Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die Übernahmen von deutschen Chip-Fertigungen durch chinesische Investoren nach Angaben von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wegen Sicherheitsbedenken untersagt. Dabei handelt es sich um die Übernahme der Chip-Produktion von Elmos Semiconductor durch eine schwedische Tochter chinesischer Investoren. Außerdem wurde eine zweite Übernahme von einem Drittstaat untersagt. Den Namen des Unternehmens wollte Habeck (Grüne) nicht nennen. Nach Medienberichten handelt es sich dabei um den Erwerb der in Bayern ansässigen Firma ERS Electronic durch einen chinesischen Investor.

Die Bundesregierung sieht chinesische Zukäufe im Bereich von Halbleiter- und Chip-Fertigung kritisch und daher hat man sich laut Habeck zu dem Schritt entschlossen. "Beide sind damit begründet, dass die Sicherheit der Ordnung in Deutschland gewahrt und geschützt werden muss und kritische Produktionsbereiche einer besonderen Schutznotwendigkeit unterliegen", erklärte Habeck nach der Kabinettsentscheidung.

Deutschland sei eine offene Marktwirtschaft und Investitionen auch aus dem nicht-europäischen Ausland seien gewollt und willkommen. "Aber eine offene Marktwirtschaft ist keine naive Marktwirtschaft", betonte Habeck. "China ist und soll auch ein Handelspartner bleiben. So sehr dürfen wir nicht naiv sein und müssen sehen, wenn Handels- und Marktinteressen machtpolitisch genutzt und möglicherweise gegen die Interessen der Bundesrepublik Deutschland genutzt werden." Daher müsse Deutschland seine eigenen Interessen schützen.


   Elmos will über weitere Schritte beraten 

Die Übernahme der Wafer-Fertigung von Elmos in Dortmund durch den schwedischen Konkurrenten Silex, Tochter des chinesischen Konzerns Sai Microelectronics, kann durch die Untersagung nicht vollzogen werden. Elmos war am Montag überraschend mit der erwarteten Untersagung durch die Bundesregierung an die Öffentlichkeit gegangen. Dabei hatte es bereits erklärt, dass nach Zugang solch eines Bescheids die beteiligten Parteien diesen eingehend prüfen und im Anschluss über die weiteren Schritte entscheiden würden.

Der zweite untersagte Fall unterliegt laut Habeck dem Geschäftsgeheimnis der betroffenen Firma. Laut Handelsblatt handelt es sich dabei um das weltweit tätige Unternehmen ERS Electronic, das nach eigenen Angaben in der Halbleiteranlagenindustrie Wegbereiter für das thermische Testen von Wafern und die AirCool-Technologie zum Kühlen ohne Flüssigkeit ist. Es hat Vertretungen in China und den USA.


   Arbeit an neuer China-Strategie 

Laut Wirtschaftsministerium erarbeitet die Bundesregierung aktuell eine neue China-Strategie, bei der es nicht um eine völlige Loslösung von China, sondern um die Reduzierung von einseitigen Abhängigkeiten geht. Auch wolle Deutschland unabhängiger werden, den Technologieabfluss bei Schlüsseltechnologien verhindern und zugleich Infrastruktur und eigene Produktionskapazitäten vor Gefahren schützen sowie die Diversifizierung konkret vorantreiben.

Habeck betonte, man sehe angesichts der jüngsten Übernahmegesuche ein bewusstes strategisches Vorgehen gerade im Bereich von Halbleitern und Mikrochip-Fertigung, um Wissen abzuziehen und Produktionsbeherrschung auszuüben. "Daher ist es zwingend geboten, das gesamte Bild zu sehen. Und das gesamte Bild heißt, dass wir unsere kritische Infrastruktur in verschiedenen Produktionsbereichen besser schützen müssen", sagte Habeck.

Möglich sei etwa, dass man im Bereich der Investitions- oder Exportgarantien aktiv werde, um so die Diversifizierung der deutschen und der europäischen Wirtschaft voranzutreiben und die Abhängigkeit in bestimmten kritischen Sektoren zu reduzieren, wie der Minister erklärte. Auf Grundlage des deutschen Außenwirtschaftsgesetzes läuft aktuell eine mittlere zweistellige Zahl an Investitionsprüfverfahren. Insgesamt 17 davon betreffen laut Ministerium beabsichtigte chinesische Beteiligungen an deutschen Unternehmen.

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November 09, 2022 07:30 ET (12:30 GMT)