Brüssel/Rom (awp/sda/dpa) - Erst krachte es zwischen Berlin und Rom, jetzt wird der Ton zwischen Brüssel und der italienischen Regierung rauer. Italien soll der EU-Kommission rasch Auskunft zu Abgas-Vorwürfen gegen Fiat geben - sonst droht Ärger mit Brüssel.

Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska nannte in der "Welt am Sonntag" eine Vier-Wochen-Frist: "Die Deadline für Fiat läuft Ende Februar ab. Erhalten wir bis dahin keine zufriedenstellende Antwort auf die Vorwürfe der deutschen Behörden, dann werden wir vermutlich mit einem Vertragsverletzungsverfahren voranschreiten."

Kontrolleure in Deutschland vermuten, dass bei Fiat wie bei VW eine unzulässige Software zum Fälschen von Abgaswerten eingesetzt worden sein könnte. Der Autobauer verneint das. Die deutsche Regierung beruft sich auf Daten des Kraftfahrt-Bundesamtes. Die EU-Kommission agiert auf Bitte Berlins als Vermittler. Sie wirkt seit geraumer Zeit auf Italien ein, zu prüfen, ob Abgaswerte womöglich manipuliert wurden.

"Je länger uns die italienischen Behörden Antworten schuldig bleiben, desto misstrauischer werde ich", sagte Bienkowska. Zuletzt hatte auch das US-Umweltamt EPA den Verdacht geäussert, dass Fiat Chrysler (FCA) bei rund 100'000 Dieselwagen Emissionswerte von Stickoxiden gefälscht haben könnte. FCA-Chef Sergio Marchionne hatte dies jedoch scharf zurückgewiesen. Noch gibt es keine Beweise gegen den Konzern.

Die EU-Kommission hatte unlängst bereits ein Verfahren wegen möglicher Verletzung von EU-Recht gegen Deutschland eingeleitet. Die Brüsseler Behörde wirft der deutschen Regierung Versäumnisse vor. Zudem habe Deutschland VW nicht für die Manipulation von Schadstoffwerten bei Dieselautos bestraft. Die Regierung bestreitet den Vorwurf.

Umweltverbände hatten auch den deutschen Verkehrsminister Alexander Dobrindt für dessen angeblich zu zögerliches Verhalten in der Abgaskrise kritisiert. "Natürlich kann ich verstehen, wenn man in einem Wahljahr keine Strafen gegen den grössten Autohersteller erlassen will", sagte die EU-Industriekommissarin. "Aber wenn wir die Situation nicht vernünftig abschliessen, können wir auch nicht voranschreiten."

Bienkowska bemängelte, dass sich einige EU-Staaten gegen einen Umbau des Auto-Zulassungswesens sperren. "Der Streit zwischen Deutschland und Italien über den Umgang mit Fiat zeigt, dass eine Reform dringend nötig ist", sagte sie. "Ich verliere langsam die Geduld."

Sie erneuerte ihre Forderung an VW, nicht nur für US-Konsumenten, sondern auch für Autofahrer in der EU Wiedergutmachung zu leisten: "Ich hoffe, dass Volkswagen einen Weg findet, die europäischen Kunden auf freiwilliger Basis zu entschädigen." In den Vereinigten Staaten hat der Konzern eine Milliardenpaket nach langen Verhandlungen dazu geschnürt. Für Europa gibt es kein vergleichbares Angebot.