PARIS/LONDON/MAILAND (dpa-AFX) - Die wichtigsten Börsen Europas haben am Dienstag größtenteils mit Erleichterung auf deutlich besser als erwartet ausgefallene Exportdaten aus China reagiert. Allerdings bröckelten die bis zum Nachmittag erzielten Gewinne anschließend etwas ab. Nach dem verlängerten Osterwochenende schloss der EuroStoxx 50 0,86 Prozent höher auf 2917,74 Punkten. Damit knüpfte der Leitindex der Eurozone an sein Plus von fast 9 Prozent aus der vergangenen Handelswoche an.

Für den französischen Cac 40 ging es am Dienstag um 0,38 Prozent auf 4523,91 Zähler nach oben. Auch der spanische Ibex 35 legte zu, während der italienische FTSE MIB etwas nachgab. Der Londoner FTSE 100 sank um 0,88 Prozent auf 5791,31 Punkte.

"Die chinesischen Handelsdaten für den März machen Mut", begründete Portfolio-Manager Thomas Altmann von QC Partners die überwiegend freundliche Stimmung an den Handelsplätzen. Es sei zwar klar, dass der März nicht der Tiefpunkt des Welthandels gewesen sei und im April ein weiterer Rückgang folgen werde, doch "sollte China mit vergleichsweise geringen wirtschaftlichen Einbußen durch die Pandemie kommen, wäre das positiv für die Weltwirtschaft". Im vergangenen Monat waren die Ausfuhren aus China trotz der Corona-Krise im Jahresvergleich nur um 6,6 Prozent gesunken. Analysten hatten im Schnitt mit einem Einbruch um rund 14 Prozent gerechnet.

Dass die Ölproduktion im Mai und Juni um rund 10 Millionen Barrel pro Tag gedrosselt werden soll, wie am Sonntag von führenden Ölförderländern beschlossen, sei indes etwas enttäuschend, ergänzte Michael Hewson von CMC Markets UK. Hier sei mehr erwartet worden. Allerdings habe der Schritt geholfen, die Preise zu stabilisieren.

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie verlängerte Frankreich seine strengen Ausgangsbeschränkungen bis zum 11. Mai. Zugleich wurde das Hilfspaket gegen die Krise aufgestockt auf nun rund 100 Milliarden Euro. In Italien flacht sich derweil die Infektionskurve zwar ab, doch liegt die Zahl der Corona-Toten inzwischen über 20 000. Die Ausgangsverbote dort gelten aktuell bis zum 3. Mai. Die EU-Staaten hatten sich am späten Donnerstagabend auf ein Hilfspaket von mehr als 500 Milliarden Euro für Arbeitnehmer, Firmen und besonders krisengeschüttelte Länder geeinigt.

Unter den einzelnen Branchen legten am Dienstag nach Ostern der Einzelhandels- und der Gesundheitssektor zu, während der Immobilien-, der Reise- und Freizeitsektor, der Öl- und der Bankensektor recht deutlich nachgaben. Im Immobiliensektor rutschten die Aktien von Unibail-Rodamco-Westfield nach ihrer jüngsten Erholung besonders stark ab mit einem Minus von mehr als zehn Prozent.

Der Bankensektor geriet am Nachmittag deutlich unter Druck, nachdem in den USA die Papiere von JPMorgan und Wells Fargo nach Vorlage von Quartalszahlen deutlich eingebüßt hatten. ING waren im EuroStoxx mit einem Abschlag von 5,7 Prozent die schwächste Bank-Aktie. Im Reisesektor verloren die Papiere der schwer von der Corona-Krise getroffenen Fluggesellschaft Air France-KLM 4,7 Prozent. Das Unternehmen ist jedoch zuversichtlich, Finanzspritzen von den Regierungen in Frankreich und in den Niederlanden zu erhalten.

Nahezu unverändert notierten die Papiere von AB Inbev. Der weltgrößte Bierbrauer halbiert wegen der Corona-Pandemie seine Schlussdividende für das abgelaufene Geschäftsjahr auf 50 Cent je Aktie. Analysten waren nicht überrascht und begrüßten den Schritt angesichts des hohen Fremdfinanzierungsgrades von AB Inbev.

Die Aktien von Renault konnten ihre frühen Gewinne nicht halten und gaben um knapp 2,8 Prozent nach. Der französische Autobauer steigt aus der Partnerschaft mit dem chinesischen Automobilhersteller Dongfeng aus.

Zudem bewegten einige Umstufungen Einzelwerte. So senkte UBS die Bewertung von Unicredit von "Buy" auf "Neutral" und halbierte nahezu das Kursziel. Damit gebe er nun auch seine letzte Kaufempfehlung im italienischen Bankensektor auf, schrieb Analyst Ignacio Cerezo. Wegen der Corona-Krise befürchtet er kräftig sinkende Gewinnerwartungen. Unicredit verloren gut viereinhalb Prozent. Für die Aktien des Telekomkonzerns Orange ging es nach einem Kaufvotum von UBS um etwa zweieinhalb Prozent hoch./ajx/he