FRANKFURT (Dow Jones)--Mit empfindlichen Verlusten haben Europas Börsen am Donnerstag geschlossen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat wie erwartet die Leitzinsen um 50 Basispunkte erhöht. Belastend wirkte jedoch die Anhebung der Inflationsprognosen. Nach den Worten von Präsidentin Christine Lagarde wird die EZB für einige Zeit das aktuelle Tempo ihrer Zinserhöhungen beibehalten. "Ein Ende der Zinssteigerungen in der Eurozone ist angesichts der hartnäckigen Inflation noch nicht absehbar. Es wird voraussichtlich zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden als in den USA", hieß es von HQ Trust. Im Handel war von einer falkenhaften EZB-Entscheidung die Rede - damit nähmen auch die Rezessionsrisiken zu.

Der DAX brach um 3,3 Prozent auf 13.986 Punkte ein, der Euro-Stoxx-50 büßte 3,5 Prozent auf 3.836 Punkte ein. Der Euro reagierte mit Aufschlägen auf die Entscheidung und stieg im Tageshoch auf 1,0736 Dollar, kam aber bis Börsenschluss wieder auf 1,0643 Dollar zurück. An den Anleihemärkten gaben die Kurse nach - die Renditen stiegen also.

Daneben will die EZB ab März mit dem Bilanzabbau aus ihrem APP-Programm beginnen, zunächst um 15 Milliarden Euro monatlich und bis Ende des zweiten Quartals. Der echte Test für die Märkte folgt nach Einschätzung von QC Partners denn auch erst ab März. "Indem die EZB die Rückzahlungsbeträge aus fälligen Anleihen nicht vollständig reinvestiert, wird sie dem Markt Liquidität entziehen", hieß es.


   Auch Fed wird Inflation wohl länger bekämpfen 

Vor der EZB hatte bereits eine falkenhaft aufgenommene geldpolitische Sitzung der US-Notenbank die Märkte belastet, genauso wie schwache Wirtschaftsdaten aus China. Die US-Notenbank hob die Leitzinsen wie erwartet am Vorabend um 50 Basispunkte an, gleichzeitig signalisierte sie, dass sie die Zinsen weiter anheben wird, um die hohe Inflation zu bekämpfen. Aus den neuen Projektionen lässt sich ablesen, dass der Leitzins im nächsten Jahr auf 5,00 bis 5,50 Prozent steigen wird; im September sah die Projektion noch eine Erhöhung auf etwa 4,60 Prozent vor. Dazu sind die Notenbanker in ihren Erwartungen für die Inflation und das Wirtschaftswachstum pessimistischer geworden.

Auch waren schwache US-Einzelhandelsumsätze nicht angetan, die Stimmung an den Finanzmärkten zu heben. Diese sanken im November um 0,6 Prozent, und damit viel stärker als die erwarteten 0,3 Prozent. Die Einzelhandelsdaten gelten als wichtiger Indikator für die Konsumausgaben der US-Verbraucher, die mit einem Anteil von rund 70 Prozent am Bruttoinlandsprodukt eine Schlüsselrolle für die US-Wirtschaft spielen.

Klar Schlusslicht bei den Branchen waren Einzelhandelswerte (-4,0%) zusammen mit den Techwerten (-4,7%). H&M verloren 6,8 Prozent. Bei den Umsatzzahlen zum vierten Quartal hatten Händler mit einer etwas stärkeren Entwicklung gerechnet. Allerdings sei die Stimmung für die gesamte Branche nicht gut, weil in China die Einzelhandelsumsätze im November um 5,9 Prozent deutlicher als erwartet gesunken seien. Die zinssensiblen Techaktien wurden derweil von den falkenhaften Kommentaren auf den US- und EZB-Notenbanksitzungen belastet.

Unter Druck standen auch die stark vom Geschäft in China abhängige Aktien der Luxusgüter-Hersteller. LVMH, Hermes, Richemont und Kering verloren bis zu 5,6 Prozent.

Wachstumssorgen im Sektor und Berichte über ein angebliches Interesse an Schenker, der Logistiktochter der Deutschen Bahn, schickten Deutsche Post um 7,2 Prozent in den Keller. Für Kühne & Nagel ging es um 3,3 Prozent nach unten.

Ceconomy brachen um 13 Prozent ein. Das Unternehmen verbuchte im abgelaufenen Geschäftsjahr unter dem Strich einen Gewinn, der aber deutlich geringer als im Vorjahr ausfiel. "Der Markt mag wahrscheinlich den Margenrückgang nicht und den unsicheren Ausblick", hieß es im Handel. Bryan Garnier sprach von einer sehr breiten Prognosespanne.

Die Metro-Aktie hielt sich mit Abschlägen von 0,3 Prozent gut. Der Großhandelskonzern lässt das zweite Jahr in Folge die Dividende ausfallen, nachdem er im abgelaufenen Geschäftsjahr den Verlust ausgeweitet hat. Die Mittelfristziele hob das Unternehmen - inflationsbedingt - aber an.


