Glarus/Zürich (awp) - Die Schweizerinnen und Schweizer tun sich mit "Robo Advisor" schwer. Die Geldzuflüsse zu den Anbietern von automatisierter Vermögensverwaltung sind bisher in einem äusserst bescheidenen Rahmen geblieben. Nun zieht mit der Glarner Kantonalbank (GLKB) eine Schweizer "Fintech-Pionierin" bei ihrem "Robo Advisor"-Angebot den Stecker.

Der Anfang 2015 gestartete "investomat.ch" werde per Ende November 2019 eingestellt, teilte die GLKB am Mittwoch mit. Die Bank begründete dies mit einer niedrigen Nachfrage seitens der Kunden und mit den generell geringen Marktanteilen für "Robo Advisor" in der Schweiz. Nachdem sich die Volumen nicht wie erwartet entwickelten, habe der Entscheid zur Einstellung gefällt werden müssen, sagte Kantonalbanken-Chef Hanspeter Rhyner.

"Die Schweizer sind offenbar nicht bereit, einer Internetplattform Geld anzuvertrauen", bilanzierte Rhyner im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. Wieviel Geld beim "Investomat" angelegt war, teilte die Bank allerdings nicht mit. Die Entwicklung beim digitalen Vermögensverwalter stehe aber klar im Gegensatz etwa zur Entwicklung beim Online-Hypothekenangebot der Glarner Kantonalbank, betonte der CEO: "Der Hypomat läuft dieses Jahr besser denn je."

Schwacher Branchentrend

Tatsächlich entspricht die Entwicklung des "Investomat" einem Branchentrend, der zuletzt von einiger Ernüchterung geprägt war. Mehr als fünf Jahre nach dem Start der ersten "Robo Advisor"-Angebote dürften die Vermögen in der automatisierten Vermögensverwaltung schweizweit kaum mehr als 500 Millionen Franken betragen. Im Vergleich zu den gesamten verwalteten Vermögen der Schweiz liege ihr Anteil im "Promillebereich", sagte Andreas Dietrich, Professor am Institut für Finanzdienstleistungen der Hochschule Luzern.

Auch die Onlinebank Swissquote musste ihr ursprüngliches Ziel, bis Ende 2020 "Robo Advisory-Vermögen" von einer Milliarde Franken zu erreichen, deutlich nach unten korrigieren. Angestrebt werde nun noch eine Anlagesumme von 400 Millionen Franken, sagte CEO Marc Bürki im August bei der Präsentation der Swissquote-Semesterzahlen. Per Mitte 2019 liessen Kunden rund 225 Millionen Franken vom Swissquote-"Robo Advisor" verwalten.

Optimistischer gibt sich derweil das 2013 gestartete Unternehmen True Wealth, das auf Anlagevermögen von "über 200 Millionen Franken" kommt. "Wir wachsen täglich weiter und sehen kein Abflachen des Trends, im Gegenteil", sagt CEO Felix Niederer auf Anfrage. Im ersten Halbjahr habe True Wealth zudem beim Betriebsgewinn (EBITDA) die Profitabilitätsschwelle erreicht. "Wir werden aber zukünftig noch stärker investieren."

Uninformierte Kunden

Für den Fintech-Experten Dietrich dürften die Robo Advisor oftmals noch am Kunden scheitern. "Der Investomat war für mich ein gutes Produkt mit einem fairen Preis." Die Unkenntnis bei vielen potenziellen Anlegekunden sei aber noch gross, sagte Dietrich. Ähnlich schätzt True Wealth-CEO Niederer die Situation ein: "Vielen Menschen ist Robo Advisory und die damit verbundene digitale Anlagelösung noch kein Begriff."

Schweizerinnen und Schweizer schätzten es zudem weiterhin, Anlagevorschläge von ihrem persönlichen Berater zu erhalten, glaubt Dietrich. In Zukunft werde deshalb wohl ein "hybrides Modell" an Bedeutung gewinnen, das digitale Elemente mit dem persönlichen Beratungsgespräch vermische.

Auch die GLKB will nun künftig auf ihre "hybride Anlagelösung" setzen und dieses noch ausbauen. "Dieses Element läuft bei uns hervorragend", sagt Bankenchef Rhyner.

Grössere Nische suchen

Auch wenn das "Robo Advisory" ein Nischenprodukt bleiben werde, sieht Bankenprofessor Dietrich durchaus eine Zukunft dafür in der Schweiz. "In der Schweiz hat es die Branche noch nicht geschafft, von einer sehr kleinen in eine etwas grössere Nische zu gelangen."

Vorbild dürften weiterhin die Märkte in Grossbritannien und den USA sein, wo ein Unternehmen wie Vanguard Milliardensummen verwalte, sagte Dietrich. Auch in Deutschland zeigten die "Robo Advisor" gute Wachstumszahlen.

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