Zürich (awp) - Am Schweizer Aktienmarkt ist die Spannung vor dem anstehenden Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank am Mittag sichtbar. Der Leitindex SMI bewegt sich kaum von der Stelle. Vielmehr oszilliert er in einer engen Spanne von weniger als 30 Punkten um seinen Vortagesschlusskurs. "Die Ungewissheit über die heutige Zinsentscheidung der EZB ist in den letzten Handelstagen stark angewachsen", sagt ein Händler. "In der vergangenen Handelswoche war eine Sitzung ohne Zinserhöhung noch ausgemachte Sache, und heute sehen die Hälfte der befragten Ökonomen eine Zinsanhebung um 25 Basispunkte als möglich an."

Da sei es nicht weiter verwunderlich, dass die Anleger sich an der Seitenlinie aufhielten und die Fakten abwarteten. Denn während Ökonomen einen Zinsschritt nicht mehr ausschliessen, sei bei den Marktteilnehmern die Hoffnung auf eine Pause weiterhin hoch. "Kommt es zu einem weiteren Schritt, ist mit Verlusten zu rechnen", warnt ein weiterer Börsianer. In der kommenden Wochen folgen dann die US-Fed und die Schweizerische Nationalbank SNB. Bei den US-Währungshütern gilt eine Pause als gesetzt, während bei der SNB auch die Frage bleibt, ob sie den Leitzins einmal mehr erhöht oder pausiert.

Der SMI weist gegen 11.05 Uhr ein knappes Plus von 0,10 Prozent auf 10'986,88 Punkte aus. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, gibt um moderate 0,06 Prozent nach auf 1728,53 Punkte, während der breite SPI mit +0,01 Prozent auf der Stelle tritt bei 14'434,27 Zählern. Im SLI gewinnen elf Aktien hinzu und 19 fallen zurück.

Die Nachrichtenlage bleibt auch weiterhin überschaubar. Das Gewinnerfeld wird aktuell von Kühne+Nagel (+1,4%) angeführt. Am Vortag hatte der geplante Einstieg von MSC bei der deutschen HHLA und die vage Aussicht auf einen Bieterkampf um eine Beteiligung am Hamburger Hafenbetreiber für Aufmerksamkeit gesorgt. Während die Reederei MSC eine Offerte unterbreitete, kündigte der Logistik-Unternehmer Klaus-Michael Kühne dann gegenüber Medien an, über ein Gegengebot nachzudenken.

Aus der Finanzbranche setzen Swiss Re (+0,9%) und Swiss Life (+0,5%) ihren guten Lauf weiter fort. Beim Rückversicherer dürfte die Anfang Woche am Branchentreffen in Monte Carlo oft erwähnte Notwendigkeit höherer Rückversicherungspreise weiter nachhallen. Swiss Life hatte vergangene Woche die Anleger mit einem weiteren Aktienrückkaufprogramm für sich gewonnen.

Etwas Unterstützung erhält der Markt auch von den drei Schwergewichten Roche, Novartis und Nestlé, die um bis zu 0,6 Prozent vorrücken. Wie die Schweizer Börse SIX am Vorabend mitgeteilt hatte, wird die Generikaspezialistin Sandoz nach der Abspaltung von Novartis nicht dem wichtigsten Schweizer Börsenindex SMI angehören. Die Aktie wird demnach Teil der Indizes SLI und SMIM sein. Am Markt heisst es, eine Aufnahme im SLI sei für den Anfang nicht verkehrt. Denn auch das SMIM-Segment ist bei vielen Börsianern beliebt.

Im Technologiesektor ist dagegen kein einheitlicher Trend zu erkennen - weder bei den Blue Chips noch in den hinteren Reihen. Dabei steht mit dem Nasdaq-Börsengang des britischen Chipentwicklers Arm an diesem Nachmittag ein echtes Highlight auf der Branchenagenda. "Sollten der Hype in Sachen Künstliche Intelligenz und die Nachfrage nach den Papieren des Konkurrenten Nvidia eine Indikation sein, kann sich wohl nur der glücklich schätzen, der Aktien zugeteilt bekommen hat", sagt ein Händler. Der IPO gilt als einer der grössten in diesem Jahr.

Auf Verliererseite sorgen Medienberichte, wonach der Versicherer Zurich (Aktie -0,3%) der Privatbank Julius Bär (Aktie -1,5%) bis Mitte Oktober ein verbindliches Angebot für die in Italien tätige Vermögensverwaltungstochter Kairos Partners unterbreiten könnte, für etwas Bewegung. Und ein Analystenkommentar aus dem Hause Barclays lässt bei den beiden Uhrenherstellern Swatch (-1,7%) und Richemont (-0,5%) die Sorgen um das China-geschäft wieder Oberhand gewinnen.

In den hinteren Reihen wiederum stechen Kudelski (+7,6%) mit einem weiteren Auftrag hervor. In den vergangenen drei Tagen hat das Unternehmen drei Aufträge an Land gezogen.

Dagegen fallen Autoneum (-3,2%) klar zurück. Der Autozulieferer hat die Konditionen der Kapitalerhöhung veröffentlicht - mit einem Bezugspreis deutlich unter dem letzten Kurs. Aevis Victoria (-3,4%) wiederum fallen nach Halbjahreszahlen zurück, während der Flughafen Zürich (-4,2%) unter einer Abstufung durch die HSBC laut Händlern leidet.

hr/ys