ZAMUDIO (dpa-AFX) - Der Windenergieanlagenbauer Siemens Gamesa kann zwar auf volle Auftragsbücher blicken. Der anhaltend scharfe Wettbewerb sowie höhere Beschaffungskosten nagen jedoch an der Profitabilität. Besserung ist nicht in Sicht, im Gegenteil: Im schlechtesten Fall dürfte die Rendite im laufenden Geschäftsjahr nochmals erheblich sinken. Sein Mittelfristziel schob die Siemens-Tochter zudem nach hinten. Konzern-Chef Markus Tacke stimmt auf ein weiteres "Übergangsjahr" ein.

Investoren warfen am Dienstag ihre Papiere auf den Markt. Zwischenzeitlich brach die Aktie an der Börse in Madrid um bis zu 15 Prozent ein. Am späteren Vormittag betrug das Minus noch rund 10 Prozent. So liege die Margenprognose für 2019/20 deutlich unter den Marktschätzungen, kritisierten Analysten von Goldman Sachs und JPMorgan. Auch die Verschiebung der Mittelfristziele kam schlecht an.

Insgesamt erreichte das Unternehmen dank eines starken Schlussquartals die selbst gesteckten Ziele, wie die Siemens-Tochter am Dienstag im spanischen Zamudio mitteilte. Allerdings hatte das Unternehmen bereits zum dritten Quartal die Latte niedriger gehängt und bei Umsatz sowie operativer Marge nur noch das untere Ende der zuvor ausgegebenen Prognosespannen ins Visier genommen.

Der Umsatz stieg im Geschäftsjahr 2018/19 (per Ende September) um 12,1 Prozent auf 10,2 Milliarden Euro. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) nahm um 4,6 Prozent auf 725 Millionen Euro zu, die entsprechende Marge sank jedoch um 0,5 Prozentpunkte auf 7,1 Prozent und erreichte das untere Ende der von Siemens Gamesa anvisierten Spanne. Unter dem Strich verdoppelte sich der Gewinn unter anderem wegen niedrigerer Zinskosten auf 140 Millionen Euro.

Probleme bei der Durchführung von Projekten in Nordeuropa und Indien und dadurch entstandene höhere Kosten drückten auf die Profitabilität. Ebenfalls belastend wirkten der anhaltend hohe Konkurrenzdruck, niedrige Preise, und die steigende Unsicherheit in den Schwellenländern. Dabei sieht Konzernchef Tacke eine Stabilisierung der Preise für das Windenergiegeschäft an Land (Onshore). Der Druck bei der deutlich profitableren Windenergie auf See verschärft sich jedoch. So werden auch dort immer mehr Projekte über eine Auktion vergeben - ein Umstand, der im Onshore-Geschäft schon vor einigen Jahren die Preise in den Keller getrieben hat.

So kann Siemens Gamesa zwar auf ein Rekordauftragsbuch von 25,5 Milliarden Euro blicken - 12 Prozent mehr als im Vorjahr - doch wurden Projekte zu niedrigeren Preisen angenommen. Dieser Trend dürfte sich auch im neuen Geschäftsjahr fortsetzen. Dazu erwartet Siemens Gamesa höhere Kosten aus der Beschaffung, auch im Zusammenhang mit dem Zollstreit zwischen den USA und China. Durch die Übernahme der Rotorblattfertigung im portugiesischen Vagos des insolventen Konkurrenten Senvion erhofft sich Konzernchef Tacke eine mehr Unabhängigkeit von asiatischen Lieferanten. Zudem lastet auch der anstehende Brexit auf dem Unternehmen.

So erwartet Siemens Gamesa für 2019/20 keine großen Sprünge. Die bereinigte operative Marge soll 5,5 Prozent bis 7,0 Prozent betragen. Der Umsatz wird zwischen 10,2 Milliarden bis 10,6 Milliarden Euro gesehen, was im ungünstigsten Fall eine Stagnation bedeuten würde. Siemens Gamesa will daher weiter Kosten sparen und die Produktivität steigern. Das wird auch Arbeitsplätze betreffen: So sollen in den kommenden zwei Jahren weitere 600 Stellen gestrichen werden. In den vergangenen Jahren hatte Siemens Gamesa wegen der Probleme in der Windkraftindustrie weltweit bereits tausende Jobs abgebaut.

Mittelfristig will Tacke stärker als der Markt wachsen, die bereinigte Marge soll allerdings erst nach 2022 deutlich steigen und 8 bis 10 Prozent erreichen. Damit verschiebt Siemens Gamesa seine Profitabilitätsziele weiter nach hinten. Denn ursprünglich waren diese für 2020 angekündigt worden./nas/knd/fba