Lage, Kapital zu niedrigeren Kosten zu beschaffen. Der Bericht liefert außerdem sehr klare Beweise, dass solche Unternehmen auch im Markt erfolgreicher sind:
"Die Belege sind eindeutig: Von nachhaltigen Investitionen können Anleger und Unternehmen gleichermaßen profitieren. Zahlreichen SRI-Fondsmanagern, die tendenziell dem Ausschluss-Prinzip gefolgt sind, ist es jedoch in der Vergangenheit schwer gefallen, dies zu erfassen. Unseres Erachtens sollte eine ESG-Analyse bei allen ernsthaften Anlegern ein Bestandteil des Anlageverfahrens beziehungsweise bei Unternehmen, die den Shareholder Value ernst nehmen, ein Bestandteil der Unternehmensstrategie werden. Fonds, hinsichtlich ESG-Themen einen Best-in-Class-Ansatz verfolgen, sollten bei einer guten Umsetzung überlegene risikobereinigte Renditen erzielen." mehr (in englischer Sprache)
1http://hbr.org/2011/03/capitalism-for-the-long-term/ar/1
2
http://hbr.org/2011/01/the-big-idea-creating-shared-value
3http://www.generationim.com/sustainability/report/
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