FRANKFURT (Dow Jones)--Europas Börsen können die leichten Gewinne bis Dienstagmittag nicht halten und drehen ins Minus. "Ruhe in den Markt kommt erst, wenn Klarheit über die Fed-Zinserhöhung (am Mittwochabend) und ihren weiteren Zinspfad besteht", sagt ein Händler. Denn immer mehr Analysten und Volkswirte rechnen mit der "ganz großen" Zinserhöhung um 75 Basispunkte. Unter anderem waren nach den US-Inflationsdaten auch BNY Mellon und JP Morgan auf diesen Kurs eingeschwenkt. Der Markt dürfte darauf positiver reagieren als bei einem halbherzigen Schritt, heißt es. Ein 75-Bp-Schritt ist in der Zwischenzeit fast vollständig am Markt eingepreist.


   Giftcocktail aus Rezessionssorgen, Inflationsdruck und Zinsangst 

Der DAX verliert 0,6 Prozent auf 13.346 Punkte, für den Euro-Stoxx-50 geht es 0,6 Prozent auf 3.481 nach unten. Die Lage bleibt schwierig: Der Giftcocktail aus Rezessionssorgen, Inflationsdruck und Zinsangst sei kein geeignetes Umfeld für Aktieninvestments, heißt es im Handel. Das Geld werde weiter aus fast allen Anlageklassen abgezogen und die Portfolios würden komplett neu strukturiert. Der Inflationsschock aus den USA mit seiner Beschleunigung des Preisanstieges anstelle der Ausbildung eines Spitzenwertes habe bei vielen Marktteilnehmern zu einer Neubewertung der Lage geführt.

Im Tagesverlauf stehen weitere Inflationsdaten an: Vor allem beim Anstieg der US-Produzentenpreise könnte ein höherer Wert als die erwarteten 11 Prozent Plus zum Vorjahr zu einem neuerlichen Abverkauf führen. Wie vom Handel befürchtet sind die ZEW-Konjunkturerwartungen noch schwächer als gedacht veröffentlicht worden. Der Juni-Wert lag bei minus 28,0 Zählern, Prognosen hatten ihn um minus 26 erwartet. "Das ist aber keine Überraschung, weil der Erhebungszeitraum genau in die Phase nach oben schießender Inflations-, Zins- und Konjunktursorgen gefallen ist", kommentiert ein Händler.

Weiter im Blick steht die Renditeentwicklung in Italien. Am Mittag liegt diese für 10-jährige Staatspapiere bei 4,14 Prozent. "Seit der Covid-Krise beläuft sich der Zinsanstieg im Alpe-Adria-Staat auf mehr als 3,5 Prozent", so QC Partners. Die EZB steuere damit auf einen gefährlichen Drahtseilakt zu. Einerseits müsse sie die Inflation bekämpfen. Andererseits müsse sie schauen, wie viel sie den schwächeren Staaten zumuten wolle und könne.

Deutlich im Plus mit 3,2 Prozent zeigen sich die Aktien von Uniper. Hier stützen Berichte, wonach sich Unipers Muttergesellschaft Fortum von russischen Kraftwerken trennen will. Fortum springen sogar um 7,2 Prozent nach oben. Bereits bis kommende Woche sollen die Angebote für zwei Kraftwerke abgegeben werden. Damit könnte der angestrebte Rückzug aus Russland schneller als vom Markt erwartet vor sich gehen, sagt ein Händler.

Atos brechen nach dem überraschenden Rücktritt von CEO Rodolphe Belmer um 20,6 Prozent ein. Zwischen Vorstand und Aufsichtsrat hat es Streit um die strategische Ausrichtung des angeschlagenen IT-Dienstleisters gegeben. Atos prüft eine mögliche Aufspaltung seines Tech-Foundation-Geschäfts und seines Big-Data- und Sicherheitsgeschäfts in zwei börsennotierte Unternehmen und hat in diesem Zusammenhang zwei stellvertretende CEOs ernannt. Bryan Garnier äußert sich skeptisch. Die Restrukturierung dürfte schmerzhaft und langwierig sein. Hinzu komme, dass der alte Atos-Rumpf vermutlich bis 2024 Geld verlieren werde.

