(neu: Aussagen aus Zeitungsinterview zu Marktkapitalisierung, operativem Gewinn und Dividende.)

ZWINGENBERG (dpa-AFX) - Der Markt für Börsengänge bleibt in Fahrt. Als erstes Unternehmen in diesem Jahr kündigte am Dienstag die Biotechnologiefirma Brain aus Zwingenberg bei Darmstadt den Sprung aufs Parkett an. Die Aktien sollen künftig im Premiumsegment der Frankfurter Börse gehandelt werden. Mit dem Börsengang will das Unternehmen nach Angaben eines Sprechers einen "signifikanten" zweistelligen Millionenbetrag erlösen.

Vorstandschef Jürgen Eck will das derzeit defizitäre Unternehmen binnen zwei Jahren an die operative Gewinnschwelle führen, wie er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwoch) sagte. Der für die Unternehmensentwicklung zuständige Manager Martin Langer hält zudem ab dem Jahr 2020 die Ausschüttung einer Dividende für realistisch.

Das Geld aus dem Börsengang will Brain vor allem in die Erforschung und Vermarktung von Produkten stecken. Dazu gibt das Unternehmen in erster Linie neue Aktien aus, lediglich im Zuge einer möglichen Mehrzuteilung will ein Alteigentümer Kasse machen. Zehn Prozent der auszugebenden Aktien sollen an Privatanleger gehen.

Die Großaktionäre sollen laut Eck die Mehrheit an dem Unternehmen behalten. "Wir werden einen Streubesitz haben, der im Bereich 20 Prozent/plus liegt." Für den Marktwert des Unternehmens visiert er das Sieben- bis Achtfache des Jahresumsatzes an. "Unser Anspruch ist, dass wir ein ähnliches Umsatz-Multiple erreichen wie Novozymes oder Chr. Hansen, etwa sieben bis acht", zog er einen Vergleich mit anderen Unternehmen der Branche.

Zum konkreten Zeitplan für den Sprung aufs Börsenparkett hielt sich Brain bedeckt. Allerdings dürfte es mit der erfolgten offiziellen Ankündigung nun schnell gehen. Das Wertpapierprospekt soll Finanzkreisen zufolge in rund zwei Wochen veröffentlicht werden. Danach beginnt die Zeichnungsfrist, so dass die Erstnotiz bis Mitte Februar erfolgen könnte.

Brain entwickelt Industriematerialien auf biologischer Basis. Neben eigenen Produkten setzt das Unternehmen dabei auch auf Kooperationen vor allem mit Chemiekonzernen. Im Geschäftsjahr 2014/15 setzte Brain 25,7 Millionen Euro um nach 10,2 Millionen zwei Jahre zuvor. Dabei fiel ein operativer Verlust (Ebit) von 4,6 Millionen Euro an. Bis zum Geschäftsjahr 2017/18 will Eck beim Ebit die Gewinnschwelle erreichen - getrieben durch die Vermarktung neuer Produkte.

Bereits 2008 hatten die Südhessen Börsenpläne, mussten diese aber wegen der Finanzkrise abbrechen. Inzwischen hat sich der Markt für Börsengänge in Deutschland erholt. Im vergangenen Jahr hatten mit 24 Unternehmen so viele wie seit 2007 nicht mehr den Sprung aufs Parkett gewagt. Das Emissionsvolumen lag bei rund 7 Milliarden Euro, rund drei Milliarden mehr als noch 2014. In diesem Jahr stehen wieder einige Schwergewichte vor der Tür - so will der Energiekonzern RWE sein Ökostromgeschäft an die Börse bringen und die Deutsche Bank will die Postbank über die Börse loswerden.

Auch für die Deutsche Börse ist Brain wichtig. Es ist das erste Biotech-Unternehmen, das seit rund zehn Jahren wieder hierzulande an die Börse geht. Andere deutsche Vertreter der Branche wie die schwäbische Diagnostikfirma Curetis und der Alzheimer-Spezialist Probiodrug aus Halle an der Saale hatten im vergangenen Jahr als Börsenstandort die Euronext in Amsterdam vorgezogen. Der Heidelberger Krebsspezialist Affimed wählte die US-Technologiebörse Nasdaq. Sie versprachen sich davon mehr Anlegerinteresse und verwiesen auf die Risikoscheue der deutschen Investoren nach dem Platzen der Biotech-Blase kurz nach der Jahrtausendwende./enl/stw/jha/