Von Dan Gallagher

NEW YORK (Dow Jones)--Autos brauchen heutzutage eine Menge Chips. Für die Halbleiterproduzenten ist das ein Segen - und schwierig zugleich. Die Branche steckt schon seit mehr als einem Jahr in einem historischen Tief. Der Branchenverband SIA meldete vergangene Woche, dass der globale Chip-Absatz im September um 4,5 Prozent zum Vorjahr gefallen ist. Es war der vierzehnte Rückgang in Folge - eine solche Negativserie hatte es seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr gegeben. Zurückzuführen war das auf schwächere Verkäufe von PCs, Smartphones und anderen Elektronikprodukten, die sich zu Beginn der Pandemie einer regen Nachfrage erfreut hatten.

Die Autobranche stellte sich als bemerkenswerte Ausnahme heraus. Die von Produktionsengpässen gebeutelten Autobauer wollten ihre Bestellungen für Chips nicht reduzieren, sondern bauten stattdessen Lagerbestände dieser Komponenten auf, die besonders wertvoll sind in Zeiten, in denen immer mehr Autos Funktionen haben wie Fahrassistenten, Navigation und anspruchsvolle Infotainment-Systeme. Für diese werden immer mehr Chips benötigt.

Elektroautos, die ihren eigenen zusätzlichen Halbleiterbedarf haben, haben ihren Marktanteil zudem erhöht. Die Chip-Verkäufe an die Autoindustrie stiegen 2022 laut SIA-Daten um 16 Prozent, während zeitgleich der Absatz von Halbleitern für Anwendungen wie PCs, Datenspeicher und Unterhaltungselektronik um 8 Prozent sank.


   Chipkonzerne an Abbau der Lagerbestände interessiert 

Aber die Autohersteller können ihre Lagerbestände nicht ohne Ende aufstocken. Zudem achten die Lieferanten angesichts der nachlassenden Nachfrage in einst boomenden Segmenten wie den Elektroautos verstärkt auf ihre Bilanzen. Das zeigte sich in den Quartalsergebnissen von NXP Semiconductors. Der Konzern, einer der größten Chip-Lieferanten für die Autoindustrie, wies für das dritte Quartal mit einem Plus von weniger als 5 Prozent das langsamste Wachstum im Automotive-Segment seit drei Jahren aus. Das Unternehmen stellt für das vierte Quartal ein Segmentwachstum im mittleren einstelligen Prozentbereich in Aussicht. Das würde fürs Jahr ein Wachstum von 9 Prozent bedeuten nach 25 Prozent im Vorjahr.

Die NXP-Aktie stieg am Dienstag nach den Zahlen dennoch. Analysten hatten die Verlangsamung im Automotive-Segment bereits erwartet. CEO Kurt Sievers sagte zudem, dass der Konzern mit Absicht weniger ausliefert als die Nachfrage hergäbe, um das Risiko eines Aufblähens der Lagerbestände zu vermindern. Er gehe davon aus, dass die Autobranche ihre Lagerbestände bis zur zweiten Jahreshälfte 2024 wieder reduziert haben wird.

Diese Aussichten könnten jene Anleger von stark auf die Autoindustrie ausgerichteten Halbleiter-Aktien ermutigen, die bisher vorsichtig agiert haben. Aktien großer Lieferanten wie NXP, Infineon, Texas Instruments, Microchip und STMicroelectronics liegen auf Jahressicht schwächer als der PHLX Semiconductor Index.

Auch einige auf bestimmte, stark gefragte Komponenten ausgerichtete Lieferanten werden nicht verschont. Die Aktie von OnSemi, Lieferant von Siliziumkarbid-Halbleiterprodukten für Elektroautos, brach vergangene Woche um 20 Prozent ein, nachdem das Unternehmen berichtete hatte, dass Automobilkunden mit Langzeitverträgen keine Chips mehr annehmen wollten.


   Zusammenarbeit wichtig 

Solche Deals sind nicht aber nicht so in Stein gemeißelt wie es den Anschein hat. Sievers sagte, dass NXP mit Kunden an der Reduzierung ihrer Lager arbeite statt "blind" langfristige Liefervereinbarungen durchzudrücken. Ähnliche Aussagen kamen von Globalfoundries. Der Konzern hat dieses Jahr rund 13 Prozent seines Umsatzes mit Automobil-Chips gemacht. CEO Tom Caulfield sagte, er wolle eine Verlängerung der Lagerbestandskorrekturen vermeiden, indem er mit Kunden arbeite, die langfristige Vereinbarungen haben.

In der Automobilbranche könnte es lange dauern, um einen Haufen unverkaufter Chips wegzuräumen.

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November 09, 2023 08:47 ET (13:47 GMT)