Weltwirtschaft - auch in 2016 nur mit begrenztem Schwung

17. Dezember 2015

Auch nach der Zinserhöhung der Fed - der ersten nach neun Jahren - werden die Notenbanken insgesamt die Weltwirtschaft in 2016 weiterhin reichlich mit Liquidität versorgen. Denn auch im kommenden Jahr bleibt das weltwirtschaftliche Wachstum mit 3,3% nach 3,1% in 2015 unterdurchschnittlich und unrund. Das Wachstum wird angesichts einer nur moderaten Ölpreisnormalisierung - der Ölpreisrückgang in 2015 dürfte zwischen ¼% und ½% zum globalen Wachstum beigetragen haben - und moderat anziehender Löhne - Ausnahme könnte die USA sein, wo angesichts der nahezu erreichten Vollbeschäftigung diesmal wohl mit Recht eine deutliche Beschleunigung der Lohninflation erwartet wird - erneut überwiegend vom privaten Verbrauch getrieben werden. Allerdings bleiben trotz der extrem niedrigen Zinsen kreditgetriebene Konsumexzesse, die Mitte der letzten Dekade zum Ausbruch der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise beitrugen, wohl auch in 2016 aus.

Der Welthandel - die große Enttäuschung des abgelaufenen Jahres - dürfte sich auch in 2016 nur schwach beschleunigen und damit erneut als Schwungrad der Weltwirtschaft ausfallen. Nicht zuletzt, da die Schwellenländer, deren Integration in die globale Wirtschaft den Welthandel bis zum Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise getrieben hatte, auch in 2016 nur moderat mit 4,4% nach 4,0% wachsen werden. Damit dürfte auch der Investitionszyklus, eine weitere Schwachstelle des abgelaufenen Wirtschaftsjahres, in 2016 bestenfalls leicht zulegen. Insbesondere geopolitische Faktoren, die Präsidentschaftswahlen in den USA, die durch die Flüchtlingskrise entstandenen Spannungen innerhalb der EU, eine wahrscheinliche Abstimmung über einen Brexit und nicht zuletzt die schwierige Lage in Syrien und im gesamten Nahen Osten mit den daraus resultierenden Terrorgefahren, dürften in 2016 zusammen mit dem Verfall der Rohstoffpreise auf dem Investitionsklima lasten. Damit dürften die Wachstumsraten in den USA leicht unter und in der Eurozone marginal über denen des abgelaufenen Jahres liegen. In Japan erwarten wir aufgrund negativer Steuereffekte in 2015 ein vorübergehendes Anziehen von 0,7% auf 1,5%, dies dürfte aber kaum spürbare Impulse für die Weltwirtschaft bringen. Die leicht höhere Wachstumsrate der Schwellenländer ist hauptsächlich Resultat allmählich auslaufender Rezessionen in Russland und Brasilien und der Ukraine. China, das aufgrund der unerwarteten Konjunkturverlangsamung in 2015 zum globalen Sorgenkind wurde und das aufgrund der von ihm ausgelösten Unruhen an den Finanzmärkten sogar zum Aufschub der eigentlich schon für den September geplanten Zinswende in den USA beigetragen hat, hat sich zwar dank deutlicher monetärer Lockerung und staatlicher Investitionsprogramme zum Jahresende wieder gefangen, dürfte aber in 2016 mit 6,7% nach 7,0% nochmals schwächer wachsen. Ob mit dem Beginn eines neuen Fünfjahresplans wieder etwas mehr Konstanz in die wirtschaftspolitische Ausrichtung des Landes kommt, bleibt abzuwarten. Insgesamt dürfte wohl aber für China als 'cross-over' Wirtschaft zwischen Staat und mehr Markt die Unsicherheit hoch bleiben.

Inflation - auf dem Weg der Normalisierung

Die Inflationsraten in der Welt sollten sich allein aufgrund des sich wohl in 2016 nicht noch einmal nahezu halbierenden Rohölpreises (2015: -46% gg. Vorjahr) wieder etwas erholen. Wir erwarten, ähnlich dem Konsens, dass die massiven Angebotskürzungen bei der amerikanischen Schieferölförderung den Ölpreis bis Ende 2016 wieder etwas anziehen lassen (USD 55/bbl). Allerdings dürfte die Ölpreiserholung aufgrund der wohl nachhaltig veränderten Angebotsstrukturen und einem wohl nur verhaltenen Anstieg der globalen Nachfrage im historischen Vergleich äußerst schwach verlaufen. In den Industrieländern dürften die Kerninflationsraten sich weiter normalisieren (USA ca. 2%, EMU 1 ¼%). In vielen Schwellenländern dürften sich die erheblichen Abwertungen im Verlauf von 2015 auch in 2016 in einer Beschleunigung der Inflationsraten niederschlagen, wobei wir insgesamt für diese Ländergruppe geringere Wechselkursausschläge erwarten. Alles in allem dürfte die Inflation in den Industrieländern von 0,3% auf 1,4% anziehen. In Schwellenländern erwarten wir einen Anstieg auf 5,9% nach 5,6%.

Geldpolitik - Fed geht voran

Die amerikanische Notenbank dürfte im Verlauf von 2016 drei weitere Zinsschritte à 25 Basispunkte machen, sodass die Fed Funds Ende 2016 bei 1,125% und damit unter dem von den Ratsmitgliedern erwarteten Durchschnittswert (dot charts) liegen. Nun hat die Erfahrung des vergangenen Jahres deutlich gezeigt, dass die Prognose über Zeitpunkt und wohl auch das Tempo der amerikanischen Zinswende einer erheblichen Unsicherheit unterliegen. Aufgrund der Einmaligkeit nicht nur der amerikanischen Geldpolitik der letzten 10 Jahre kann für die Prognose auf keine historischen Beispiele zurückgegriffen werden. Wir erwarten, dass aufgrund der allmählichen Normalisierung der Inflationsentwicklung auch in anderen Industrieländern die geldpolitische Wende vollzogen (UK) oder zumindest diskutiert werden dürfte (EWU). Zwar dürfte sich die Wirtschaftsentwicklung in der Eurozone nach 2016 wieder leicht abschwächen, aber die Outputlücke dürfte weiter abnehmen, sodass die Inflationsraten in 2017 nahe genug an die Zielmarke der EZB herankommen sollten. Daher dürfte es wohl in 2016 zu keinen deutlicheren Lockerungsmaßnahmen der EZB mehr kommen. Gegen Ende 2016 könnten wir sogar die europäische Variante der 'Tapering-Debatte' erleben. Wir erwarten, dass die EZB nach März 2017 ihre Wertpapierkäufe allmählich auslaufen lässt. Die erste Zinserhöhung sehen wir derzeit aber erst in 2018. Die große Unbekannte in diesen Überlegungen ist neben dem Ölpreis der USD/EUR-Wechselkurs. Wir erwarten, dass der EUR in 2016 unter die Parität zum USD fällt. Bei nach wie vor verhaltener Kreditexpansion ist der Wechselkurs weiter ein wichtiger Kanal für die Wirkung der Geldpolitik der EZB. Sollte der Euro sich gegenüber dem USD robuster als von uns unterstellt verhalten, könnten die Auswirkungen auf die Inflation und die Inflationserwartungen den Tauben im EZB-Rat genügende Argumente liefern, um das wohl ursprünglich für Dezember geplante - größere - Maßnahmenpaket doch noch auf den Weg zu bringen.

Siehe auch: Globaler Ausblick

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