Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat angekündigt, dass die Regierung nach dem umstrittenen Rentenpaket 2 bald auch ein weiteres Rentenpaket auf den Weg bringen will. "Ich bin überzeugt, dass sehr bald ein Rentenpaket 3 kommen wird", sagte Lindner bei einer Paneldiskussion beim 23. Symposium des Humboldt Forum Wirtschaft in Berlin. Darin werde man sich der abschlagsfreien "Rente mit 63", der Berechnung der Rentenformel und "der weiteren Ausdehnung der Kapitaldeckung" widmen müssen, betonte der Finanzminister. Man dürfe keine weitere Zeit verlieren, mahnte Lindner. "Noch haben wir Zeit, Dinge zu verändern", hob er aber hervor.

Lindner bekräftigte, in der kommenden Woche werde das Kabinett das Rentenpaket 2 beschließen. In dem Paket sei mit dem geplanten "Generationenkapital" eine "historische Veränderung" vorgesehen, denn erstmals werde in der ersten, gesetzlichen Säule der Altersvorsorge das Instrument der Kapitaldeckung genutzt. Zwar sei das Generationenkapital "noch nicht individiualisiert" und in seinem Volumen noch zu schmal, aber immerhin nutze man den Kapitalmarkt erstmals.

Die Regierung will mit dem Rentenpaket das Rentenniveau stabilisieren sowie Beitragssteigerungen eindämmen und plant dafür unter anderem mit dem Generationenkapital eine teilweise Finanzierung über Aktien. Vorgesehen ist, die Haltelinie für das Rentenniveau von 48 Prozent bis 2039 zu verlängern. Lindner kündigte an, im September oder Oktober komme zudem ein Gesetzentwurf zur privaten Altersvorsorge ins Kabinett, um eine Nachfolge für Riester- und Rürup-Verträge zu regeln. Dabei solle unter anderem ein Altersvorsorgedepot eingeführt werden, was Lindner als "Gamechanger" lobte.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, sagte bei der Veranstaltung, die Reformen der Gesetzlichen Rentenversicherung "inklusive Rentenreform 2" verstärkten die Umverteilung von jung zu alt, von arm zu reich und von unbezahlter zu bezahlter Arbeit. "Die Schieflage wird stärker", betonte der Ökonom. Mangelnde private Vorsorge sei das "Kernproblem". 40 Prozent der Menschen in Deutschland betrieben keine solche, viel mehr als in anderen vergleichbaren Ländern. Fratzscher kritisierte eine hohe Besteuerung von Arbeit, die diese private Vorsorge erschwere. "Der Schlüssel für eine bessere Rente und eine bessere Vorsorge liegt in Reformen des Arbeitsmarktes", konstatierte Fratzscher. "Wir müssen versuchen, mehr Menschen in Arbeit zu bringen und die Qualität der Arbeit zu verbessern."

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

DJG/ank/sha

(END) Dow Jones Newswires

May 22, 2024 07:48 ET (11:48 GMT)