Von Carol Ryan

NEW YORK (Dow Jones)--Gebrauchte Plastikflaschen haben einen notorischen Ruf. Sie sind bekannt dafür, die Weltmeere zu verschmutzen. Zugleich sind sie aber überraschend knapp, da die Verbrauchermarken um die Einhaltung von Recyclingzielen konkurrieren.

Daten von S&P Global Platts zufolge haben sich die Spotpreise für sogenannte recycelte PET-Flakes, die aus Plastikflaschenabfällen hergestellt werden, in Europa seit Anfang des Jahres fast verdoppelt. Auch in den USA, wo die Umweltvorschriften für Verpackungen weniger streng sind, legten die Preise deutlich zu, allerdings nicht so stark. Nach Angaben der National Association for PET Container Resources (Napcor) sind die Kosten für recyceltes PET in Lebensmittelqualität von 0,64 US-Dollar vor der Pandemie auf inzwischen 1 Dollar pro Pfund emporgeschossen.


   Großkonzerne setzen sich ehrgeizige Ziele 

Grund für diesen Anstieg ist die sprunghaft hochkatapultierte Nachfrage nach recyceltem Kunststoff von Haushaltsmarken, die sich freiwillige Ziele gesetzt haben, um die Menge an ölintensivem Neuplastik zu reduzieren, das sie für ihre Verpackungen verwenden. Nestlé, der größte Lebensmittelkonzern der Welt, will bis 2025 die Verwendung von Neukunststoff um ein Drittel reduzieren. Coca-Cola möchte bis zum Ende des Jahrzehnts mindestens 50 Prozent recyceltes Material verwenden.

Sie stehen in einem harten Wettbewerb um Ressourcen mit anderen Branchen. Plastikflaschen werden schon seit Jahren zu Produkten wie Teppichen und Essenskartons recycelt. Jetzt wetteifern auch Bekleidungsmarken um sie. Die Modeindustrie hat noch nicht herausgefunden, wie sie Kleidungsstücke auf Kunststoffbasis, wie zum Beispiel Polyester, in großem Umfang zu neuer Kleidung recyceln kann, und ist daher auf die Flaschenabfälle der Softdrink-Giganten angewiesen. Nur so kann sie Stoffe herstellen, die sie für neue nachhaltige Bekleidungskollektionen benötigt.


   Umweltpolitiker machen Druck 

Die Verschärfung der Umweltgesetze bedeutet, dass sich die Krise wahrscheinlich noch zuspitzt. Bis 2025 müssen Unternehmen in der EU bei neuen PET-Getränkeflaschen einen Recyclinganteil von 25 Prozent verwenden, und auch für andere Verpackungsarten sollen Mindestquoten festgelegt werden. Nach Angaben von KPMG bestehen nur etwa 5 Prozent der Verpackungen in Europa aus recycelten Materialien. In den USA haben Kalifornien und der Bundesstaat Washington verbindliche Quoten für den Anteil an recyceltem Material für bestimmte Arten von Kunststoffverpackungen eingeführt. Recyceltes PET wurde vor etwa 18 Monaten teurer als neues PET und wird nun mit einem Preisaufschlag von 20 Prozent gehandelt, da die Nachfrage steigt, so Napcor.

Für US-Verbrauchermarken könnte es besonders schwierig sein, ihre Ziele zu erreichen. Die für die Sammlung von Kunststoffabfällen erforderliche Infrastruktur ist in den USA weniger entwickelt, wo die Recyclingquote für PET-Flaschen im Durchschnitt bei etwa 30 Prozent liegt. In Europa sind es laut einer Schätzung der Independent Commodity Intelligence Services 64 Prozent. Um diese Quoten zu verbessern, sind umfangreiche Investitionen in Haushaltssammelstellen und Recyclinganlagen erforderlich.


   Den Unternehmen geht recycelter Kunststoff aus 

Große Kunststoffhersteller könnten von höheren Preisen profitieren, müssen aber auch recycelte Produkte anbieten, um die geringere Nachfrage nach neuem Material in Zukunft auszugleichen. Indorama Ventures, der weltweit größte Hersteller von PET, will bis 2025 jährlich 50 Milliarden PET-Flaschen recyceln. Die Aktien des in Bangkok ansässigen Unternehmens sind in den vergangenen zwölf Monaten um 70 Prozent hochgeschossen. Es bahnt sich ein teurer Kampf um die knappen Vorräte an recyceltem Kunststoff an. Die großen Unternehmen, die sich daran beteiligen, versuchen vor allem, ihren CO2-Fußabdruck zu verkleinern, aber ein zusätzlicher Umweltnutzen könnte in saubereren Ozeanen bestehen.

Kontakt zur Autorin: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/DJN/axw/sha

(END) Dow Jones Newswires

November 09, 2021 09:13 ET (14:13 GMT)