FRANKFURT (dpa-AFX Broker) - Keine neuen Hiobsbotschaften sind manchmal schon gute Nachrichten. Die Aktien von Hellofresh zogen am Freitag nach der Vorlage endgültiger Jahreszahlen um fast elf Prozent auf 7,46 Euro an - trotz kritischer Stimmen zur Kundenentwicklung. Anleger reagierten also insgesamt erleichtert, dass der Geschäftsbericht nach den jüngsten Erschütterungen keine ganz großen negativen Überraschungen mehr brachte.

Die Erholung reichte, um den Kurs auf das höchste Niveau seit einer Woche zu heben. Unter anderem wegen kassierter Mittelfristziele waren die Papiere am vergangenen Freitag um zeitweise fast die Hälfte abgesackt und damit auf dem niedrigsten Niveau seit Anfang 2019 angekommen. Ein Börsianer betonte am Freitag die desolate Lage bei dem Kochboxenlieferanten, die er mit "verbrannter Erde" verglich.

"Unsere wichtigste Erkenntnis ist der starke Rückgang aktiver Kunden trotz des plötzlichen Anstiegs der Marketingkosten", konstatierte William Woods von Bernstein Research zu Wochenschluss in einer ersten Reaktion auf die neuen Details. Zwischen Oktober und Ende Dezember sank die Zahl der aktiven Kunden im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 6,5 Prozent auf 6,6 Millionen.

Die am Freitag veröffentlichten weiteren Kennzahlen stimmten laut Woods mit den zuvor vermeldeten Eckdaten weitgehend überein. Gute Nachrichten, die die Kurserholung fundamental rechtfertigten, wollten Experten aber nicht erkennen in dem finalen Jahresbericht. Laut JPMorgan-Experten Marcus Diebel entwickelt sich die Kundenzahl weiter schwach und dies vor allem im internationalen Geschäft, was eine negative Überraschung sei.

Allenfalls als erfreulich angesehen wurde die Entwicklung des freien Finanzmittelflusses. Dieser war 2023 mit 78 Millionen Euro wieder positiv und dies war Woods zufolge einer vorteilhaften Entwicklung des Betriebskapitals zu verdanken. Hellofresh hob in seiner Mitteilung hervor, dass vor allem das vierte Quartal mit 33 Millionen Euro einen positiven Beitrag dazu geleistet habe.

Trotz der Erholung am Freitag liegen die Hellofresh-Aktien 2024 immer noch fast 50 Prozent im Minus. Sie waren vor einer Woche auf den niedrigsten Stand seit fünf Jahren abgerutscht.

Während der Pandemie wurden Ende 2021 von Anlegern noch Kurse nahe 100 Euro bezahlt. Seitdem haben die Hellofresh-Aktien mehr als 90 Prozent ihres Wertes eingebüßt. In Lockdown-Zeiten waren die Kochboxen angesichts geschlossener Restaurants heiß begehrt, zeitweise hatte es für Hellofresh daher sogar zu einer Mitgliedschaft im Dax gereicht. Mittlerweile hat sich der Effekt davon aber erübrigt und die Aktien sind unter das Niveau zu Beginn der Pandemie abgesackt./tih/ngu/mis