- von Alexander Hübner

München (Reuters) - Siemens-Finanzvorstand Ralf Thomas erklärt die Trennung von Randgeschäften bei dem Münchner Technologiekonzern für weitestgehend abgeschlossen.

Eine Bestandsgarantie für alle Unternehmensteile gebe es aber nicht, sagte Thomas in einem am Freitag veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters: "Wir haben gemeinsam im Vorstand beschlossen, dass es keine neuen 'Portfolio Companies' mehr geben wird. Aber es wäre naiv zu glauben, dass man nicht immer wieder das Portfolio überprüfen muss." Das liege dann aber in der Zuständigkeit der einzelnen Sparten. "Smart Infrastructure etwa hat schon vor einiger Zeit ein Geschäftsvolumen von drei Milliarden Euro auf den Prüfstand gestellt. Ein Drittel ist an andere Unternehmen verkauft worden", sagte Thomas.

Mit dem 3,5 Milliarden Euro schweren Verkauf der Antriebs-Tochter Innomotics an den US-Finanzinvestor KPS hatte Siemens in der vergangenen Woche einen vorläufigen Schlussstrich unter das Thema 'Portfolio Companies' gezogen. Mehr als sieben Milliarden Euro Erlös werden damit hereingekommen sein, wenn Innomotics um den Jahreswechsel in neue Hände kommt. 3,5 Milliarden Euro davon kann Siemens als Nettogewinn verbuchen. "Mit den Verkaufserlösen finanzieren wir unter anderem Dividenden, Aktienrückkäufe und Investitionen", sagte Thomas. Auch den Innomotics-Erlös "werden wir im Interesse aller Stakeholder verwenden - mit einer guten Mischung", sagte Thomas.

Siemens hatte noch unter Vorstandschef Joe Kaeser eine Handvoll Firmen unter dem Etikett 'Portfolio Companies' ausgegliedert, die nicht zum Kerngeschäft zählten und kaum Gewinn ablieferten. "Wir haben wie ein Private-Equity-Investor gehandelt. Wir haben diesen Unternehmen - die teilweise marktführend sind - gesagt: Stellt euch selbstständig auf, ohne auf das Netz und die Synergien des Konzerns zu bauen", erklärte Thomas das Vorgehen. Das habe sich ausgezahlt: "Interne Prozesse wurden verschlankt und der Blick auf das Wesentliche geschärft." 2021 fiel die Entscheidung, sich nach und nach davon zu trennen.

"SELBST DIE ARBEITNEHMERVERTRETER WAREN ZUFRIEDEN"

Die Paket-Logistik ging für 1,15 Milliarden Euro an den norddeutschen Technologiekonzern Körber, die Straßenverkehrs-Technik wurde unter dem Namen Yunex für knapp eine Milliarde Euro an die italienische Atlantia-Holding der Familie Benetton verkauft. Die Getriebe-Tochter Flender übernahm für mehr als zwei Milliarden Euro der Finanzinvestor Carlyle. "Jeder dieser Verkaufsprozesse hatte eine eigene Dynamik", sagte der Finanzvorstand, der für die Portfolio Companies zuständig ist. "Und bei Innomotics ist uns das besonders gut gelungen. Selbst die Arbeitnehmervertreter waren mit dem Käufer zufrieden."

Das Ende 2022 formierte und ausgegliederte Unternehmen mit Sitz in Nürnberg, dessen Kern die Antriebssparte Large Drives (LDA) ist, kommt auf rund 3,3 Milliarden Euro Umsatz und ist profitabel. KPS habe seit einigen Jahren eine Vereinbarung mit der IG Metall, sagte Thomas. "KPS ist ein Experte für die Optimierung der Fertigung. Sie bleiben länger in einem Unternehmen als andere Finanzinvestoren. Da geht es nicht primär um Finanzmathematik."

Übrig ist nun nur noch das kleine Geschäft mit Gepäckbändern und Fracht-Förderanlagen für Flughäfen. "Materiell betrachte ich das Thema Portfolio Companies als nahezu abgeschlossen", sagte der Finanzvorstand. Die Flughafen-Logistik sei profitabel, aber für einen Börsengang zu klein. "Wir werden auch hier nichts mit der heißen Nadel stricken und auf den richtigen Zeitpunkt warten." Zwar erholt sich die Luftfahrt derzeit rasant von der Corona-Krise. "Die meisten Flughäfen sind noch nicht wieder so weit, dass sie ihre Kapazitäten ausbauen würden. Einige haben ihre Ausbaupläne verschoben. Und neue Flughäfen werden derzeit kaum gebaut", sagte Thomas.

Spätestens in zwei Jahren will er aber auch dieses Thema abgehakt haben. "Ich habe 2021 gesagt, die Portfolio Companies werden nicht mehr so lange im Siemens-Konzern bleiben, wie es mich hier gibt. Und mein Vertrag läuft bekanntlich bis Dezember 2026."

(Bericht von Alexander Hübner. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)