Von Carol Ryan

LONDON (Dow Jones)--Unilever hat ähnliche Probleme wie Procter & Gamble (P&) vor vier Jahren und jetzt denselben aktivistischen Investor im Board. Aber die Zeiten haben sich geändert. Zuletzt gab Unilever bekannt, dass der Gründer von Trian Partners, Nelson Peltz, ab Juli einen Sitz im Verwaltungsrat des Unternehmens einnimmt. Nach monatelangen Spekulationen über den Kauf von Unilever-Aktien durch den Aktivisten bestätigte das Unternehmen, dass sein Hedge-Fonds einen Anteil von 1,5 Prozent hält, der derzeit mit rund 1,6 Milliarden US-Dollar bewertet wird. Peltz wird dem Vergütungsausschuss von Unilever beitreten und möglicherweise Änderungen bei den Vergütungsanreizen fordern. Bei P&G kritisierte er Zielvorgaben, die Topmanager für ein Umsatzwachstum belohnten, das unter dem Branchendurchschnitt lag.

Die Aktien von Unilever schnellten als Reaktion um 7 Prozent empor. Offenbar hoffen die Anleger, dass eine Aktivistenkampagne bei dem britischen Unternehmen zu einem Kursanstieg im Stil von P&G führt. Die Aktie des US-Unternehmens hat ihren Wert zwischen Anfang 2018, als Peltz einen Sitz im Board erhielt, und seinem Weggang dreieinhalb Jahre später fast verdoppelt. Derweil war die Bilanz von Trian bei seinem vorerst letzten großen europäischen Zielunternehmen in diesem Sektor durchwachsener. Der Fonds gab im November 2012 eine Beteiligung an Danone, dem Hersteller von Evian-Wasser in Flaschen, bekannt, als die Aktien des Unternehmens bei einem Kurs von rund 48 Euro notierten. Nachdem der Fonds vorausgesagt hatte, dass die Aktie innerhalb von zwei Jahren 78 Euro erreichen würde, stieg er im Februar 2015 aus, als der Kurs bei rund 60 Euro lag.


   Inflation setzt Unilever unter Zugzwang 

Die Anwesenheit eines aktivistischen Investors könnte die Veräußerung der weniger attraktiven Marken von Unilever beschleunigen. Anfang dieses Jahres erklärte CEO Alan Jope, dass er einem Verkauf der Lebensmittelmarken des Unternehmens offen gegenüberstehe. Damit wollte er ein Angebot für das Consumer-Healthcare-Geschäft von Glaxosmithkline finanzieren - diesen Vorstoß blies der Konzern jedoch letztendlich ab.

Der Verkauf leistungsschwacher Kosmetikmarken an Coty trug zur Verbesserung des Umsatzwachstums von P&G bei, aber der größte Schub kam von einer besseren Arbeit mit den bestehenden Marken. Zwischen 2015 und 2019 konnte P&G durch das Stoppen von Marktanteilsverlusten nach Schätzungen von Bernstein ein zusätzliches Umsatzwachstum von 2,4 Prozentpunkten erzielen. Unilever macht hier bereits Fortschritte. Im ersten Quartal 2022 konnte das Unternehmen 58 Prozent seiner Geschäfte Marktanteile gewinnen, gegenüber 53 Prozent im vierten Quartal 2021.

Dies wird schwer aufrechtzuerhalten sein, da die Einkommen der Verbraucher unter Druck stehen. Eigenmarken gewinnen Kunden in Europa, wo die Inflation derzeit bei 8,1 Prozent grassiert. Die großen Marken müssen die Preise erhöhen, um ihre Gewinnspannen zu schützen, aber ihre Produkte sind dadurch weniger wettbewerbsfähig. Laut Nielsen-Daten haben Danone, Unilever und Nestlé in den vier Wochen bis zum 24. April in Europa Marktanteile an Eigenmarken verloren.

Unilever steht vor einer besonderen Herausforderung, da das Unternehmen seine Produkte in verschiedenen Ländern verkauft. Das Unternehmen erlöst 60 Prozent seines Umsatzes in Schwellenländern, wo die Inflation höher ist als in den Industrieländern und die Durchschnittseinkommen niedriger. P&G erwirtschaftet die Hälfte seines Umsatzes in Nordamerika, wo sich die Verbraucherausgaben im Moment als stabil erweisen. Die Erneuerung des Boards ist eine gute Nachricht für die Anleger von Unilever, aber das Unternehmen ist auf einem viel schwierigeren Markt als P&G auf dem Weg zu einem Turnaround.

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June 01, 2022 04:39 ET (08:39 GMT)