PARIS (awp international) - Hitze, Streiks, verfehlte Strategien: Das Jahr 2018 war für viele europäische Einzelhändler nicht leicht. Umso besser kamen am Mittwoch überraschend gute Zahlen der beiden Handelskonzerne Carrefour und Ahold bei den Anlegern an.

Der französische Handelskonzern Carrefour beendete das erste Jahr seines Umbaus mit Zuwächsen bei Umsatz und operativem Gewinn. Vor allem Lateinamerika kurbelte das Geschäft an. Gleichzeitig belastete der Protest der sogenannten Gelbwesten in Frankreich den Konzern nicht so stark wie von Experten befürchtet.

Im vierten Quartal war der Umsatz bereinigt insgesamt um 1,9 Prozent auf 22,64 Milliarden Euro gestiegen, wie das Unternehmen am Dienstag am Unternehmenssitz bei Paris mitteilte. Konzernchef Alexandre Bompard sprach von einem "soliden" Quartal. Die Transformation des Konzerns zeige Wirkung. Im Gesamtjahr legte das Geschäft nach Konzernangaben um 1,4 Prozent auf rund 85,2 Milliarden Euro zu. Finanzchef Matthieu Malige stellte zudem während einer anschliessenden Telefonkonferenz für das operative Ergebnis 2018 ein Plus von 4 Prozent in Aussicht.

Unterdessen stellte der niederländisch-belgische Konkurrent Ahold Delhaize für das Gesamtjahr einen bereinigten Gewinn je Aktie am oberen Ende der Zielspanne in Aussicht. Im vierten Quartal hatte der Handelskonzern von einem weiterhin starken Geschäft in den USA profitiert. Auch deutliche Zuwächse im Internet gaben Ahold Delhaize Rückenwind.

Die Investoren reagierten auf die Nachrichten mit Freude. An der Börse kletterte die Carrefour-Aktie am Morgen um fast sechs Prozent und ist damit inzwischen zurück auf dem Niveau von Mitte November. Mehrere Analysten hoben in einer ersten Reaktion ihre Kursziele, darunter die Experten von Jefferies und der Barclays -Bank. Rob Royce von der US-Investmentbank Goldman Sachs schrieb, dass vor allem die Aussagen des Managements zum operativen Ergebnis (Ebit) des Gesamtjahres positiv überrascht hätten.

Aktien von Ahold Delhaize konnten im frühen Handel um mehr als zweieinhalb Prozent zulegen. In diesem Sog ging es auch für andere Konkurrenten wie etwa Metro aufwärts, die Papiere kletterten um mehr als einen Prozent.

Noch 2017 war der Handelskonzern Carrefour wegen milliardenschwerer Sonderlasten tief in die Verlustzone geschlittert. Konzern-Chef Bompard war mitten in der Krise dazugestossen, nur wenige Monate nach seinem Amtsantritt zog er die Reissleine. Anfang 2018 verordnete er Carrefour eine Radikalkur inklusive Milliardensparplan, Stellenabbau und auf den Kopf gestellter Strategie: So setzt der Konzern neuerdings auf Bio-Produkte sowie den Ausbau der Online-Bestelldienste.

Der Protest der Gelbwesten hatte jedoch Befürchtungen genährt, dass Bompard mit dem Umbau nicht so schnell vorankommt wie erhofft und Carrefour zudem stärker in Mitleidenschaft gezogen worden sein könnte als Rivale Casino, dessen Filialen häufiger in den weniger betroffenen Innenstädten zu finden sind. In Frankreich blieben die Umsätze bei Carrefour im Schlussquartal jedoch trotz der negativen Folgen der Proteste stabil. Im Gesamtjahr ergab sich dort ein leichter Zuwachs.

In Südamerika entwickelte sich das Geschäft insgesamt stark. Besser als von Beobachtern befürchtet lief es auch in Brasilien. Carrefour profitierte dort vor allem vom anziehenden Online-Handel und den stark steigenden Lebensmittelpreisen im Land. In Asien gingen die Umsätze dagegen deutlich zurück, während sich das Geschäft in Europa mässig entwickelte./tav/jha/niw/mne/fba