PARIS (awp international) - Der erst seit gut einem halben Jahr amtierende neue Chef des französischen Handelsriesen Carrefour , Alexandre Bompard, verordnet dem Konzern eine Radikalkur. Bis 2020 will der Manager jährlich 2 Milliarden Euro sparen, wie Carrefour am Dienstag bei der Präsentation der neuen Strategie ankündigte. Dafür will der Konzern seine Belegschaft am Firmensitz in Boulongne-Billancourt reduzieren, insgesamt sollen in Frankreich 2400 Stellen wegfallen - auf freiwilliger Basis. Gleichzeitig plant der Konzern einen Strategieschwenk, dabei geht es etwa den grossflächigen Hypermärkten und zahlreichen Dia-Filialen an den Kragen.

Der französische Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire sagte bei einem EU-Treffen in Brüssel, der Staat werde bei dem Plan "sehr wachsam" sein. An der Pariser Börse stiessen die neuen Pläne unter Anlegern auf Wohlwollen. Die Carrefour-Aktie kletterte bis zum Mittag um nahezu 6 Prozent, das Papier ist damit zurück auf dem Niveau vom vergangenen August.

Bompard war im vergangenen Juni von der Unterhaltungselektronikkette Fnac zu Carrefour gekommen. Mit dem jetzigen Umbau reagiert er auf die veränderten Einkaufsgewohnheiten vieler Kunden, die Carrefour in den vergangenen Jahren in der eigenen Bilanz unsanft zu spüren bekommen hatte. Man kämpfe derzeit mit einer tiefgehenden und weltweiten Umwälzung, teilte der Konzern nun mit.

Seit 2007 sind die Gewinne bei Carrefour um rund zwei Drittel gesunken. Konkurrenz durch Online-Anbieter und spezialisierte Händler machen dem Konzern das Leben schwer, ebenso wie ein Preiskrieg mit den anderen französischen Supermarkt-Rivalen. Carrefours Anteile auf dem heimischen Markt gingen Marktforschern zufolge zurück.

Konzernlenker Bompard will nun durch eine Erneuerung des Produktangebotes allein in Frankreich bis 2022 eine Million neue Kunden hinzugewinnen. Bis dahin will er ein Drittel des Umsatzes mit Eigenmarken erwirtschaften. Zugleich wird das Öko-Angebot ausgebaut. Der Umsatz mit Bio-Produkten soll sich auf 5 Milliarden Euro mehr als verdreifachen.

Dafür will der Handelsriese in den kommenden fünf Jahren knapp 3 Milliarden Euro in sein Online-Geschäft investieren. Gleichzeitig verbündet sich Carrefour mit zahlreichen anderen Unternehmen und verkündete unter anderem eine Partnerschaft mit dem Technologiegiganten Tencent und der Supermarktkette Yonghui, um sein taumelndes Chinageschäft wiederzuerwecken.

Die grossflächigen Hypermärkte, die zumeist vor den Toren der Stadt liegen, sollen im Gegenzug verkleinert werden. Gleichzeitig sollen in den kommenden fünf Jahren 2000 Märkte mit einem gestrafften Produktangebot in grösseren Städten eröffnen. Damit begegnet Carrefour einem allgemeinen Trend in der Branche, mit dem auch Rivalen wie etwa Wal-Mart zu kämpfen haben. Viele Kunden scheuen inzwischen lange Wege und bevorzugen nahegelegene Einkaufsgelegenheiten, zudem lassen sich die Grossmärkte nur schwer profitabel führen.

Auch die Zahl der einst von der spanischen Dia-Kette übernommenen Filialen will Carrefour reduzieren. Für mehr als 270 von ihnen beginnt nun für jede Filiale einzeln die Suche nach einem Käufer. Sollte sich kein Interessent finden, werde der Markt geschlossen. Viele der Dia-Märkte steckten in Schwierigkeiten, weil sie nach ihrer Umwandlung nicht richtig an das Kundenumfeld angepasst worden seien, hiess es in der Mitteilung./tav/she/jha/