PARIS (awp international) - IWF-Chefin Christine Lagarde hat in ihrem Fahrlässigkeits-Prozess Vermutungen zurückgewiesen, wonach sie als damalige Ministerin in der Tapie-Affäre vom Élysée-Palast beeinflusst wurde. "Ich habe keine Anweisung bekommen, weder vom Staatspräsidenten noch vom Premierminister", sagte sie am Dienstag vor dem Pariser Gerichtshof der Republik.

Lagarde war unter Präsident Nicolas Sarkozy von 2007 bis 2011 Wirtschafts- und Finanzministerin gewesen. Zu Beginn ihrer Amtszeit hatte sie grünes Licht für ein Schiedsverfahren gegeben, das dem Geschäftsmann Bernard Tapie mehr als 400 Millionen Euro zusprach.

"Es gab keinen Grund, an der Qualität der Schiedsmänner zu zweifeln", erklärte die 60-Jährige, die sich phasenweise dünnhäutig und nervös zeigte. In Frankreich gibt es immer wieder Spekulationen, dass Lagarde damals auf Anweisung "von oben" gehandelt haben könnte.

Lagarde sagte, sie habe auch nichts vor einem Treffen im Élysée-Palast erfahren, an dem ihr damaliger Bürochef Stéphane Richard teilnahm. Ein Protokoll der Sitzung habe sie nicht erhalten.

Die mächtige Finanzmanagerin muss sich vor dem Sondergericht wegen Fahrlässigkeit im Amt verantworten - durch nachlässiges Handeln soll sie damals die Veruntreuung öffentlicher Gelder durch andere ermöglicht haben. Das Gericht befragte Lagarde am zweiten Prozesstag unter anderem dazu, warum sie den Schiedsspruch nicht angefochten habe. Lagarde liess erkennen, dass diese Frage beim Ausbruch der internationalen Finanzkrise Mitte 2008 für sie nicht vorrangig gewesen sei. Die Krise war damals durch den Zusammenbruch der US-Bank Lehman Brothers ausgelöst worden.

Bei einer Verurteilung drohen Lagarde bis zu ein Jahr Haft und 15 000 Euro Strafe. Dies würde auch die Frage aufwerfen, ob sie an der Spitze des Internationalen Währungsfonds (IWF) bleiben kann./cb/DP/stb