Diese Transaktion war für RBI Group Communications ein willkommener Anlass, um mit Nicola Tanaskovic, Leiterin des Bereichs Nachhaltigkeit, und Melanie Asghar, Head of Creditor Relations, in der REWE-Zentralfi nanz eG (eingetragene Genossenschaft!) in Köln über Nachhaltigkeit im Lebensmittelhandel zu sprechen. Über 'Responsible Shopping', grüne Produkte und das Kaufverhalten im Zeichen der Pandemie und in der Zukunft.

Und damit vielleicht etwas Aufklärung zu leisten, denn mit unseren täglichen Einkäufen und mit der Art, diese zu erledigen, hinterlassen wir einen Fußabdruck, den wir steuern und ohne großen Aufwand reduzieren können.

Frau Asghar, unsere Kolleginnen und Kollegen im Relationship Management sind sehr stolz darüber, REWE bei der ersten nachhaltigen Kreditlinie begleitet haben zu dürfen. Sind Sie auch stolz über diesen Schritt?

Das sind wir, und zwar gleich zweifach. Einerseits binden wir zum ersten Mal eine Kreditlinie an Nachhaltigkeitsfaktoren wie Arbeitsstandards und -bedingungen, Minimalisierungsstrategie der Umweltfolgen über den Lebenszyklus der Produkte, Klimaschutz und einige mehr. Und außerdem sind wir sehr stolz darauf, dass wir aus dem Stand heraus einen Prime-Status im ESG-Rating erreichen konnten. Wir befinden uns damit unter den besten Unternehmen unserer Branche, was nicht zuletzt unser mittlerweile jahrzehntelanges Engagement für Nachhaltigkeit reflektiert.

Frau Tanaskovic, würden Sie uns bitte einen kurzen Überblick über dieses Engagement geben?

Wir waren als Genossenschaft mit unseren selbstständigen Kaufleuten schon seit jeher in Nachhaltigkeitsprojekten unterwegs und haben das Thema vor 13 Jahren auf eine strategische Ebene gehoben. Wir haben die Themen gebündelt und arbeiten seit damals in vier Säulen: Grüne Produkte, Energie, Klima und Umwelt, Mitarbeiter sowie gesellschaftliches Engagement. Die wichtigste Säule dabei ist die Säule 'Grüne Produkte', weil wir damit den größten Impact erzielen können.

Was muss ein Produkt 'können', um grün, also nachhaltig zu sein?

Das kann man nicht pauschal sagen. Wenn wir Produkte identifiziert haben, die wir nachhaltiger gestalten wollen, dann screenen wir deren Wertschöpfungskette nach 'Hot Spots'. Häufig gibt es nicht nur einen Faktor, der ein Produkt nachhaltiger macht. Deshalb schauen wir uns immer soziale und ökologische Aspekte an, und bei tierischen Produkten natürlich auch das Tierwohl. Wenn ein Eigenmarkenprodukt 'nachhaltiger' ist, kennzeichnen wir es gemeinsam mit unserem Nachhaltigkeitsbeirat mit dem PRO PLANET-Label. Das soll unseren Kundinnen und Kunden Orientierung beim nachhaltigen Einkaufen geben.

Also kann man sagen, dass ein Bioprodukt leichter zu klassifizieren ist als ein nachhaltiges?

Ja, das stimmt. Vereinfacht gesagt: Jedes Bioprodukt ist auch grün, aber nicht jedes nachhaltige Produkt ist auch bio.

Sticht Regionalität bio? Ist es 'grüner', ein regionales 'normales' Produkt zu kaufen oder eines aus biologischer Produktion mit langem Lieferweg?

Auch das kann man nicht über einen Kamm scheren. Um das beurteilen zu können, bräuchte man für jede einzelne Ware eine Ökobilanz. Um ein Gesamtbild zu haben, müsste man dann noch soziale Aspekte berücksichtigen. Was wir von unseren Konsumentinnen und Konsumenten hören: dass die Regionalität häufig die höchste Priorität im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit hat. Ein regionales konventionelles Produkt ist aber nicht immer nachhaltiger.

Hat die Pandemie absehbare oder vermutlich langfristige Auswirkungen auf das Kaufverhalten Ihrer Kundinnen und Kunden?

