Die Gruppe ist bekannt für die Qualität der R&D Programme, die in der Regel von Anfang bis Ende intern durchgeführt werden, während ihre Wettbewerber eher die Übernahme der vielversprechendsten Biotech-Unternehmen bevorzugen, um ihre Pipelines aufzufüllen.

Chart Merck & Co., Inc.

Diese strategische Entscheidung zahlt sich derzeit aus und ermöglicht es Merck, fast alle seine Gewinne an die Aktionäre zurückzugeben, da von den 22 Mrd. USD, die in den letzten drei Jahren an freien Cashflows erzielt wurden, nur 1,5 Mrd. USD für Akquisitionen ausgegeben wurden.

 

Gleichzeitig wurden 15 Mrd. USD in Form von Dividenden ausgeschüttet und 13 Mrd. USD für Aktienrückkäufe verwendet, mit einer deutlichen Beschleunigung des Programms im Jahr 2018, als 9 Mrd. USD Aktien zu einem Durchschnittspreis von 71 USD zurückgekauft wurden.

 

Der massive Aktienrückkauf wurde weitgehend durch die Auflösung des Cashbestands des Konzerns finanziert. Die Arbitrage ist sinnvoll, da die Dividende der Merck-Aktie die mit Geldanlagen erzielbaren Renditen deutlich übersteigt.

 

Das Management erwartet, dass in den nächsten fünf Jahren rund 60 Mrd. USD an freiem operativem Cash-Flow erwirtschaftet wird. Die Hälfte davon soll für die Ausschüttung von Dividenden verwendet werden, der Rest für die Finanzierung weiterer Akquisitionen und/oder Aktienrückkäufe. Die aktuelle Marktkapitalisierung (218 Mrd. USD) spiegelt ein sehr vernünftiges Bewertungsniveau bei einem 2020er KGV von 17x wider.

 

Es stimmt, dass die großen Pharmakonzerne in den letzten Jahren vor strukturellen Herausforderungen standen und damit von den Anlegern links liegen gelassen wurden. Mercks Management hat darauf auf intelligente Art und Weise reagiert, indem es die Aktienrückkaufprogramme ausweitete.

 

Grund dafür war die schleichende Inflation der R&D-Budgets, die in Verbindung mit einer erhöhten Wachsamkeit von Seiten der Regierung gegenüber den praktizierten Preisen die Renditeerwartungen unsicher machten, die Verbreitung von Generika und ablaufenden Patente.

 

Die Großkonzerne konnten diese Probleme jedoch durch ihre Marktdominanz und Wettbewerbsvorteile ausgleichen: Neben der Kompetenz bei der Zulassung neuer Therapien und dem Management komplexer R&D-Programme sind die dichten und gut strukturierten Handelsnetze auf allen Kontinenten von potentiellen Wettbewerbern nur schwer nachproduzierbar.

 

Die Aussichten bleiben insgesamt positiv, was vor allem auf die wachsende Bedeutung des chinesischen Marktes zurückzuführen ist. Dort haben nun Hunderte von Millionen Patienten Zugang zu einem Gesundheitsversorgungsniveau haben, wie man es auch in den meisten Industrieländern vorfindet. Merck wächst in China bemerkenswerterweise schneller als seine Wettbewerber.

 

Wie bereits erwähnt, war die Entscheidung des Konzerns, seine R&D intern zu entwickeln - und nicht wie Roche mit Genentech, J&J mit Actelion, Sanofi mit Genzyme usw. Biotechs zu kaufen bisher sehr erfolgreich.

 

Der wichtigste Durchbruch gelang in der Immuntherapie – deren Ansatz, der darin besteht, die Immunabwehr des Patienten zu mobilisieren, um seine Krankheit zu bekämpfen, anstatt sie zu ersetzen –  im vielversprechendsten Marktsegment der kommenden Jahrzehnte: der Onkologie.

 

Das führende Medikament von Merck in der Onkologie heißt Keytruda. In Kombination mit anderen Behandlungen liefert es spektakuläre Ergebnisse (gemessen in Lebenszeitgewinnen) bei einer Vielzahl der häufigsten Krebsarten (Lunge, Leber, Nieren, etc.).

 

Damit hat es Merck geschafft, die Hauptkonkurrenten abzuhängen, insbesondere Bristol-Myers Squibb, AstraZeneca und Roche in der Behandlung von Lungenkrebs, der selbst die häufigste Pathologie in der Onkologie ist.

 

Die meisten Beobachter sind sich einig, dass das Umsatzwachstum von Keytruda voraussichtlich zwei- bis dreimal höher ausfallen wird als bei den Alternativen. Aufbauend auf diesem Erfolg festigt Merck seine Führungsposition und schafft mit einer Rekordzahl laufender R&D-Programme die Voraussetzungen dafür.

 

Gleichzeitig ist Merck dank eines beispiellosen Vertriebs in der Onkologie - fast 5000 Außendienstmitarbeiter weltweit - der Partner schlechthin für andere Labore. So hat beispielsweise das japanische Unternehmen Eisai gerade eine Kooperationsvereinbarung über mehrere Mrd. Dollar unterzeichnet, um Lenvima - das Tumore durch Blockade der Zellvermehrung reduziert - mit Keytruda zu kombinieren.

 

Mit Lynparzna im Portfolio, das selbst in Zusammenarbeit mit AstraZeneca entwickelt wurde, glaubt Merck, dass es mehr als 50 verschiedene onkologische Erkrankungen behandeln kann; nach Kenntnis des Autors wird diese Vielfalt nur von der Schweizer Roche-Gruppe erreicht.

 

Merck ist auch für die Qualität seines Impfstoffportfolios bekannt (7,3 Mrd. USD Umsatz im vergangenen Jahr), darunter der berühmte Gardasil-Blockbuster (3 Mrd. USD Umsatz) zur Prävention von Gebärmutterhalskrebs.

 

Impfstoffe sind schwer zu genehmigende Behandlungen. In einigen Fällen werden sie nach ihrer Annahme auch von der Regierung gefördert und subventioniert. Die Eintrittsbarrieren sind daher sehr hoch, wenn nicht gar unüberwindbar für Neuankömmlinge.

 

In den anderen Geschäftsbereichen bleibt Merck weltweit führend in den Bereichen Krankenhauspharmakologie - ein Segment, das in Schwellenländern deutlich wachsen dürfte - und Tiergesundheit.

 

Letzteres ist schwieriger - wie wir im Artikel zu Virbac gezeigt haben -, aber Merck hat genug Spielraum, um es zu schaffen, sobald die Branche stärker konsolidiert ist; andernfalls könnte der Konzern dem Beispiel von Bayer folgen und die Sparte verkaufen, um andere profitablere Projekte zu finanzieren.

 

Finanziell ist die annualisierte Wachstumsrate (+6% im letzten Jahrzehnt) dreimal so hoch wie die von Sanofi und sechsmal so hoch wie die des historischen Konkurrenten Pfizer. Das Margenprofil wiederum entspricht dem von Branchenführern wie Roche oder J&J und die Rentabilität liegt dank gut kalkulierter R&D-Investitionen an der Spitze der Tabelle.

 

Die Kapitalisierung ist optimal, da fast alle überschüssigen Barmittel an die Aktionäre zurückgeführt werden (wie oben gezeigt), ohne den Spielraum zur Finanzierung einer großen Akquisition zu beeinträchtigen, insbesondere wenn sich die Ergebnisprognosen als richtig erweisen.

 

Der gute Wachstumstrend setzte sich in der ersten Jahreshälfte fort, wobei der Umsatz mit Keytruda die Erwartungen der Analysten um 1 Mrd. USD übertraf. Parallel dazu hat Merck gerade die Übernahme von Peloton - einem auf die Behandlung von Leberkrebs fokussierten Biotech-Unternehmen - für 1,1 Mrd. USD abgeschlossen.

 

Obwohl vielversprechend, ist diese Transaktion nur schwer mit Zukäufen der Wettbewerber vergleichbar, da diese unverhältnismäßig grösser waren, wie z.B. die 90-Mrd.-Dollar-Übernahme von Celgene durch Bristol-Myers Squibb, einer Art Alles- oder Nichtswette.

 

Diese günstige Dynamik - verbunden mit einer moderaten Bewertung – möchten wir uns für unsere US-Portfolio zu nutze machen, wobei Exelixis, dessen Wachstumsrate sich verlangsamt hat und dessen Management seine Aktien weiterhin zum aktuellen Kurs verkauft, ersetzt wird.