FRANKFURT (awp international) - Der Dax knüpft am Tag vor dem Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) an seine Vortagsschwäche an. Der Leitindex fiel am Nachmittag auf das niedrigste Niveau seit Freitag. Zuletzt büsste er 0,68 Prozent auf 14 457,45 Punkte ein. Der MDax verlor 0,85 Prozent auf 30 133,07 Zähler. Das Eurozonen-Barometer EuroStoxx 50 büsste ein halbes Prozent ein.

Rückenwind von der Wall Street, wo es am Vorabend nach dem europäischen Handelsende noch deutlich aufwärts gegangen war, gab es nur am Morgen. Denn nun steuern auch die tonangebenden US-Börsen auf einen etwas schwächeren Auftakt zu. Anleger gingen vor wichtigen Ereignissen in den kommenden Tagen in die Defensive. Am Donnerstag wird erwartet, dass die EZB einen Pfad aufzeigt zu baldigen Zinserhöhungen. Am Freitag folgen die jüngsten Zahlen zu den Verbraucherpreisen aus den USA.

"Die Anleger versuchen derzeit, eine Balance herzustellen zwischen der Angst vor einer Rezession und der Hoffnung, dass die Inflation ihren Höhepunkt erreicht", sagte der Barclays-Marktstratege Emmanuel Cau. Ohne einen entscheidenden Rückgang der Verbraucherpreise gehe der Druck, unter dem die Notenbanken stehen, aber so schnell nicht zu Ende. "Bis die Auswirkungen einer strafferen Politik klarer werden, könnten die Märkte nervös bleiben, da der Weg zu einer sanften Landung schmal ist", so der Experte.

Der Spielraum, den die EZB in Abwägung von Inflations- und Konjunkturrisiken hat, wurde am Mittwoch von robusten Wirtschaftsdaten untermauert. Während die deutsche Industrie die Produktion im April nur leicht gesteigert hat, fiel das Wirtschaftswachstum in der Eurozone im ersten Quartal doppelt so stark aus wie bisher angenommen.

Auf Unternehmensseite belastete eine negative Erstbewertung der Berenberg Bank die 7,2 Prozent schwächeren Papiere von Telefonica Deutschland . Laut dem Analysten Usman Ghazi wird eine eigentlich gute Story der Aktie überschattet von Risiken beim Barmittelfluss und einer so nicht gesicherten Dividende. Telekom-Werte waren allgemein schwach: Auch die Titel der Deutsche Telekom sanken im Dax um 3,2 Prozent.

Generell schwach zeigten sich am Tag vor dem EZB-Entscheid auch die Finanzwerte - unter anderem wegen der Credit Suisse , die auch im zweiten Quartal mit einem Verlust rechnet. Titel der Deutschen Bank büssten als einer der grössten Dax-Verlierer 2,5 Prozent ein, während die Commerzbank im MDax um ein Prozent nachgaben.

Im SDax zeigten sich die Papiere von SAF-Holland mit einem Abschlag von 4,7 Prozent besonders schwach. Der Zulieferer für die Nutzfahrzeugindustrie bietet 66 Kronen je Aktie für den schwedischen Bremsenhersteller Haldex, dessen Papiere in Stockholm um fast 45 Prozent in die Höhe sprangen. Börsianer zeigten sich überrascht von diesem Schritt. Der Analyst Jorge Gonzalez Sadornil von der Privatbank Hauck Aufhäuser befürchtet eine merklich erhöhte Verschuldung.

Als grösster SDax-Gewinner setzten die SGL-Papiere ihre Rally mit einem weiteren Kurssprung um 11,4 Prozent fort. Infolge eines optimistischeren Ausblicks, der am Vortag den Kurs des Kohlefaserspezialisten beflügelte, sieht das Analysehaus Stifel nun mit einem Kursziel von 11 Euro noch viel Potenzial. Der Geschäftstrend sei vielversprechender als gedacht, betonte der Analyst Andreas Heine.

Der Euro kehrte mit zuletzt 1,0729 US-Dollar über die Marke von 1,07 Dollar zurück. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Vortag auf 1,0662 Dollar festgesetzt.

Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 1,18 Prozent am Vortag auf 1,22 Prozent. Der Rentenindex Rex gab um 0,19 Prozent auf 133,66 Punkte nach. Der Bund-Future verlor 0,13 Prozent auf 149,00 Punkte./tih/jha/

--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX ---