DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Im Tarifkonflikt der Metall- und Elektroindustrie hat die IG Metall auch in Nordrhein-Westfalen erstmals zum neuen Kampfmittel der Tages-Warnstreiks gegriffen. Sie hätten mit der Nachtschicht ab 22.00 Uhr am Dienstagabend in acht NRW-Betrieben begonnen, sagte ein Gewerkschaftssprecher. Am Mittwochfrüh folgten 21 weitere NRW-Betriebe, mit der Mittagsschicht sollte ein weiteres Unternehmen bestreikt werden.

Die Beteiligung sei "hervorragend", sagte der Sprecher. Details wollte die IG Metall im Laufe des Vormittags bekanntgeben. Bestreikt wurde nach Gewerkschaftsangaben unter anderem in Lippstadt der Wälzlager-Hersteller Thyssenkrupp Rothe Erde mit zunächst rund 200 Beschäftigten der Nachtschicht.

Die NRW-Metallarbeitgeber kritisierten die Streiks als "überflüssig, rechtswidrig und schädlich". "Für eine derartige Eskalation habe ich kein Verständnis", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes in NRW, Luitwin Mallmann. "24-Stunden-Streiks gehen nicht nur richtig ins Geld, sondern verspielen viel Vertrauen bei unseren Kunden", sagte er.

Die IG Metall will in dieser Woche in NRW insgesamt mehr als 65 000 Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie zu 24-stündigen Warnstreiks aufrufen. Es werde Arbeitsniederlegungen in fast 70 Betrieben in allen Regionen des Landes geben, hatte der IG Metall Bezirksleiter in Nordrhein-Westfalen, Knut Giesler, am Montag in Düsseldorf angekündigt.

Die Gewerkschaft verlangt für die bundesweit rund 3,9 Millionen und in NRW etwa 700 000 Beschäftigten sechs Prozent mehr Geld bei einer Laufzeit von 12 Monaten und Möglichkeiten zur Reduzierung der Arbeitszeit auf 28 Wochenstunden. Bestimmte Gruppen wie Schichtarbeiter, pflegende Angehörige oder Eltern junger Kinder sollen dabei einen Teil-Ausgleich für entgangenen Lohn erhalten, was die Arbeitgeber bislang strikt ablehnen.

Die Arbeitgeber halten einen Lohn-Ausgleich nur für einige Arbeitnehmer für rechtwidrig und wollen deshalb beim Arbeitsgericht Frankfurt klagen. Nach ihrer Auffassung darf für eine im Kern rechtswidrige Forderung auch nicht gestreikt werden, wie Mallmann sagte. Die Arbeitgeber haben bisher eine Einmalzahlung von 200 Euro und zwei Prozent mehr Einkommen für 15 Monate geboten.

Neben NRW hatten mit Beginn der Nachtschicht am späten Dienstagabend Metallarbeiter unter anderem auch in Baden-Württemberg und Bremen Tagesstreiks begonnen, wie Sprecher der IG Metall in den jeweiligen Bezirken sagten. Die IG Metall sprach vor Beginn von bis zu 500 000 Beteiligten über sämtliche Betriebsgrößen, Regionen und Branchen hinweg.

Am vergangenen Wochenende waren Verhandlungen in der fünften Runde mit den Arbeitgebern in Stuttgart abgebrochen worden. Beide Seiten machten sich gegenseitig dafür verantwortlich.

Bayerns IG-Metall-Bezirkschef Jürgen Wechsler hatte am Dienstag erneut klargemacht, dass es während der aktuellen Warnstreikwelle keine neuerlichen Gespräche geben könne. Frühestmöglicher Termin für eine sechste Verhandlungsrunde wäre damit der Samstag.

Bis einschließlich Freitag sollen nach jüngsten Zählungen an die 275 Betriebe im gesamten Bundesgebiet bestreikt werden, ohne dass zuvor eine Urabstimmung stattgefunden hätte. Die IG Metall hatte nach eigenen Angaben nur die Beschäftigten in den betroffenen Betrieben gefragt und dort jeweils klare Mehrheiten für die Aktionen erhalten. Die Teilnehmer bekommen im Unterschied zu kürzeren Warnstreikaktionen von der Gewerkschaft einen finanziellen Ausgleich für Lohnverluste./rs/uta/DP/das