Von Rochelle Toplensky

LONDON (Dow Jones)--Auch wenn der Optimismus über eine durch Impfungen ausgelöste Erholung die globalen Märkte langsam durchschimmert, bleibt die Bewertung europäischer Banken die für eine zutiefst ungewisse Zukunft. Es gibt darauf keine einfachen Antworten, aber für kleinere Banken könnte ein Going Private eine Lösung sein.

Die Aktien der Finanzhäuser sind in diesem Jahr zwar um 20 Prozent gestiegen, werden aber im Durchschnitt immer noch zu weniger als zwei Dritteln ihres jeweiligen Buchwerts gehandelt - einige sogar nur zu einem Viertel des Buchwerts. Es ist zu erwarten, dass solch hartnäckig niedrige Bewertungen liquiditätsstarke Private-Equity-Investoren anziehen, die Kosten senken, Unternehmen konsolidieren oder sogar Vermögenswerte liquidieren wollen.


   Faule Kredite sind ein Ziel - ganze Banken bislang nicht 

Bislang haben Buyout-Firmen zwar notleidende Kredite aufgekauft, sich aber meist von ganzen Banken ferngehalten, vor allem aufgrund von regulatorischen Bedenken. Womöglich könnten sich die Verantwortlichen aber für die Idee erwärmen, dass Private Equity bei der nächsten Konsolidierungswelle in der Branche eine Rolle spielt.

Trotz hoher Kapitalausstattung werden einige Banken wahrscheinlich durch faule Kredite in Bedrängnis geraten, sobald die staatlichen Unterstützungsprogramme im Zuge der Pandemie zurückgefahren werden. Dies wird zu den ohnehin bestehenden Problemen hinzukommen, die die Gewinne der europäischen Banken im letzten Jahrzehnt aufgezehrt haben, wie z.B. Niedrigstzinsen, harter Wettbewerb und unterausgelastete Banknetzwerke.


   Konsolidierung nur innerhalb der Landesgrenzen 

Eine anhaltende Hoffnung ist, dass Fusionen die Gewinne der Branche verbessern. Grenzüberschreitende Transaktionen sind ohne die seit langem aufgeschobene Reform auf EU-Ebene unwahrscheinlich, aber in letzter Zeit gab es einige inländische Transaktionen: Die italienische Intesa Sanpaolo kaufte im vergangenen Jahr die UBI, und die spanische CaixaBank übernahm Bankia.

Nur wenige dieser Deals betreffen jedoch Europas größte Banken. Die meisten Giganten konzentrieren sich stattdessen auf Kostensenkungen, Investitionen in IT-Systeme und Cross-Selling-Dienstleistungen, um die Rendite zu steigern.

Das Fehlen von Käufern aus der Branche lässt die europäischen Bankenaufsichtsbehörden nach anderen Optionen suchen, um wackelige Kreditgeber zu stärken. Dies könnte die Tür für eine spezielle Mischung aus Umstrukturierungen und Kostensenkungen durch Private Equity öffnen, die in der Vergangenheit bei den Bankenvertretern verpönt war.

Es gibt erste Anzeichen dafür, dass sich etwas tut: Die HSBC spricht mit einem Private-Equity-Käufer über ihr französisches Privatkundengeschäft - ein erster Testfall.


   Option Badwill statt Goodwill 

Ein Beispiel dafür, dass die Aufsichtsbehörden Deals fördern, ist der Schritt der Europäischen Zentralbank, der es Käufern erlaubt, einen negativen Goodwill zu schaffen, wenn sie unter dem Buchwert kaufen. Dieses Instrument war auch in den USA nach der Krise von 2008 erfolgreich eingesetzt worden. Der Badwill kann dem Kapital zugerechnet werden, um Restrukturierungskosten oder notleidende Kredite auszugleichen.

Keinen Mangel gibt es unterdessen an möglichen Zielen, sogar schon vor einer Krise durch vermehrte notleidende Kredite. Zum Beispiel existieren in Großbritannien viele mittelgroße "Herausforderer"-Banken, die selbst zu Herausforderern geworden sind, darunter die Cooperative Bank, Virgin Money, Metro Bank, Monzo und die Bankeinheiten der Einzelhändler Sainsburys und Tesco.

Deals werden immer noch knifflig sein, da viele regulatorische Bedenken bestehen bleiben. Cerberus Capital Management war im vergangenen Jahr an der Cooperative Bank interessiert, aber die Verbindung scheiterte. Eine offensichtliche Sorge galt Kreditnehmern, die jahrelang hohe Hypothekenzinsen an die Private-Equity-Gesellschaft zahlen mussten, im Gegensatz zu vergleichbaren Bankkunden, deren Kredite zu niedrigeren Zinsen refinanziert wurden.

Der Verschuldungsgrad könnte ein weiteres Hindernis für Transaktionen sein, da sowohl Buyout-Unternehmen als auch Kreditgeber stark auf Fremdfinanzierung angewiesen sind.

Dennoch wollen die europäischen Regulierungsbehörden ein robusteres Bankensystem und haben nur wenige Optionen. Unkonventionelles Denken wird nötig sein, um das Ziel zu erreichen.

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March 09, 2021 09:07 ET (14:07 GMT)