Zürich (awp) - Am Schweizer Aktienmarkt geht die Talfahrt zum Wochenschluss mit erhöhter Geschwindigkeit weiter. Ein Händler spricht vom "finalen Washout", der letzten grossen Abgabewelle, bevor es dann laut Lehrbuch zu einer Stabilisierung kommen sollte. Allerdings sei derzeit noch kaum Panik auszumachen. "Bei uns klingeln die Telefone nicht viel mehr als sonst", sagt ein Händler. "Die Investoren schauen derzeit eher einfach zu, wie alles den Bach runter geht." Allerdings hat die Nervosität gemessen am Volatilitätsindex des SMI stark zugenommen. Das Angstbarometer der Börse notiert aktuell über 30 Punkten und damit so hoch wie seit Mitte 2020 nicht mehr.

Der Abwärtstrend werde wohl noch weitergehen, sagt ein Börsianer. Denn der Angriff russischer Truppen auf Europas grösstes Atomkraftwerk zeige, wie weit Russland gehe, um die Ziele zu erreichen. Auch wenn der Brand in dem Atomkraftwerk in der Ukraine gelöscht und keine erhöhte Strahlenbelastung messbar sei, beschwöre der Vorfall am Markt die Angst vor einer nuklearen Katastrophe, kommentierte ein anderer Händler. "Ein Ende des Krieges zeichnet sich derzeit leider überhaupt nicht ab." Es bestehe zunehmend die Gefahr, dass Europa tiefer in den Krieg hineingezogen werde. Denn die Spirale drehe sich immer weiter und gleichzeitig lasse der Krieg die Energie- und auch andere Rohstoffpreise steigen. Auch dies dürfte die Erholung in Europa beeinträchtigen. Hinzu kämen nun auch noch die Stagflationsängste. Und diese Gemengelage vergraule die Anleger bis auf weiteres von den Märkten.

Der SMI notiert um 11.15 Uhr um 2,36 Prozent tiefer bei 11'399,72 Punkten. Bei 11'374 Zählern markiert der Leitindex nicht nur ein Jahrestief sondern auch den tiefsten Stand seit Mai 2021. Damit steuert der SMI auf einen Wochenverlust von mehr als vier Prozent zu. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, verliert 2,68 Prozent auf 1797,93 und der breite SPI 2,39 Prozent auf 14'421,69 Zähler. Im SLI geben 28 Titel nach und zwei legen zu.

Dabei liessen sich keine speziellen Trends erkennen. "Es ist einfach alles schwach", sagt ein Händler. An der Spitze steht der Technologiewert AMS Osram (-6,3%), gefolgt von der Grossbank UBS (-6,2%) und vom Personalvermittler Adecco (-6,1%). Aber auch die Luxusgüterproduzenten Richemont (-4,6%) und Swatch (-5,6%) sind in der Spitzengruppe vertreten.

Ebenfalls grosse Einbussen gibt es beim Softwarehersteller Temenos (-5,0%) und bei den Medizintechnikern Sonova (-4,7%) und Straumann (-4,0%) und der UBS-Konkurrentin Credit Suisse (-4,1%). Die Versicherer Zurich, Swiss Re und Swiss Life bewegen sich mit Abschlägen zwischen 3,2 und 2,6 Prozent im Mittelfeld. Zykliker wie ABB, SGS und Geberit büssen ebenfalls kräftig an Wert ein.

Die als defensiv geltenden Schwergewichte Nestlé (-1,3%) und Roche (-0,8%) bewahrten den Markt vor einem noch deutlicheren Kursrückgang. Novartis aber verlieren deutliche 3,0 Prozent.

Unter den Blue Chips notieren einzig die Titel des Logistikkonzerns Kühne + Nagel (+1,6%) und des Riechstoff- und Aromenherstellers Givaudan (+0,7%) höher.

Auf den hinteren Reihen stehen die Aktien von Comet (-3,7%), SFS (-5,5%), Schweiter (-2,1%), Calida (-2,6%) und Coltène (-2,3%) nach der Ergebnisvorlage unter Druck. Dabei wurden die Zahlen als durchwegs gut bezeichnet. Von den Unternehmen, die Zahlen präsentierten, sind einzig Emmi und Zug Estates um je 0,3 Prozent höher.

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