Dubai/Berlin (Reuters) - Nach der Ausrufung einer internationalen Allianz zum Schutz der Handelsschifffahrt im Roten Meer ist unklar, wer den USA tatsächlich beistehen wird.

Im Bundesverteidigungsministerium hieß es am Dienstag, ein Einsatz werde geprüft. Offen war zudem, ob dafür ein Mandat des Bundestages erforderlich wäre und ob sich das Kabinett am Mittwoch damit beschäftigen würde. Das französische Verteidigungsministerium erklärte, die Einsätze im Roten Meer würden unter nationaler Führung bleiben. Zwar hatten die USA mehrere Teilnehmerstaaten genannt, von Großbritannien über Bahrain bis zu den Seychellen. Ob diese Staaten wie die USA Raketen- und Drohnenangriffe der Huthi abwehren und angegriffenen Schiffen zu Hilfe eilen würden, blieb unklar.

Die Huthi-Rebellen im Jemen haben sich mit der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen solidarisch erklärt und greifen immer häufiger Schiffe vor der von ihnen kontrollierten Küste an. Sie zeigten sich von der US-Ankündigung zur Operation Prosperity Guardian unbeeindruckt. Das Bündnis sei "im Wesentlichen unnötig", sagte ihr führender Vertreter, Mohammed Abdulsalam, der Nachrichtenagentur Reuters. Alle an den Jemen grenzenden Gewässer seien sicher. Eine Ausnahme gelte für israelische Schiffe oder Schiffe, die Israel ansteuerten. Auch am Dienstag wurden Angriffe auf Handelsschiffe gemeldet.

Die wirtschaftlichen Folgen der Angriffe sind inzwischen weltweit zu spüren. Normalerweise fließen etwa zwölf Prozent des globalen Schiffsverkehrs durch die kürzeste Route zwischen Europa und Asien, also durch den Suezkanal und das Roten Meer. Einer Reuters-Analyse von Daten des Forschungsunternehmens Project44 zufolge werden monatlich etwa 11.800 Fahrten durch den Suezkanal unternommen und damit etwa 393 pro Tag. In US-Militärkreisen wurde am Dienstag entsprechend die Vorstellung zurückgewiesen, die Kriegsschiffe der neuen Allianz könnten die einzelnen Frachtschiffe eskortieren. Stattdessen würden sie dort eingesetzt, wo sie die größte Wirkung entfalten könnten.

Wegen der Angriffe meiden nun immer mehr Reedereien die Route durchs Rote Meer, darunter Hapag Lloyd, MSC, Maersk und Frontline. "Schiffe werden nun über das Kap der Guten Hoffnung umgeleitet", sagte Peter Sand, Analyst bei Xeneta. "Das bedeutet nicht nur bis zu zehn Tage zusätzliche Fahrtzeit, es kostet auch bis zu einer Million Dollar zusätzlich an Treibstoff für jede Rundreise zwischen dem Fernen Osten und Nordeuropa." Auch die Öl-Preise legten allein am Dienstag im Laufe des Tages um etwa 1,5 Prozent zu.. Experten befürchten, dass eine längere Störung der Schifffahrt im Roten Meer die Inflation ankurbeln könnte. "Wir könnten erleben, dass es wieder zu Verwerfungen in der Lieferkette kommt, die Inflation steigt und das Wachstum sich verlangsamt", sagte ING-Ökonom Carsten Brzeski.

Das Bundeswirtschaftsministerium teilte mit, die Lage genau zu beobachten. "Freie und sichere Handelsrouten sind für den globalen Handel von großer Bedeutung. Sollte es zu einer längeren Behinderung auf der Handelsroute kommen, wären längere Lieferzeiten aufgrund alternativer Routen zu erwarten." Welche Auswirkung die Störung der Handelsroute auf die deutsche Wirtschaft habe, lasse sich noch nicht abschätzen. Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, forderte die Ampel-Regierung auf, sich an der US-Initiative zu beteiligen. "Die Seestraße durch das Rote Meer ist die Haupthandelsroute zwischen Europa und Asien und damit enorm wichtig für die deutsche Wirtschaft. Es ist zentrales deutsches Interesse, diese Handelsroute sicher zu halten."

(Bericht von Christian Krämer, Alexander Ratz, Phil Stewart, Mohammed Ghobari, Yuka Obayashi, Lisa Barrington, Nayera Abdallah, Dmitry Antonov, Alvise Armellini, Angelo Amante, Florence Tan, Balazs Koranyi, Maria Martinez, Emma Farge, Dhara Ranasinghe und Lisa Barrington; Geschrieben von Sabine Ehrhardt und Scot W. Stevenson; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)