FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Auf die Gewinne an den Börsen reagieren ETF-Anleger mit Abgaben europäischer Aktien und positionieren sich stattdessen in stark diversifizierte Indizes. Auch Anteile an Konzernen mit guten Bewertungen in Sachen Nachhaltigkeit finden Abnehmer.

22. Mai 2018. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Raus aus europäischen Aktien, rein in weltweit aufgestellte Portfolios - so beschreiben Market Maker die ETF-Handelsströme der zurück liegenden Tage. "Vor dem Hintergrund ausgesprochen guter Umsätze greifen Anleger verstärkt zu Produkten, die den MSCI World abbilden", spezifiziert Rick van Leeuwen. Überwiegend Abgeber verbucht der Händler von IMC Markets für Euro Stoxx 50- und DAX-ETFs. "Insgesamt überwiegen leicht die Abflüsse."

Fokus auf Nachhaltigkeit

Die Kunden der Commerzbank beschäftigten sich ebenfalls intensiv mit ihren Allokationen. "Mit 40.000 ETF-Transaktionen hatten wir sehr gut zu tun", meldet Carsten Schröder. Allen voran seien Tracker des MSCI World (WKN A1W4HS, A0HGWC) sowie MSCI All Country World (WKN A1JMDF) verstärkt in die Depots genommen worden. "In unserer Kaufstatistik belegt ersterer den Spitzenplatz." Auf einem ungewöhnlichen Rang zwei der meist gesuchten ETFs stehe mit dem Dow Jones Eurozone Sustainability Screened ETF (WKN A0F5UG) von iShares ein Nachhaltigkeitswert, der Unternehmen aus dem Euroraum enthält, die den Indexkriterien hinsichtlich der wirtschaftlichen, umweltbezogenen und sozialen Merkmale entsprechen. Unter anderem dürften Aktien von Unternehmen mit Erträgen aus Alkohol, Tabak, Glücksspiel, Rüstung, Waffen und nicht jugendfreier Unterhaltung nicht einbezogen werden.

Die Kunden der UniCredit spielten ebenfalls das Thema Verantwortliches Investieren. Florian Lenhart meldet großes Interesse in beide Richtungen an Produkten, die sich am MSCI Europe & Middle East Socially Responsible Index (WKN A1JA1T) orientieren.

Sektor gewinnt an Bedeutung

Morningstar sieht das Angebot passiver Fonds unter Einbeziehung von Umwelt-, Sozial- und Governance-Kriterien seit Jahren im Aufwärtstrend. Weltweit habe die Zahl der ETFs mit einem Nachhaltigkeitsansatz Ende 2017 rund 270 erreicht. Zu diesem Zeitpunkt seien mit 102 Milliarden US-Dollar etwa dreimal so viel Mittel in dieser Sparte verwaltet worden wie vor fünf Jahren. Mittlerweile kämen Nachhaltigkeits-ETFs auf 12 Prozent der Indexfonds-Assets weltweit. Rund 85 Prozent des Vermögens mit Wohlfühlfaktor werden Morningstar zufolge in Europa geführt, gefolgt von den USA mit 15 Prozent.

Viele Augen auf dem Königreich

Europäische Konzerne im Euro Stoxx 50 (WKNs 593395, DBX1EU, ETF050) und Deutsche Bluechips im DAX (WKNs ETF001, ETFL01, 593393, LYX0AC) gehen zumeist raus, wie van Leeuwen und Schröder berichten. "Bei uns wurden DAX- und Euro Stoxx 50-ETFs rege auf beiden Seiten gehandelt", führt Lenhart aus.

Zu kleinen und mittelgroßen britischen Konzernen (WKN A0X8R9) fühlten sich die Kunden der UniCredit besonders häufig hingezogen, wie Lenhart registriert. Gleichzeitig verabschiedeten sich Anleger von den vielbeachteten FTSE 250-ETFs (WKN A12CX0) mit den 250 größten an der Londoner Börse gelisteten Unternehmen folgend auf Aktien des FTSE 100. Schröder spricht von größerem Zuspruch für Tracker des FTSE 100 (WKN LYX0XR). "Das kann mit der Hochzeit von Meghan und Harry zusammenhängen", ulkt der Händler.

US-Aktien mit uneinheitlichen Trends

Gegensätzliches Anlegerverhalten verbuchen die ETF-Spezialisten im Handel mit US-Portfolios. Während Schröder mehrheitliche Abgaben von S&P 500-Positionen ausmacht, spricht Lenhart von Kaufnachfrage nach Indexfonds, die das viel beachtete Barometer (WKNs A14Z68, A0YEDG, 622391) abbilden. "Anleger positionierten sich tendenziell auch in MSCI USA-ETFs (WKN DBX1MU)." Deutliche Abflüsse sieht die UniCredit im Bereich Smart Beta. Häufig verkauft wurden Faktoren- und Value-Produkte.

Van Leeuwen wiederum informiert über einen leichten Kaufüberhang von MSCI USA-Produkten sowie deutlichen Abflüssen von S&P 500-ETFs.

Banken-ETFs werden abgegeben

Mit Blick auf einzelne Branchen stünden bei der Commerzbank Geldhäuser beispielsweise im Dow Jones Euro Stoxx Banks Index (WKN 628930) im Vordergrund. "Hier hatten wir mit einem Anteil von 78 Prozent sehr starke Abgaben", bemerkt Schröder. Auf niedrigerem Niveau verabschiedeten sich Anleger von ihren Energiewerten.

Fast nur Verkäufe meldet auch Lenhart für Bankaktien (WKN LYX0RL). Per Saldo gesucht seien Stoxx Europe 600 Oil & Gas-ETFs (WKN A0H08M).

Langläufer überzeugen

Das Geschäft mit Renten-ETFs beschreibt Lenhart als insgesamt unterrepräsentiert und aufgrund vieler kleiner Transaktionen unterschiedlichster Werte etwas unübersichtlich. "Auffallend ist der Trend hin zu langlaufenden europäischen Staatsanleihen." Ein Beispiel dafür seien rege gefragte Staatsanleihen aus den Ländern der Währungsunion (WKN A0LGP5) mit Restlaufzeiten zwischen 15 und 30 Jahren.

Zu den meist gehandelten Rentenprodukten und in Summe verkauften Werten zählt Schröder Unternehmensanleihen im Bloomberg Barclays Euro Corporate Index (WKN A2DX8S). Unternehmensanliehen bonitätsstarker Konzerne landeten zumeist in den Depots.

von: Iris Merker

22. Mai 2018, © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)