Von Dan Gallagher

NEW YORK (Dow Jones)--Der Chiphersteller Intel kann sich derzeit über das Wohlwollen der Wall Street freuen. Er will nunmehr sein Mobileye-Geschäft an die Börse bringen und strebt diesen Schritt Mitte 2022 an. Dabei rechnet der Konzern mit einer Bewertung von rund 50 Milliarden US-Dollar, wie das "Wall Street Journal" berichtet. Intel würde die Mehrheitsbeteiligung an Mobileye behalten. Dieses wird dann vom derzeitigen Managementteam des Geschäftsbereichs für selbstfahrende Autos geleitet. Außerdem umfasst es das kürzlich erworbene Unternehmen Moovit sowie andere Intel-Teams, die an Technologien für autonomes Fahren arbeiten.

Mobileye ist auf chipbasierte Kamerasysteme spezialisiert, die automatisierte Fahrfunktionen in Autos ermöglichen. Eine Bewertung von 50 Milliarden Dollar wäre eine schöne Rendite für ein Unternehmen, das Intel 2017 für etwas mehr als 15 Milliarden Dollar erwarb. Normalerweise wäre dies auch ein berauschendes Vielfaches für ein Unternehmen, das derzeit nur etwas mehr als 1 Milliarde Dollar Jahresumsatz erzielt. Aber dies ist kein normaler Markt - zumindest nicht, wenn es um etwas geht, das mit der Zukunft des Autos zusammenhängt. Eine ganze Reihe von Unternehmen aus den Geschäftsfeldern Elektrofahrzeuge und autonome Fahrzeuge sind in diesem Jahr an die Börse gegangen, entweder auf traditionellem Wege oder durch spezielle Übernahmegesellschaften (SPAC). Die Elektroautohersteller Rivian Automotive und Lucid erreichen inzwischen Marktwerte zwischen 70 und 100 Milliarden Dollar, obwohl sie gerade erst ihre ersten Autos ausgeliefert haben. Tesla wird inzwischen mit über 1 Billion Dollar bewertet - mehr als der gemeinsame Marktwert der zehn größten Automobilhersteller der Welt nach Jahresumsatz.


   Wall Street begrüßt IPO-Pläne 

Intels eigene Aktien schnellten zuletzt um mehr als 4 Prozent empor, was den Marktwert des Chipherstellers um fast 9 Milliarden Dollar erhöhte und damit den grundlegenden Sinn des IPO-Schrittes billigte. Der letztliche Erfolg der Börsennotierung wird jedoch davon abhängen, ob der Markt für Automobiltechnologie weiterhin heiß bleibt. Dies ist angesichts des hohen Maßes an Spekulation, das den aktuellen Bewertungen zugrunde liegt, keine ausgemachte Sache. Allein Teslas Aktien sind im vergangenen Monat um 14 Prozent eingebrochen, da der Tesla-Gründer und Chef Elon Musk Anteile im Wert von mehr als 10 Milliarden Dollar verkauft hat. Rivian ist seit dem Höchststand, den die Aktie im vergangenen Monat nach der Börsennotierung Mitte November erreicht hatte, um satte 33 Prozent eingebrochen.

Der Schritt wird auch nicht Intels Kernproblem lösen, den Rückstand bei der Chipfertigung gegenüber der Konkurrenz aufzuholen, aber er wird dem Unternehmen mehr Feuerkraft verschaffen, die es für diese teure Aufgabe einsetzen kann. Das Unternehmen will die Erlöse aus dem Börsengang zur Finanzierung von Kapitalinvestitionen als Teil seines ehrgeizigen Turnaround-Plans verwenden. Intel investiert derzeit fast 19 Milliarden Dollar pro Jahr, und Analysten gehen davon aus, dass dieser Betrag im nächsten Jahr auf mehr als 26 Milliarden Dollar klettert. Damit liegt das Unternehmen aber immer noch weit hinter den über 35 Milliarden Dollar zurück, die die Chipkonkurrenten Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC) und Samsung im nächsten Jahr voraussichtlich ausgeben.


   Intel hinkt an der Börse anderen Chipwerten hinterher 

Dennoch ist es richtig, dass Intel versucht, hier einen gewissen eigenen Wert freizusetzen. Das wird umso deutlicher bei einer Bewertung vom 14-Fachen des Gewinns - 44 Prozent unter dem Durchschnitt des Chipsektors. Es wird erwartet, dass Mobileye seinen Umsatz in diesem Jahr um mehr als 40 Prozent steigert. Außerdem hat das Unternehmen in den vergangenen drei Jahren einen konstanten Betriebsgewinn erwirtschaftet - etwas, das viele der angesagten Autotechnologienamen nicht schafften. Der Fokus des Unternehmens auf Systeme für das assistierte Fahren ist weniger spekulativ als andere Bereiche des Marktes. Zuletzt bezeichnete Intel-Chef Pat Gelsinger Mobileye als die erfolgreichste Akquisition, die Intel je getätigt hat - ein vielsagendes Eingeständnis eines Unternehmens mit einer ausgesprochen gemischten Erfolgsbilanz beim Abschluss von Geschäften. Wie erfolgreich, wird sich noch zeigen.

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December 08, 2021 04:57 ET (09:57 GMT)