Wir können schon seit Jahren sehr deutlich sehen, dass das Thema 'Nachhaltigkeit' an Bedeutung gewinnt. Da hat uns die Pandemie sogar noch etwas Rückenwind verschafft, weil die Leute zum Teil bewusster konsumieren, und das gilt es zu nutzen. Wir hatten am Anfang der Pandemie Sorgen, dass die Leute unverpacktes Obst und Gemüse aus Hygienegründen meiden würden. Das hätte unsere gerade angelaufene Initiative, national unverpacktes Bio-Obst und -Gemüse anzubieten, konterkariert. Aber genau das Gegenteil ist geschehen, und das ist natürlich eine sehr positive und ermutigende Entwicklung.

Ohne eine allgemein gültige Antwort zu erwarten: Wie würden Sie Online-Käufe im Vergleich zum Einkauf im Supermarkt (unter Zuhilfenahme des Autos) in Bezug auf den Umwelteinfluss bewerten?

Dazu gibt es einige Studien, die natürlich auf klar definierten Annahmen fußen. Wenn man ein Szenario annimmt, in dem der Lieferwagen die Ware zur Kundschaft bringt, die andernfalls alle separat mit dem Auto in den Markt kämen, sieht die Sache natürlich anders aus, als wenn man passionierte Fußgängerinnen oder Radfahrer beliefert. Wir versuchen aber, die Ökobilanz für den Lieferverkehr zu verbessern, indem wir zunehmend mit Elektrofahrzeugen oder sogar Lastenrädern zustellen. Wir testen diesbezüglich gerade einige Optionen.

Wenn wir die vergangenen zehn Jahre betrachten: Sehen Sie Verhaltensänderungen der Konsumierenden, was den Faktor Nachhaltigkeit betrifft?

Ganz klar ja. Nachhaltige Produkte werden viel häufiger nachgefragt. Das wird durch die gesellschaftspolitische Diskussion und die Gesetzgebung unterstützt. Tierwohl, Klima und Verpackung sind in diesem Zusammenhang die drei wichtigsten Themen, die von den Endverbraucherinnen und Endverbrauchern an uns herangetragen werden.

Zum Thema Verpackung fällt uns Glas gegenüber Kunststoff ein, das ist seit Jahren ein Dauerbrenner, und es gibt wohl keine 'one fits all'-Lösung dafür. Was ist Ihre Meinung dazu?

Sie haben recht, auch hier muss man sich die Produkte einzeln anschauen. Und das machen wir bei den Verpackungen unserer Eigenmarken anhand einer Checkliste, um im Endeffekt über das gesamte Sortiment hinweg nachhaltiger zu werden. Wir optimieren nach der Hierarchie 'vermeiden-verringern-verbessern'. Bis 2025 wollen wir so um ein Fünftel weniger Kunststoff verwenden, und wir fokussieren natürlich stark auf die Recyclingfähigkeit der Produkte. Gleichzeitig testen wir unterschiedliche Mehrweglösungen. Wir sind vom Prinzip 'Mehrweg' überzeugt, aber es muss vernünftig abzuwickeln sein. Aktuell testen wir beispielsweise eine Mehrweg-Salatschale, die bei uns im Markt, aber auch in Kölner Restaurants retourniert werden kann. Die ersten Ergebnisse sind sehr vielversprechend.

Kann es sein, dass durch das Weglassen von Verpackung manchmal das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird? Wenn man da an in Folie verpackte Gurken denkt: Verbraucht zwar Plastik, aber dadurch halten die Gurken auch länger - ein Thema, über das wir auch schon in unserem 'Wrap up Verpackungsindustrie' gesprochen haben.

Das ist tatsächlich die häufigste Frage zum Thema Nachhaltigkeit. Ganz besonders stark reagieren die Leute auf die vermeintliche Dissonanz zwischen verpackten Biogurken - die aufgrund der niedrigeren Umschlagshäufigkeit länger im Regal liegen und dabei frisch bleiben müssen - und konventionellen unverpackten Gurken. Wir haben uns nach eingehender Analyse dazu entschieden, beide Varianten unverpackt anzubieten. Das hat zwar ein paar logistischer Adaptionen bedurft, aber mittlerweile funktioniert es einwandfrei. Das wird dadurch belegt, dass wir kaum Reklamationen bekommen und nicht signifikant mehr Ausschuss haben.

