WOLFSBURG/HANNOVER/AACHEN (dpa-AFX) - Deutschlands Autobauer haben sich mit einem Schlag wieder mitten in den Abgasskandal katapultiert: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte die umstrittenen Diesel-Schadstofftests an Affen scharf - und forderte Aufklärung.

"Diese Tests an Affen oder sogar Menschen sind ethisch in keiner Weise zu rechtfertigen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Für VW -Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch sind die Versuche "in keinster Weise nachvollziehbar", Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil forderte umfassende Aufklärung.

Zuvor war der Verdacht aufgekommen, dass es im Abgasskandal Schadstofftests nicht nur mit Affen, sondern auch mit Menschen gegeben haben soll. Dies geht aus einem Report des Lobby-Instituts EUGT hervor, über den "Stuttgarter Zeitung" (Montag) und "Süddeutsche Zeitung" berichteten.

Das Aachener Klinikum stellte fest, es habe eine Stickstoffdioxid-Studie mit Tests an Menschen gegeben. Die habe aber nichts mit dem Abgasskandal zu tun. Stickstoffdioxid (NO2) ist der Schadstoff, dessen Messwerte von VW in den USA jahrelang manipuliert worden waren, um die gesetzlichen Grenzwerte für Dieselfahrzeuge offiziell einzuhalten.

Die Studie von 2013 - lange vor Bekanntwerden des VW-Dieselskandal - habe sich mit dem Stickstoffdioxidgrenzwert am Arbeitsplatz befasst, erklärte der zuständige Institutsleiter Thomas Kraus am Montag. In der Diskussion über eine Absenkung des Stickstoffdioxidgrenzwerts am Arbeitsplatz hätten Experten kritisiert, dass es zu wenig Erkenntnisse dazu gebe, teilte das Klinikum am Montag mit. Darum seien für die Studie 25 gesunde Menschen Belastungen ausgesetzt worden, die deutlich unter denen vieler Arbeitsplätze lägen.

Die von den Konzernen VW, Daimler und BMW gegründete Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor (EUGT) förderte den Angaben nach die Studie. Die Ethikkommission des Uni-Klinikums hatte die 2016 veröffentlichte Studie als vertretbar bewertet.

Die Zustimmung sei nachvollziehbar, wie der Sprecher des Uni-Klinikums Mathias Brandstädter meinte: Wenn Probanden einem Stoff unterhalb des Grenzwertes ausgesetzt werden, sei das per Definition nicht problematisch. Das seien Werte wie sie ein LKW-Fahrer oder ein Busfahrer jeden Tag erlebe. In einem modellhaften Versuch sei es durchaus statthaft, Menschen einmal einem solchen Einfluss auszusetzen.

Im Rahmen der Studie wurden die Probanden laut Klinikum für drei Stunden einer definierten Konzentration ausgesetzt und dann wurde gemessen, ob das Auswirkungen etwa auf Puls, Atmung Stoffwechsel oder Atemluft hat. "Nach dreistündiger Exposition konnten keine akuten Folgen festgestellt werden", sagte Brandstädter. Das lasse aber keine Aussage zu einer Wirkung nach Belastung über einen längeren Zeitraum zu.

Der Abgasskandal war im September 2015 ins Rollen gekommen. Damals hatte VW zugegeben, bei Millionen von Dieselfahrzeugen die Abgasreinigung manipuliert zu haben. Dies stürzte den Konzern in eine tiefe Krise, der Skandal kostete Milliarden. Die Neuzulassungen von Dieselmodellen sind seit Monaten auf Talfahrt./tst/DP/tos