Kairo/Jerusalem (Reuters) - Im wichtigsten Krankenhaus im Süden des Gazastreifens ist nach Angaben der dortigen Palästinenser-Behörden wegen der anhaltenden Kämpfe am Wochenende der Betrieb zusammengebrochen.

Im Nasser-Krankenhaus in der südlichen Stadt Chan Junis kümmerten sich nur noch vier medizinische Teams mit insgesamt 25 Mitarbeitern um die Patienten, sagte ein Sprecher der von der Hamas kontrollierten Gaza-Gesundheitsbehörde der Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag. Mangels Treibstoffs für die Notstromaggregate und wegen der Kämpfe in der Umgebung sei der Betrieb der Klinik zum Erliegen gekommen.

"Das Nasser-Krankenhaus ist das Rückgrat der Gesundheitsversorgung im südlichen Gazastreifen. Wenn es nicht mehr funktioniert, ist das ein Todesurteil für Hunderttausende palästinensischer Vertriebener in Chan Junis und Rafah", sagte der Sprecher der von der militant-islamistischen Palästinenser-Organisation Hamas kontrollierten Behörde, Aschraf al-Kidra. Die Wasserversorgung sei zusammengebrochen, das Abwasser stehe in den OP-Räumen. Eine Versorgung der Intensivpatienten sei nicht mehr möglich. Mangel an Sauerstoff habe bereits zum Tod von mindestens sieben Patienten geführt.

Das israelische Militär teilte mit, dass Spezialeinheiten weiterhin im Nasser-Krankenhaus und der Umgebung im Einsatz seien. Israelische Truppen hatten die zuletzt größte noch funktionierende Klinik im Gazastreifen am Donnerstag gestürmt. 100 Verdächtige wurden der Armee zufolge auf dem Gelände festgenommen. Zudem seien Bewaffnete in der Nähe getötet und Waffen im Inneren der Klinik gefunden worden. Die Hamas weist israelische Vorwürfe zurück, ihre Kämpfer nutzten medizinische Einrichtungen als Schutzschild. Mindestens zwei freigelassene israelische Hamas-Geiseln erklärten allerdings, sie seien im Nasser-Krankenhaus gefangen gehalten worden.

Das israelische Militär teilte weiter mit, dass bei den Kämpfen am Samstag im gesamten Gazastreifen Dutzende militante Palästinenser getötet worden seien. Zudem sei eine große Menge an Waffen beschlagnahmt worden. Die Gaza-Gesundheitsbehörde erklärte, dass bei den israelischen Angriffen in den vergangenen 24 Stunden 127 Palästinenser getötet worden seien. 205 weitere seien verletzt worden. Insgesamt seien damit seit Beginn des Gaza-Kriegs nach dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober in dem dicht besiedelten Küstengebiet 28.985 Palästinenser getötet und 68.883 verletzt worden.

Der Ministerpräsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mohammed Schtajjeh, bot der radikal-islamischen Hamas eine Zusammenarbeit an und erklärte, es gebe ein Gesprächsangebot der russischen Regierung. Er wisse zwar nicht, ob die Hamas künftig eine Rolle spielen werde. Aber die Palästinenser müssten geeint sein, und er sei bereit, mit ihr zusammenzuarbeiten, sagte Schtajjeh auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Darüber hinaus habe die russische Regierung Vertreter aller palästinensischen Organisationen zu Gesprächen für den 26. Februar eingeladen. "Wir werden sehen, ob die Hamas bereit ist, sich mit uns zu einigen", sagte er. "Wir sind bereit zu einer Zusammenarbeit." Dafür gebe es allerdings bestimmte Voraussetzungen.

Eine Ausrufung eines palästinensischen Staates stößt bei der israelischen Regierung auf entschiedenen Widerstand. Die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verabschiedete am Sonntag eine Erklärung, die ein solches Vorgehen ausschließt. Netanjahu erklärte, die Regierung reagiere damit auf Gespräche mit Vertretern der internationalen Gemeinschaft, wonach ein solcher Schritt Israel aufgezwungen werden solle. Israel lehne ein "internationales Diktat" ab: "Eine solche Vereinbarung kann nur in direkten Verhandlungen der Seiten ohne Vorbedingungen getroffen werden", hieß es in der Entschließung.

(Bericht von Nidal al-Mughrabi und Ari Rabinovitch, bearbeitet von Christian Götz und Alexander Ratz, redigiert von Jörn Poltz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)