Eines muss man aber auch sagen: Wir sparen zwar damit Verpackungsmaterial, aber das ist natürlich nicht unser aktuell größtes Problem. Im Endeffekt war dieses Thema ein derartiger Glaubenssatz bei Endverbraucherinnen und -verbrauchern, dass wir uns dem nicht widersetzen wollten. Gleichzeitig sind wir überzeugt, dass solche Schritte notwendig sind, um unsere Kundschaft an das Thema Nachhaltigkeit heranzuführen.

Zur Nachhaltigkeit gehört auch die Lebensmittelverschwendung. Das beginnt bei jedem und jeder von uns zu Hause, und da oft schon beim Zusammenstellen der Einkaufsliste, deren Umfang leider oft der Grundstein für später verdorbene Lebensmittel ist. Aber auch der Handel entsorgt täglich große Mengen an Lebensmitteln, die an sich noch völlig in Ordnung wären. Wie geht REWE mit dem Thema um?

Vorweg: Als Händler wollen wir naturgemäß die größtmögliche Menge an Produkten verkaufen und den geringstmöglichen Warenverlust verzeichnen. Wir haben kein Interesse, etwas wegzuwerfen und machen alles, um derartige Verluste zu minimieren. Automatisierte Bestellverfahren, Prognosesysteme, bedarfsgerechte Versorgung der Märkte…

Und was wir am Ende tatsächlich nicht verkaufen, geben wir, sofern es bedenkenlos verzehrt werden kann, an die Tafeln. Mit denen kooperieren wir bei REWE seit 25 Jahren, und gemeinsam arbeiten wir kontinuierlich an der Optimierung der Verteilung. In Deutschland gibt es 950 Tafelinitiativen, die Lebensmittel in erster Linie bei Supermärkten sammeln. Die Tafeln haben eine sehr gut organisierte Struktur, und wir tun unser Bestes, um unsere Märkte mit den lokalen Initiativen zusammenzubringen und sie mit Lebensmitteln zu versorgen. Wir leben hier eine große strategische Kooperation und treiben das Thema in Deutschland voran: Wir liefern die Lebensmittel, die Tafeln verteilen diese über ihre Ausgabestellen an Bedürftige.

Klar ist aber auch, dass der Handel dieses Thema nicht allein lösen kann, auch unsere Kundinnen und Kunden können mitmachen. Wir kommunizieren daher sehr intensiv zu dem Thema, insbesondere bei unserem Discounter PENNY, zum Beispiel mit Resterezepten oder mit Tipps zum Einräumen des Kühlschranks. Oder mit dem Hinweis, dass man auch nach dem Mindesthaltbarkeitsdatum zuerst die Verzehrfähigkeit überprüfen kann, anstatt das Produkt einfach wegzuwerfen.

Wie geht eine Nachhaltigkeitsmanagerin einkaufen?

Ich habe drei Faustregeln: 'vegetarisch', 'bio' und 'saisonal'.

Um abschließend noch einmal zum grünen Kredit zurückzukommen, Frau Asghar. Welchen Impact auf Ihre Nachhaltigkeitsstrategie erwarten Sie sich von derartigen Finanzinstrumenten und welche Auswirkungen haben die eingangs erwähnten Parameter auf die Konditionen des Kredits?

Was die Konditionen betrifft, so hängen diese direkt an unserem ESG-Rating und verbessern oder verschlechtern sich mit diesem. Womit sich ein klarer Anreiz ergibt, unsere Nachhaltigkeitsstrategie konsequent weiterzuentwickeln. ESG-Finance ist aus unserer Sicht jedenfalls ein Trend, der nicht so bald enden wird, und das zu Recht. Und wir wollen unsere Vorreiterrolle im Bereich Nachhaltigkeit, die wir seit vielen Jahren innehaben, auch auf den Finanzbereich ausdehnen.

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Raiffeisen Bank International AG published this content on 24 August 2021 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 24 August 2021 06:13:03 UTC.