Von Carol Ryan

ARTEIXO (Dow Jones)--Während sich viele Menschen jetzt neu einkleiden, um sich wieder für die Arbeit im Büro oder den Restaurantbesuch zu rüsten, bleiben die Bestände der Fast-Fashion-Läden in den Regalen liegen. Dieses Verhalten könnte der Angst vor neuen Lockdowns entspringen. Es könnte aber auch damit zusammenhängen, dass Verbraucher beginnen, dem ökologischen Fußabdruck der Bekleidungsindustrie mehr Aufmerksamkeit zu widmen.

Am Mittwoch teilte das Textilunternehmen Inditex als Eigentümerin der Modekette Zara mit, dass der Umsatz im Quartal bis Juli bei konstanten Wechselkursen um 51 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum und sogar um sieben Prozent gegenüber dem gleichen Quartal 2019 gestiegen ist. Auch in anderer Hinsicht steht das Unternehmen besser da als vor der Krise. Die Lagerbestände sind niedriger als 2019, und die Nettoliquidität ist mit 8 Milliarden Euro höher.

Der Vorstand erwartet, dass der E-Commerce in diesem Geschäftsjahr 25 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachen wird, verglichen mit 14 Prozent vor der Pandemie. Vor diesem Hintergrund hat das Unternehmen die Gesamtzahl seiner stationären Läden in den letzten zwölf Monaten um neun Prozent ausgedünnt.


   Bessere Mode aktuell mehr gefragt 

Die Nachfrage nach den Modemarken von Inditex, darunter Zara, Massimo Dutti und Bershka, dürfte deshalb so stark sein, weil die Verbraucher den lockeren Look, den sie während der Schließungen zu Hause angelegt hatten, abstreifen und ihre Garderobe ergänzen. Anders als einige der Konkurrenten verkauft Zara neben trendiger Mode auch einen vergleichsweise hohen Anteil an passenden Outfits fürs Büro. Die eher legere schwedische Kette H&M gab am Mittwoch hingegen enttäuschende Umsatzzahlen bekannt.

Trotz der vollständigen Erholung von Inditex liegt der Aktienkurs immer noch sechs Prozent unter dem Niveau der dritten Februarwoche 2020. Das war kurz bevor die Aktien weltweit abstürzten. Andere europäische Titel des hochwertigen Konsums haben sich besser geschlagen. Die Analysten von Jefferies haben ausgerechnet, dass Inditex, gemessen an den prognostizierten Gewinnen, ganze 30 Prozent billiger gehandelt wird, als eine Gruppe von Unternehmen, bestehend aus L'Oréal, dem Gucci-Eigentümer Kering, Moncler und Burberry. Im Durchschnitt lag der Abschlag von Inditex seit 2018 bei 16 Prozent. Im Jahrzehnt zuvor gab es noch eine Prämie obendrauf.


   Bedrohung der Lieferketten hält sich in Grenzen 

Nichts in den Ergebnissen des Unternehmens erklärt die wachsende Kluft. Vielleicht machen sich Anleger auch nur Sorgen, dass preiswertere Bekleidungshändler mit massenhaft Filialen weltweit und komplexen Lieferketten anfälliger für neue Schließungen sind als teurere Marken. Doch dieses Risiko stellt sich bei Inditex augenscheinlich weniger als bei anderen Modeketten. Das Unternehmen lässt einen Großteil der Kleidung innerhalb Europas sowie in angrenzenden Ländern und weniger in Asien produzieren.

Das offensichtliche Nachlassen der Attraktivität von Inditex an der Börse ist umso bedeutsamer, als dies darauf hinweisen könnte, dass die Anleger neue Risiken für die Anbieter von Billigkleidung sehen. Die Auswirkungen des Fast-Fashion-Geschäfts auf die Umwelt werden von Aktienanalysten kritisch hinterfragt, obwohl es keine Anzeichen dafür gibt, dass die Kunden deshalb weniger kaufen.

Was auch immer die Erklärung sein mag, Inditex fällt es momentan leichter, die Kunden zu beeindrucken als die Anleger.

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September 16, 2021 04:14 ET (08:14 GMT)