Von Jon Sindreu

NEW YORK (Dow Jones)--Könnte UBS so werden - und bewertet werden - wie Morgan Stanley? Ja, aber die Zeit nach einem Megadeal ist nicht der ideale Zeitpunkt für ein "Promi-Makeover".

Die am Dienstag veröffentlichten Jahreszahlen der Schweizer Bank zeigen, welche Herausforderungen die Übernahme der Credit Suisse im vergangenen Jahr mit sich brachte. Die Vermögenswerte von UBS stiegen 2023 im Vergleich zu 2022 um 56 Prozent, aber die Einnahmen waren nur um 18 Prozent höher. Der Nettoverlust von 279 Millionen Dollar im vierten Quartal spiegelt vor allem die Kosten in Höhe von 1,8 Milliarden Dollar wider, die durch die laufende Integration des unrentablen ehemaligen Rivalen entstanden sind.

Nach anfänglichen Zweifeln wurde die Transaktion von den Anlegern positiv aufgenommen. Die UBS-Aktie hat seit Abschluss der Transaktion im Juni eine Gesamtrendite von 36 Prozent erzielt, verglichen mit rund 5 Prozent für den Stoxx Europe 600 Index.

Nachdem der einmalige Gewinn von 29 Milliarden US-Dollar aus dem günstigen Kaufpreis bereits verbucht ist, könnte es jedoch schwieriger werden, die Skepsis zu überwinden. Zwei Drittel der Integrationskosten stehen noch aus. Sie werden in Form von gigantischen Quartalsrechnungen zwischen jetzt und 2026 anfallen.


   Bewertung nur halb so hoch wie Morgan Stanley 

Um Investoren zu begeistern, braucht es eine längerfristige "Story". Zum Glück hat UBS eine solche: Im Dezember beteiligte sich Cevian Capital - Europas größter aktivistischer Investor - mit 1,3 Milliarden Dollar an dem Unternehmen und unterstrich damit, dass die Schweizer Bank nur halb so hoch bewertet ist wie Morgan Stanley.

Die US-Bank hat die Fantasie des Marktes beflügelt, indem sie sich ein unternehmensweites Ziel von 20 Prozent Rendite auf das materielle Eigenkapital gesetzt hat. Unter dem 2010 angetretenen und Ende letzten Jahres zurückgetretenen CEO James Gorman hat sich die Bank von einer angeschlagenen Investmentbank zu einem Kraftpaket in der Vermögensverwaltung entwickelt, wozu in jüngster Zeit eine Reihe von Übernahmen beigetragen haben, darunter der Vermögensverwalter Eaton Vance und der Online-Broker E*Trade.

Die Betreuung der Superreichen ist für Finanzunternehmen in der Zeit nach 2008 ein begehrtes Geschäft. Im Vergleich zum Investmentbanking bringt es höhere Renditen bei geringerem Kapitalbedarf und bindet die Kunden in der Regel über Jahre hinweg.

Cevian legt überzeugend dar, dass UBS bereits über diesen geschätzten Geschäftsmix verfügt: 52 Prozent ihrer Erträge im Jahr 2023 stammen aus der Vermögensverwaltung, verglichen mit 49 Prozent bei Morgan Stanley. Ein Unterschied besteht darin, dass die US-Bank im Jahr 2023 eine Eigenkapitalrendite von 33 Prozent aus dem Vermögensverwaltungsgeschäft erzielte, während UBS am Dienstag nur eine Rendite von 16 Prozent angab. Dies hat jedoch zu einem großen Teil mit der Integration der Credit Suisse zu tun sowie mit einer einmaligen Belastung durch die UBS-Beteiligung am Finanzdienstleistungsunternehmen SIX Group. Im Jahr 2022 lag die Zahl bei 25 Prozent.

Morgan Stanleys hohe Bewertung geht aber nicht allein darauf zurück, dass die Bank fette Margen mit der Betreuung reicher Kunden erzielt. Sie preist eine Menge Wachstum ein. Vermögensverwaltung braucht eine gewisse Größe, um ihr wahres Gewinnpotenzial freizusetzen.


   UBS lockt Anleger mit neuen Zielen 

Die US-Bank strebt Assets von 10 Billionen Dollar im Wealth und Asset Management an. Ende 2023 waren es 6,6 Billionen. Analysten erwarten laut Daten von Visible Alpha, dass Morgan Stanley Ende 2027 an diesen Wert herankommen kann. Unterdessen sagen sie für die UBS nur ein moderates Wachstum bei den für Kunden verwalteten Geldern voraus.

Die Schweizer Bank scheint sich zunehmend bewusst zu sein, dass sie auf diese niedrigen Erwartungen reagieren muss. Neben der Bestätigung des Ziels für 2026 einer Eigenkapitalrendite von 15 Prozent gab die Bank zudem das Ziel von 18 Prozent für 2028 aus. Sie wolle in dem Jahr außerdem auf ein verwaltetes Vermögen von 5 Billionen Dollar kommen. Derzeit sind es 3,9 Billionen.

"Wir sind nicht nur eine Restrukturierungs-Story, wir werden wieder wachsen", sagte UBS-CEO Sergio Ermotti am Dienstag zu Analysten.

Die Bank zu schrumpfen und gleichzeitig an den richtigen Stellen zu expandieren ist ein schwieriger Balanceakt. Die Absicht, Dividenden und Aktienrückkäufe zu erhöhen, könnte außerdem zu Lasten der erforderlichen Investitionen gehen. Ermotti will, dass das Wealth Management dieses und nächstes Jahr jeweils 100 Milliarden Dollar an Nettoneugeldern von Kunden einsammelt. Das könnte bedeuten, dass man den Konkurrenzkampf in den USA austragen muss, Morgan Stanleys Heimatmarkt. Die Kosten sind dort höher, weil Finanzberater eine wichtigere Rolle spielen.

Die UBS ist weiterhin eine der interessantesten Investment-Möglichkeiten in Europa. Den Abstand zu ihrem engsten US-Konkurrenten zu verkleinern wird jedoch eine gewisse Multitasking-Fähigkeit erfordern.

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February 06, 2024 11:18 ET (16:18 GMT)