Frankfurt/Brüssel (Reuters) - Die Lufthansa kann mit Zustimmung der EU-Kommission die italienische staatliche Fluglinie ITA Airways übernehmen.

Die EU-Wettbewerbsaufsicht gab am Mittwoch nach rund einem Jahr Verhandlungen grünes Licht für den Einstieg der Lufthansa bei der Alitalia-Nachfolgerin mit zunächst 41 Prozent. Der Airline gehe es derzeit zwar gut, doch ihr dauerhaftes Bestehen als unabhängige Fluglinie sei ohne die Transaktion "höchst ungewiss", erklärte die EU. "In einer Zeit, in der die Verbraucher mit immer höheren Preisen für Flugreisen konfrontiert sind, ist es sehr wichtig, den Wettbewerb in diesem Sektor zu erhalten", sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Die EU müsse verhindern, dass Passagiere am Ende mehr bezahlten oder weniger Angebot hätten. Von der Lufthansa und der italienischen Regierung vorgeschlagene Auflagen stellten den Wettbewerb auf allen relevanten Strecken sicher.

Die Lufthansa erreicht damit nach mehreren Anläufen das Ziel, in Italien - ihrem zweitwichtigsten Markt nach den USA - zu wachsen. ITA, vor vier Jahren saniert und geschrumpft aus der chronisch defizitären Staatsairline Alitalia hervorgegangen, soll als siebte Airline-Tochter außerhalb Deutschlands vom großen Netzwerk der Lufthansa profitieren. Die Lufthansa hatte mit der italienischen Regierung Ende Mai 2023 den Kauf von zunächst 41 Prozent an ITA für 325 Millionen Euro vereinbart. Zudem wurden Optionen für eine vollständige Übernahme zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt. Die Airline hat eine Flotte von 96, in leuchtendem Blau gestrichenen Flugzeuge und rund 4800 Beschäftigte. Sie wird die siebte Marke der Lufthansa-Gruppe außerhalb Deutschlands - neben den Netzwerk-Airlines Austrian Airlines, Brussels Airlines und Swiss sowie Air Dolomiti in Italien und den Ferienfliegern Edelweiss und Sunexpress.

AUFLAGEN UND KONTROLLEN

Der Entscheidung der EU-Wettbewerbsbehörde war ein langes Tauziehen zwischen den Fachleuten der Kommission und der italienischen Regierung sowie der Lufthansa vorausgegangen. EU-Kommissarin Vestager hatte große Bedenken, der Zusammenschluss könnte für die Verbraucher von Nachteil sein wegen zu großer Marktmacht auf bestimmten Strecken in Europa und auf der Langstrecke zu Zielen in den USA und Kanada.

Das soll jetzt durch Auflagen für Lufthansa und ITA vermieden werden - unter anderem durch die Abgabe von Start- und Landerechten am Flughafen Mailand für Direktflüge in Europa. Lufthansa und die italienische Regierung verpflichteten sich, ein oder zwei Konkurrenten die Mittel für ein Angebot von Direktflügen ab Mailand oder Rom zur Verfügung zu stellen. Auch für Transatlantikflüge müssen Lufthansa und ITA mit Rivalen kooperieren, damit diese Alternativen anbieten können. ITA kann erst zur Lufthansa-Gruppe stoßen, wenn die EU-Kommission die Abnehmer von Slots und Routen oder die Kooperationspartner genehmigt hat. Im Fall der Europaflüge sind das Insidern zufolge die Billigflieger Easyjet aus Großbritannien und Volotea aus Spanien. Ein unabhängiger Aufseher soll die Umsetzung der Auflagen überwachen. Die EU will so verhindern, dass wie in früheren Fällen - etwa bei der Übernahme von Brussels Airlines durch die Lufthansa - Slots zwar freigegeben, von Rivalen aber mangels Wirtschaftlichkeit nicht genutzt werden.

ITA soll als Teil der Lufthansa Group profitabel arbeiten und wachsen können. Vorteile für die Lufthansa sind ein größeres Angebot an Langstreckenflügen nach Afrika oder Südamerika sowie mehr Zubringerflüge zu den Drehkreuzen Frankfurt, Zürich, Brüssel oder Wien. Analysten sahen den geplanten Deal kritisch, weil das Risiko besteht, dass ITA ein Verlustbringer bleibt.

(Bericht von Foo Yun Chee und Ilona Wissenbach, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com)