Bangalore/München (Reuters) - Beim weltgrößten Sportartikel-Konzern Nike trüben sich die Aussichten vor allem auf dem lukrativen chinesischen Markt ein.

Die Corona-Pandemie, auf die Peking im Frühjahr wieder mit Lockdowns reagiert hatte, zieht das Geschäft dort noch immer in Mitleidenschaft. "Wir sind vorsichtig, was China und die Region betrifft", sagte Nike-Finanzchef Matthew Friend in der Nacht zum Mittwoch bei der Vorlage der Zahlen für das Geschäftsjahr 2021/22 (per Ende Mai). Die Textilhändler dort sitzen noch auf unverkauften Waren, andererseits bringt Nike die in Asien produzierten Produkte nicht rechtzeitig in die USA, weil auch die Häfen und die Schifffahrt unter Corona-Restriktionen leiden.

Friend warnte deshalb vor einem verstärkten Margendruck im neuen Geschäftsjahr. Die Fracht- und Produktionskosten stiegen, zugleich müsse Nike mehr Rabatte einräumen, wenn die Saisonware verspätet eintreffe. Die Lagerbestände erhöhten sich bis Ende Mai um 23 Prozent. Im ersten Quartal werde der Umsatz währungsbereinigt wohl stagnieren, für das Gesamtjahr rechnet Nike mit niedrigen zweistelligen Zuwachsraten. Zudem belaste der starke Dollar die Gewinnentwicklung. Die großen Sportartikelhersteller haben in China ohnehin seit längerem einen schweren Stand. In sozialen Medien wurde zum Boykott westlicher Marken aufgerufen, nachdem Kritik am Umgang mit der uigurischen Minderheit in der für die Textilindustrie wichtigen Region Xinjiang aufkam. Davon profitieren chinesische Hersteller wie Anta und Li Ning.

Die Aussichten belasteten die Nike-Aktie. Nachbörslich gab das Papier drei Prozent auf 107 Dollar nach, im Frankfurter Handel lag es am Dienstag ebenfalls drei Prozent unter Vortag. "Die Branche hat mit den Nachwirkungen der Pandemie stärker zu kämpfen als andere und dürfte dies auch noch auf absehbare Zeit tun müssen. Bis sich das Umfeld hier wieder positiv entwickelt, ist auch viel Geduld der Aktionäre gefragt", schrieb Anlagestratege Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets. Die deutschen Rivalen Adidas und Puma legten leicht zu, hinkten damit aber dem Markt hinterher. Adidas-Chef Kasper Rorsted hatte schon im Mai eingeräumt, dass China als Wachstumsmarkt vorerst ausfalle.

Nike bekam die Zurückhaltung der chinesischen Kundschaft im von März bis Mai laufenden vierten Quartal zu spüren, in dem der Umsatz währungsbereinigt nur noch um drei Prozent auf 12,2 Milliarden Dollar wuchs. Vor allem im Europa brummte das Geschäft. Die Bruttomarge ging auf 45,0 von 45,8 Prozent zurück, obwohl der US-Konzern mehr über Online-Kanäle verkaufte, wo die Margen höher sind als im Einzelhandel. Steigende Vertriebs- und Verwaltungskosten drückten den Gewinn um fünf Prozent auf 1,4 Milliarden Dollar. Das lag auch am endgültigen Rückzug aus Russland und der Umstellung des Geschäftsmodells in Südamerika, was insgesamt 150 Millionen Dollar verschlang. Im Gesamtjahr stand bei der unangefochtenen Nummer eins auf dem weltweiten Sportmarkt ein Umsatzplus von währungsbereinigt sechs Prozent auf 46,7 Milliarden Dollar zu Buche, der Gewinn legte um sechs Prozent auf 6,0 Milliarden Dollar zu.

(Bericht von Ananya Mariam Rajesh, Praveen Paramasivam und Alexander Hübner, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)