Von Carol Ryan

PARIS (Dow Jones)--Seit der Pandemie werden Spirituosen verstärkt zu Hause konsumiert. Das trieb den Absatz an. Anleger müssen sich aber Gedanken darüber machen, wie es weitergehen könnte, wenn dieser Trend abnimmt. Das französische Unternehmen Pernod Ricard startete jedenfalls mit breiter Brust ins neue Geschäftsjahr.

Am Mittwoch teilte der Hersteller von Jameson Irish Whiskey und Absolut Wodka mit, dass der Umsatz bis Juni im Vergleich zum vorangegangenen Zwölfmonatszeitraum bei konstanten Wechselkursen um 10 Prozent gestiegen ist. Obwohl der Verkauf von Spirituosen in Reisezentren wie Flughäfen immer noch stockt, haben Gesamtumsatz und operativer Gewinn von Pernod wieder das Vorkrisenniveau erreicht.

Für die gesamte Branche sind die USA der größte Markt mit dem meisten Gewinn. Dort stieg der Umsatz des an der Pariser Börse notierten Unternehmens um 16 Prozent. Laut UBS blieb Pernod Ricard dennoch hinter dem Wachstum von Diageo zurück. Das an der Londoner Börse notierte Unternehmen steigerte sein US-Spirituosengeschäft im gleichen Zeitraum um 24 Prozent.

Typischerweise verkauft Pernod Ricard mehr Alkohol über Bars und Restaurants als sein großer britischer Rivale und ist daher stärker von Betriebsschließungen betroffen. Dies dürfte sich allerdings ändern, wenn die Menschen wieder häufiger ausgehen. Branchendaten zeigen bereits eine Verlangsamung der Käufe für den häuslichen Konsum. Jameson, eine der wichtigsten Marken von Pernod, macht ein Drittel des US-Umsatzes in Bars und liegt damit weit über dem Durchschnitt von 20 Prozent für Spirituosen insgesamt.


   Spirituosen sind überraschende Pandemie-Gewinner 

Spirituosen-Aktien sind eher unerwartete Gewinner der Pandemie. Dass sich der Alkoholkonsum nach Hause verlagerte, hat ihnen geholfen. Schon seit zwei Jahrzehnten sind Spirituosen dabei, dem Bier in den USA Marktanteile am breiteren Alkoholmarkt abzunehmen. Im vergangenen Jahr allerdings konnten Spirituosen einer Analyse von Bernstein zufolge ihre durchschnittlichen jährlichen Marktanteilsgewinne auf 1,1 Prozentpunkte sogar verdoppeln.

Die Gewinnspannen profitierten, da die Konsumenten während der Pandemie teurere Marken als üblich kauften. Drei Gläser Jameson in einer Bar kosten ungefähr so viel wie eine ganze Flasche im Laden, so dass die Verbraucher gerne bei höherpreisigen Produkten zugriffen.

Die Erwartungen der Anleger sind hoch: Gemessen an den künftigen Gewinnen, werden die vier großen europäischen Spirituosenaktien derzeit zwischen 34 Prozent und 58 Prozent über ihrem Zehn-Jahres-Durchschnitt gehandelt. Im Vergleich dazu liegen die Aufschläge für die Brauereien Heineken und Carlsberg mit 23 Prozent deutlich niedriger.

Die Pandemie hat die Trends zu Gunsten der Spirituosenaktien verstärkt. Trotzdem ist noch lange nicht ausgemacht, dass die Menschen weiterhin so teuren Alkohol in den Geschäften kaufen werden, wenn das Nachtleben in den Städten wieder erwacht. Mit seiner starken Ausrichtung auf den Außer-Haus-Konsum könnte Pernod deshalb eine sicherere Wette sein als die Konkurrenz. Alles, was es dazu braucht, sind möglichst viele Gäste an den Theken.

Kontakt zur Autorin: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/DJN/rer/uxd

(END) Dow Jones Newswires

September 02, 2021 03:14 ET (07:14 GMT)