Düsseldorf/Frankfurt (Reuters) - Der Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea geht wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine weiter auf Distanz zu seinen Geschäften in Russland.

"In das Russlandgeschäft haben wir in den vergangenen Jahrzehnten viel investiert und Vermögenswerte aufgebaut. Wir prüfen nun, ob das internationale Geschäft der Wintershall Dea rechtlich von unserem Russlandgeschäft getrennt werden kann", sagte Konzernchef Mario Mehren am Dienstag anlässlich der Ergebnisse des dritten Quartals. Dies bescherte dem Unternehmen dank der gestiegenen Öl- und Gaspreise einen Gewinnsprung.

Der Konzern hatte nach Kriegsbeginn angekündigt, in Russland in keine neuen Projekte zu investieren. "Russlands Krieg und seine Folgen entziehen den Wirtschaftsbeziehungen die Basis", erklärte das Unternehmen am Dienstag. Russland sei in jeder Hinsicht unberechenbar geworden. Im Juli hatte Wintershall Dea angekündigt, seine Gemeinschaftsunternehmen in Russland mit dem russischen Gaskonzern Gazprom fortzusetzen. Wintershall Dea ist an drei Förderprojekten am Erdgasfeld Juschno Russkoje sowie der Achimov-Formation des Urengoi-Felds in Sibirien beteiligt.

AUF BÖRSENGANG VORBEREITET - MARKTUMFELD ABER NICHT IDEAL

Der Anteil der russischen Geschäfte an der gesamten Produktion habe im dritten Quartal bei etwa 50 Prozent gelegen und am operativen Gewinn sowie dem Free Cashflow bei etwa 25 Prozent, erläuterte Finanzchef Paul Smith bei einer Videokonferenz mit Journalisten. Die nun angekündigte Prüfung einer rechtlichen Trennung des Russlandsgeschäfts sei keine strategische Entscheidung, sondern eine Frage der Transparenz, sagte Vorstandschef Mehren. Die Anleger sollten sich ein klares Bild darüber machen können, wie die Geschäfte innerhalb und außerhalb Russlands laufen. Die Analyse werde Monate dauern.

Wintershall Dea gehört zu 72,7 Prozent dem Ludwigshafener Chemieriesen BASF und zu 27,3 Prozent der Investorengruppe Letter One des russischen Milliardärs Michail Fridman, der im Frühjahr auf die EU-Sanktionsliste gesetzt worden war. Auf die Frage nach einem Börsengang entgegnete Mehren, dass dieser immer möglich sei, das Marktumfeld sei aber derzeit alles andere als ideal. Das internationale Geschäft außerhalb Russlands will Mehren weiter stärken. Im Juli hatte Wintershall Dea in Norwegen das Nova-Feld in Betrieb genommen. In Argentinien investiere der in Celle ansässige Konzern in ein Offshore-Gasprojekt. Und in Mexiko war am Montag mit dem Unternehmen Hokchi Energy eine 37-prozentige Beteiligung an einer Öl-Produktionsanlage vereinbart worden.

Im dritten Quartal steigerte Wintershall Dea seinen Gewinn deutlich. Das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Explorationskosten (EBITDAX) sei im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 2,6 Milliarden Euro mehr als verdoppelt worden. Der bereinigte Nettogewinn sei auf 851 Millionen Euro nach zuvor 234 Millionen Euro nach oben geschossen. Die Produktion sei um vier Prozent auf 614.000 Barrel Öläquivalent (BOE) pro Tag gestiegen.

(Bericht von Tom Käckenhoff, Vera Eckert, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)