   Siemens Healthineers soll Interesse an Medtronic-Teilen haben 

Siemens Healthineers gaben um 5,6 Prozent nach. Im Handel wurde auf einen "Bloomberg"-Artikel verwiesen. Danach soll das Unternehmen Interesse an Teilen des Medizintechnikkonzerns Medtronic haben. Auch GE Healthcare soll Interesse an der Sparte haben, die unter anderem Beatmungsgeräte für den Einsatz bei Lungenerkrankungen herstellt. Die Transaktion könnte laut dem Bericht ein Volumen von mehr als 7 Milliarden Dollar haben.

Munich Re schlossen 2,6 Prozent im Minus, nachdem der Rückversicherer eine Gewinnprognose von 4 Milliarden Euro für 2023 abgegeben hatte, die auf einer neuen verpflichtenden Rechnungslegung basiert. Diese könnte laut Jefferies deutlich steigen, nicht nur durch die Änderung der Bilanzierung, sondern auch die Preissteigerung im Markt insgesamt.

Südzucker schafften sogar ein Plus von 2,4 Prozent. Das Unternehmen bestätigte die Anfang November nach einer fortgesetzt positiven Entwicklung nochmals deutlich erhöhte Konzernprognose für das Geschäftsjahr 2022/23 und rechnet auch für das Jahr 2023/24 mit einem weiteren deutlichen Ergebnisanstieg.


=== 
Index                  Schluss-  Entwicklung  Entwicklung    Entwicklung 
.                         stand      absolut         in %           seit 
.                                                          Jahresbeginn* 
Euro-Stoxx-50          3.835,70      -139,56        -3,5%         -10,8% 
Stoxx-50               3.693,60      -112,67        -3,0%          -3,3% 
Stoxx-600                429,91       -12,60        -2,8%         -11,9% 
XETRA-DAX             13.986,23      -473,97        -3,3%         -12,0% 
FTSE-100 London        7.426,17       -69,76        -0,9%          +1,5% 
CAC-40 Paris           6.522,77      -208,02        -3,1%          -8,8% 
AEX Amsterdam            707,60       -23,27        -3,2%         -11,3% 
ATHEX-20 Athen         2.226,42       -16,44        -0,7%          +3,9% 
BEL-20 Brüssel         3.714,06       -41,52        -1,1%         -13,8% 
BUX Budapest          44.809,64      -275,25        -0,6%         -11,7% 
OMXH-25 Helsinki       4.851,94      -112,14        -2,3%         -10,9% 
ISE NAT. 30 Istanbul   5.570,59      +135,76        +2,5%        +175,1% 
OMXC-20 Kopenhagen     1.836,28       -23,17        -1,2%          -1,5% 
PSI 20 Lissabon        5.787,35       -55,45        -1,0%          +2,9% 
IBEX-35 Madrid         8.218,80      -141,80        -1,7%          -5,7% 
FTSE-MIB Mailand      23.726,05      -847,88        -3,5%         -10,1% 
RTS Moskau             1.042,01       -18,73        -1,8%         -34,7% 
OBX Oslo               1.094,66        -5,07        -0,5%          +2,4% 
PX  Prag               1.171,34        -6,33        -0,5%         -17,9% 
OMXS-30 Stockholm      2.079,52       -59,51        -2,8%         -14,1% 
WIG-20 Warschau        1.756,52       -30,85        -1,7%         -22,5% 
ATX Wien               3.079,73       -60,93        -1,9%         -18,8% 
SMI Zürich            10.880,14      -280,55        -2,5%         -15,5% 
* zu Vortagsschluss 
 
DEVISEN               zuletzt        +/- %   Do, 8:29  Mi, 17:10    % YTD 
EUR/USD                1,0643        -0,4%     1,0654     1,0645    -6,4% 
EUR/JPY                146,29        +1,1%     144,61     143,66   +11,8% 
EUR/CHF                0,9882        +0,1%     0,9874     1,0821    -4,8% 
EUR/GBP                0,8692        +1,1%     0,8602     0,8587    +3,4% 
USD/JPY                137,45        +1,5%     135,77     134,93   +19,4% 
GBP/USD                1,2242        -1,5%     1,2387     1,2399    -9,5% 
USD/CNH (Offshore)     6,9830        +0,5%     6,9637     6,9480    +9,9% 
Bitcoin 
BTC/USD             17.446,94        -2,2%  17.729,69  18.088,87   -62,3% 
 
ROHÖL                 zuletzt  VT-Settlem.      +/- %    +/- USD    % YTD 
WTI/Nymex               76,52        77,28      -1,0%      -0,76   +10,5% 
Brent/ICE               81,90        82,70      -1,0%      -0,80   +13,0% 
GAS                            VT-Settlem.               +/- EUR 
Dutch TTF              135,50       131,51      +3,0%      +3,99  +102,2% 
 
METALLE               zuletzt       Vortag      +/- %    +/- USD    % YTD 
Gold (Spot)          1.777,53     1.807,35      -1,6%     -29,82    -2,8% 
Silber (Spot)           23,20        23,98      -3,2%      -0,78    -0,5% 
Platin (Spot)        1.009,15     1.029,05      -1,9%     -19,90    +4,0% 
Kupfer-Future            3,84         3,88      -1,0%      -0,04   -13,0% 
 
YTD bezogen auf Schlussstand des Vortags 
=== 

Kontakt zum Autor: manuel.priego-thimmel@wsj.com

DJG/mpt/ros

(END) Dow Jones Newswires

December 15, 2022 12:20 ET (17:20 GMT)