PARIS/LONDON (awp international) - Europas Börsen haben am Freitag dank neuer Hoffnungen auf Fortschritte in den amerikanisch-chinesischen Handelsgesprächen deutlich zugelegt. Zudem habe die Berichtssaison der europäischen Unternehmen bisher keine grösseren Negativ-Schlagzeilen geliefert, schrieb ein Anlagestratege.

Gegen Mittag gewann der EuroStoxx 50 1,01 Prozent auf 3100,27 Punkte. Nach dem wechselhaften Kursverlauf der vergangenen Tage steuert der Eurozonen-Leitindex damit auf ein Wochenplus von knapp ein Prozent zu - es wäre die dritte positive Woche in Folge nach dem schwachen Börsenjahr 2018. Der Pariser Cac 40 rückte am Freitag um 1,09 Prozent auf 4846,58 Punkte vor und der britische FTSE 100 ("Footsie") legte um 0,94 Prozent auf 6899,32 Zähler zu.

Dem "Wall Street Journal" zufolge erwägen Offizielle des Beamtenapparates von US-Präsident Donald Trump Massnahmen zur Senkung der Zölle auf chinesische Waren, um die Finanzmärkte zu beruhigen. Finanzminister Steven Mnuchin sei ein Befürworter dieser Idee, während ihr der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer reserviert gegenüberstehe. Von der Meldung hatte zuvor schon die Aktienmärkte in den USA und Asien profitiert, auch wenn die US-Indizes nach einem schnellen Dementi des Finanzministeriums nur einen Teil ihrer Gewinne hatten verteidigen können.

Im marktbreiten Stoxx Europe 600 wiesen am Freitag fast alle Branchenindizes positive Vorzeichen auf. Mit am besten schlugen sich die Banken mit einem Kursgewinn von 1,39 Prozent. Börsianer sprachen von einer "Risk-on"-Stimmung. Davon profitierten vor allem Aktien und Branchen mit aus Investorensicht überdurchschnittlichen Risiken wie der Finanzbereich. Steigende Ölpreise liessen den Index der Öl- und Gaskonzerne um 1,37 Prozent zulegen.

Dagegen war der Index der Reise- und Freizeitunternehmen mit minus 0,11 Prozent einziger Verlierer in der Übersicht. Hier sorgte eine neue Gewinnwarnung von Ryanair für schlechte Stimmung. Der Billigflieger musste bei seiner Gewinnprognosen wegen des harten Preiswettkampfs in der Branche und derswegen sinkenden Ticketpreisen erneut zurückrudern.

Die Aktien sackten zeitweise bis zu fünf Prozent auf den tiefsten Stand seit Ende 2014. Zuletzt konnten sie sich etwas erholen und verloren etwas mehr als zwei Prozent. Die Titel von Konkurrent Easyjet büssten angesichts einer Abstufung durch die US-Bank JPMorgan fast drei Prozent ein.

Der Telekomfirmen-Index zeigte sich mit einem Plus von 0,15 Prozent ebenfalls recht schwach. Die als defensiv geltende Branche ist für gewöhnlich eher in einem negativen Marktumfeld gefragt. Dazu belastete ein rund achtprozentiger Kursrutsch der Telecom Italia nach vorläufigen Jahreszahlen. Ihr blies vor allem auf dem heimischen Markt der Wettbewerb ins Gesicht.

ITV-Papiere zogen in einem guten Branchenumfeld um fast drei Prozent an. Der britische Bezahlsender zähle weiterhin zu den wahrscheinlichsten Übernahmekandidaten in Europa, schrieb die Nachrichtenagentur Bloomberg und berief sich auf eine eigene Befragung von Händlern, Analysten und Fondsmanagern./gl/zb