- von Jan Schwartz und Daniel Leussink

Tokio/Hamburg (Reuters) - Unter dem Zwang zu klimaschonenderen Antrieben schließen sich zwei Schwergewichte in der Nutzfahrzeug-Industrie zusammen: Der weltgrößte Lkw-Bauer Daimler Truck und der japanische Toyota-Konzern kündigten am Dienstag an, ihre Töchter Mitsubishi Fuso und Hino Motors zusammenzulegen.

Hierzu sei eine Absichtserklärung unterzeichnet worden. Geplant sei eine Fusion unter Gleichen, deren Details derzeit ausgehandelt würden. An der neuen Gesellschaft werden die beiden Mutterkonzerne wahrscheinlich je mehr als ein Viertel der Anteile halten, sagte Daimler-Truck-Chef Martin Daum bei einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Ein erheblicher Teil der Aktien des fusionierten japanischen Unternehmens, das an der Tokioter Börse gelistet werden soll, solle von Dritten gehalten werden.

"Wir machen heute einen Riesenschritt, um die Zukunft von Nutzfahrzeugen zu verändern", betonte Toyota-Chef Koji Sato bei einer Pressekonferenz in Tokio. Daum ergänzte, die Transformation der Industrie bedeute, dass die Unternehmen die Entwicklung mehrerer Antriebstechnologien gleichzeitig stemmen müssten - batterieelektrisch betriebene Lkw und Transporter, wasserstoffbasierte Brennstoffzellen und möglicherweise auch wasserstoffbetriebene Verbrennungsmotoren. "Es gibt nur einen Weg, um diese parallele Technologieentwicklung zum Laufen zu bringen: Skaleneffekte", sagte Daum. Denn bei hohen Stückzahlen sinken die Kosten pro Fahrzeug. So sollen die Preise für neu entwickelte Fahrzeuge trotz teurer Technologie für Spediteure und Flottenbetreiber erschwinglich bleiben.

Daimler Truck sieht den Zusammenschluss auch als Bemühung um größere Unabhängigkeit von China. "Das könnte man als eine Überlegung zu dem Ganzen sehen", sagte Daum auf eine entsprechende Frage. Daimler Truck mache sich Gedanken, wie man sich in Asien "balancierter" aufstellen könne. "Dazu war das sicherlich ein ganz wichtiger Move."

EIN WELTWEITES NETZWERK

"Mit diesem mutigen Schritt werden wir unsere Ressourcen mehr als verdoppeln", erläuterte Karl Deppen, der für das Asiengeschäft von Daimler Truck zuständige Chef von Mitsubishi Fuso Truck & Bus. Das bedeute einen größeren Zugriff auf technologisches Wissen und ein größeres Netzwerk an Zulieferern und Infrastruktur. Hino und Fuso profitieren vor allem durch eine gemeinsame Entwicklung, Beschaffung und Produktion. Die weltweiten Vertriebsorganisationen bleibe getrennt.

Die Partner erklärten, die CO2-Neutralität vorantreiben zu wollen. Dazu solle in die Entwicklung von Wasserstoffantrieben sowie Technologien zur Vernetzung von Fahrzeugen und automatisiertes Fahren (CASE) investiert werden. Das geplante Unternehmen werde ein wesentlicher Akteur in Südostasien und ein wichtiger Partner in der Daimler-Truck-Familie sein, so Daum.

Daimler Truck steigerte die Auslieferungen im vergangenen Jahr trotz Engpässen bei Zulieferteilen um 14,2 Prozent auf rund 520.000 Fahrzeuge. Hino und Fuso bringen zusammen knapp 300.000 Fahrzeuge auf die Waage, Fuso allein kam 2022 auf 137.600 Einheiten. Zum Vergleich: Die Lkw-Tochter Traton von Volkswagen, zu der die Marken Scania, MAN und Navistar gehören, lieferte im vergangenen Jahr weltweit 305.000 Fahrzeuge aus, plus zwölf Prozent.

Insgesamt arbeiten vier Firmen in dem Lkw-Bund zusammen: Daimler Truck, deren Tochter Mitsubishi Fuso Truck & Bus, an der die Stuttgarter 89,3 Prozent der Anteile halten, sowie Toyota und deren börsennotierte Lkw-Tochter Hino. Details zu Umfang und Art der Zusammenarbeit, einschließlich des Namens, des Standorts und der Beteiligungsverhältnisse, sollen in den nächsten 18 Monaten festgelegt werden. Die endgültigen Verträge wollen Daimler Truck und Toyota Anfang nächsten Jahres besiegeln, die Transaktion soll bis Ende 2024 über die Bühne gehen.

Daimler Truck und Toyota hätten sich außerdem darauf geeinigt, mögliche Risiken im Zusammenhang mit dem Skandal um die Manipulation von Emissionswerten bei Hino bei der Bewertung der Toyota-Tochter zu berücksichtigen. Daum sagte, mit Toyota gebe es eine Vereinbarung, dass die Aufarbeitung der Vergangenheit bei Hino Sache der derzeitigen Eigner sei.

(weitere Reporter: Satoshi Sugiyama und Hakan Ersen. Redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)