Akzo Nobel geben nach gesenkter Prognose für das zweite Quartal 5,8 Prozent nach. Das Spezialchemieunternehmen geht nun von einem 90 Millionen Euro niedrigeren operativen Ergebnis aus. Ursächlich dafür seien der Lockdown in China sowie ein schwächerer Start in die Heimwerker-Saison. Jefferies sieht Anpassungsbedarf von 26 Prozent für die Konsensschätzungen für das zweite Quartal und 7 Prozent für das Gesamtjahr.

Für eine positive Überraschung hat am Montagabend der erhöhte Ausblick von Wacker Chemie (+0,4%) gesorgt. Aufgrund einer sehr starken Nachfrage kündigte Wacker an, dass das operative Ergebnis im zweiten Quartal oberhalb der Markterwartungen liege. Zudem werde die Jahresprognose überarbeitet und soll Ende Juli vorgelegt werden. "Solche Nachrichten sorgen dafür, dass nur in Unternehmen umgeschichtet wird, die ihre Kosten weiterreichen und die Margen stabil halten können", kommentiert ein Händler.


   Gewinnwarnung von Baumarktbetreiber Hornbach Holding AG 

Für wenig Freude sorgt dagegen die Gewinnwarnung von Baumarktbetreiber Hornbach Holding AG (-15,9%) sorgen. "Bei der anhaltenden Welle von Investitionen ins eigene Heim dürfte das ziemlich überraschen", kommentiert ein Händler. Die Hornbach-Gruppe bestätigt zwar die Prognose für den Umsatz im Geschäftsjahr 2022/23 mit einem Anstieg um 8 Prozent, erwartet aber das bereinigte EBIT nun im niedrigen zweistelligen Prozentbereich niedriger als im Vorjahr. Grund sei, dass sich die Belastungen aus Inflation, Lieferketten und Produktpreisen im zweiten Quartal verfestigt haben, was die Prognose für den Rest des Jahres weiter erschwere. Der Margendruck dauere an.


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Aktienindex              zuletzt      +/- %       absolut      +/- % YTD 
Euro-Stoxx-50           3.481,30      -0,6%        -21,20         -19,0% 
Stoxx-50                3.414,79      -0,8%        -27,52         -10,6% 
DAX                    13.346,31      -0,6%        -80,72         -16,0% 
MDAX                   27.481,35      -0,9%       -261,00         -21,8% 
TecDAX                  2.866,49      -1,2%        -35,89         -26,9% 
SDAX                   12.395,87      -1,3%       -162,16         -24,5% 
FTSE                    7.150,92      -0,8%        -54,89          -2,4% 
CAC                     5.955,48      -1,1%        -66,84         -16,7% 
 
Rentenmarkt              zuletzt                  absolut        +/- YTD 
Dt. Zehnjahresrendite       1,63                    +0,00          +1,81 
US-Zehnjahresrendite        3,30                    -0,06          +1,79 
 
DEVISEN                  zuletzt      +/- %  Di, 8:11 Uhr  Mo, 17:25 Uhr   % YTD 
EUR/USD                   1,0435      +0,3%        1,0419         1,0434   -8,2% 
EUR/JPY                   140,11      +0,1%        140,38         139,96   +7,1% 
EUR/CHF                   1,0371      -0,1%        1,0385         1,0399   -0,0% 
EUR/GBP                   0,8619      +0,5%        0,8565         0,8578   +2,6% 
USD/JPY                   134,28      -0,1%        134,72         134,14  +16,7% 
GBP/USD                   1,2105      -0,3%        1,2169         1,2165  -10,6% 
USD/CNH (Offshore)        6,7530      -0,4%        6,7540         6,7702   +6,3% 
Bitcoin 
BTC/USD                22.374,59      -2,8%     22.915,37      23.100,82  -51,6% 
 
ROHOEL                   zuletzt  VT-Settl.         +/- %        +/- USD   % YTD 
WTI/Nymex                 121,87     120,93         +0,8%           0,94  +67,5% 
Brent/ICE                 123,35     122,27         +0,9%           1,08  +63,5% 
 
METALLE                  zuletzt     Vortag         +/- %        +/- USD   % YTD 
Gold (Spot)             1.823,14   1.819,20         +0,2%          +3,94   -0,4% 
Silber (Spot)              21,16      21,08         +0,4%          +0,08   -9,2% 
Platin (Spot)             933,88     936,28         -0,3%          -2,40   -3,8% 
Kupfer-Future               4,21       4,21         -0,1%          -0,01   -5,3% 
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Kontakt zum Autor: manuel.priego-thimmel@wsj.com

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June 14, 2022 06:56 ET (10:56 GMT)