Frankfurt (Reuters) - Die Anleger an den europäischen Aktienmärkten haben sich vor der Zinssitzung der US-Notenbank vorsichtig optimistisch gezeigt. Der Dax tastete sich am Dienstag um 0,4 Prozent auf bis zu 17.998 Punkte vor und damit wieder nah an die 18.000er-Marke heran, die der deutsche Leitindex in der vergangenen Woche erstmals übersprungen hatte.

Der EuroStoxx50 zog in der Spitze um 0,3 Prozent auf 4999,65 Zähler an.

Auch wenn es am Markt als ausgemacht gilt, dass die Federal Reserve die Zinsen am Mittwoch weiter auf dem hohen Niveau belassen wird, sieht Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners die Notenbank-Sitzung als richtungsweisend an: "Denn Fed-Präsident Jerome Powell wird kaum darum herumkommen, konkrete Hinweise zu geben, ob eine Zinssenkung im Juni wahrscheinlich ist." Die zuletzt überraschend hartnäckige Inflation hatte in den USA die Erwartungen an eine rasche Zinswende gedämpft.

ENDE DER ÄRA NEGATIVER ZINSEN IN JAPAN

Dagegen vollzog Japans Notenbank eine Kehrtwende, allerdings in die entgegengesetzte Richtung: Erstmals seit 17 Jahren erhöhte die Bank of Japan (BoJ) am Dienstag den Leitzins und beendete damit zugleich die Negativzinspolitik. Sie vollzieht damit als letzte große Zentralbank weltweit die Zinswende nach oben, während die Fed in den USA und die Europäische Zentralbank (EZB) nach den teils aggressiven Erhöhungen im laufenden Jahr bereits wieder eine erste Senkung anpeilen.

Auch wenn der Schritt im Vorfeld erwartet worden war, gilt er als Paukenschlag. "Wow, sie hat es getan", kommentierte Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank. Allerdings stellten die Änderungen die bisherige Geldpolitik nicht auf den Kopf, betonte Gitzel. "Die BoJ muss ein neuerliches Abgleiten in die Deflation verhindern, deshalb ist der heutige Schritt der Beginn eines sanften Wandels der Geldpolitik und keine abrupte Abkehr von der ultra-expansiven Geldpolitik."

Trotz des Kurswechsels der japanischen Notenbank war die Währung des Landes unter Druck. Im Gegenzug stieg der Dollar um ein Prozent auf 150,55 Yen. Auch nach der ersten Zinserhöhung seit 2007 und weiteren Maßnahmen bleibe unklar, wie es nun weitergehe, erläuterte Commerzbank-Analyst Michael Pfister. "Es fanden sich keine wirklichen Andeutungen darauf, dass die BoJ einen richtigen Zinserhöhungszyklus plant."

Angesichts der absehbaren EZB-Zinswende beurteilen Börsenprofis die Konjunkturaussichten in Deutschland deutlich besser als zuletzt. Das Barometer für die Einschätzung in den kommenden sechs Monaten stieg im März überraschend stark um 11,8 Punkte auf plus 31,7 Zähler, wie aus der vorgelegten Umfrage des Mannheimer ZEW-Instituts hervorging. "Die Erwartungen marschieren, ohne dass die Lage hinterherkommt", sagte Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe.

Bei den Einzelwerten profitierte Unilever von einem Sparprogramm. Der britische Konsumgüter-Konzern will sein Eiscreme-Geschäft in eine eigenständige Firma auslagern und kündigte die Streichung von 7500 der weltweit etwa 128.000 Stellen an. Unilever-Aktien stiegen in London um bis zu sechs Prozent. "Anleger wollten diese Maßnahmen sehen und das Management hat geliefert", kommentierten die Experten des Brokerhauses Hargreaves Landsdown.

Größter Dax-Gewinner waren die Hannover-Rück-Aktien, die zeitweise um bis zu 4,2 Prozent auf ein frisches Rekordhoch von 252,40 Euro stiegen. Die Analysten vom Finanzhaus RBC schraubten das Kursziel auf 283 Euro hoch von zuvor 245 Euro; die Experten der Berenberg Bank hoben es auf 235 von zuvor 225 Euro an. Der weltweit drittgrößte Rückversicherer hatte am Tag zuvor nach einem Gewinnsprung die Dividende erhöht und für 2024 weitere Gewinnsteigerungen in Aussicht gestellt.

Dagegen geriet Fraport unter Druck. Die Aktien des Flughafenbetreibers büßten rund fünf Prozent ein, nachdem der Frankfurter Konzern Analysten zufolge beim Ergebnis im Schlussquartal sowie beim Ausblick unter den Erwartungen blieb.

(Bericht von Stefanie Geiger, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)