Zürich (awp) - Der Schweizer Aktienmarkt setzt am Freitag nach einem verhaltenen Start den Aufwärtstrend vom Vortag fort. Die Marktteilnehmer stünden weiterhin im Banne steigender Infektionsraten mit dem Corona-Virus und der Hoffnung auf eine Erholung der Wirtschaft, heisst es am Markt. "Momentan gewichten wir die Konjunkturhoffnungen schwerer. Aber das kann sich am Nachmittag wieder ändern, wenn sich die Anleger wegen der Corona-Zahlen in den USA mehr Sorgen machen", sagt ein Händler.

Börsianer weisen zudem darauf hin, dass die Luft an den Aktienmärkten inzwischen eher dünn geworden sei und viele Anleger sich daher vorsichtiger verhalten dürften. "Vor dem Wochenende nimmt die Risikobereitschaft in der Regel ab", sagt ein Händler. Nach Ansicht der Credit Suisse verliert der Aufwärtstrend ausserdem an Dynamik und es sei während der kommenden Wochen mit einer volatilen Seitwärtsbewegung zu rechnen. Ein Grossteil der Positivmeldungen sei zudem mittlerweile eingepreist. Auch dürfte sich die bevorstehende Berichtssaison wegen der Coronakrise vermutlich schwierig gestalten.

Der SMI steigt um 11.15 Uhr um 0,54 Prozent auf 10'144,0 Punkte. Der SLI, in dem die Gewichtung der Schwergewichte gekappt ist, gewinnt 0,80 Prozent auf 1'511,96 und der breite SPI 0,52 Prozent auf 12'533,89 Zähler. 27 der 30 SLI-Werte legen zu, bloss deren drei geben nach.

Im Fokus der Anleger stehen die Aktien von AMS (-2,4%), die zunächst um rund 7 Prozent zulegen, bevor wieder Gewinnmitnahmen und Verkäufe verunsicherter Anleger den Kurs wieder deutlich ins Minus drücken. Händler verwiesen darauf, dass die Aktie am Donnerstag wegen eines negativen Presseberichtes um 16 Prozent abgestürzt war. Der Chiphersteller wies am Morgen die Medienberichte über nicht gesetzeskonforme Handelsaktivitäten des Managements zurück. "Aber nach dem Desaster bei WireCard sind die Leute eben vorsichtig", kommentiert ein Händler.

Konjunkturhoffnungen lassen die Anleger nach zyklischen Aktien greifen. Stark gefragt sind Temenos (+3,9%). Adecco legen 2,9 Prozent auf 45,12 Franken zu. JPMorgan hat das Kursziel für den Personalvermittler auf 55 von 50 Franken angehoben.

Ebenfalls im Aufwind sind Schindler PS (+1,4%), ABB (+1,7%) und LafargeHolcim (+1,5%).

Richemont gewinnen 1,7 Prozent. Der Luxusgüterhersteller hat den früheren Givenchy-Chef Philippe Fortunato nun auch offiziell per 1. September zum neuen Leiter des Bereichs Fashion & Accessories berufen. Händler erklären sich das Kursplus aber mit einer technischen Erholung nach dem jüngsten Kursrückgang.

Rivale Swatch (+0,5%) folgt mit grösserem Abstand.

Bei den Banken hinken CS (+0,8%) Konkurrent UBS (+1,5%) und Julius Bär (+2,0%) hinterher. Bei den Versicherungen schlagen sich Zurich (+0,7%) besser als Swiss Life und Swiss Re (je +0,2%).

Das als defensiv geltende Schwergewicht Nestlé (+0,7%) rückt ebenfalls vor. Novartis und Roche (je -0,1%) geben dagegen nach. Dafür ziehen Alcon um 0,3 Prozent an. Novartis und Alcon zahlen in den USA eine Busse wegen Korruptionsvorwürfen in Griechenland und in Vietnam in der Höhe von 345 Millionen US-Dollar.

Am breiten Markt stehen Sulzer (-2,9%) unter Druck. Der Anlagenbauer bildet für Restrukturierungsmassnahmen im Energiegeschäft Rückstellungen und rechnet deswegen mit einem "deutlich tieferen" Nettoergebnis im ersten Halbjahr.

Zur Rose (+8,2%) ziehen dagegen deutlich an. Die Versandapotheke übernimmt die deutsche Apotal mit einem Umsatz in 2019 von 157 Millionen Euro und will den Kauf mittels Barmitteln und der Ausgabe von Aktien finanzieren.

Cosmo gewinnen 6,6 Prozent. Verantwortlich für den Kursanstieg ist eine positive Stellungnahme des beratenden Ausschusses der zuständigen EU-Behörde für das Kontrastmittel Methylenblau MMX.

Molecular Partners brechen um gut ein Drittel ein. Das Unternehmen ist mit seinem Hoffnungsträger Abicipar bei den US-Gesundheitsbehörden nicht durchgekommen. Das Mittel zur Behandlung einer Augenkrankheit hat in klinischen Versuchen zu oft eine Entzündung hervorgerufen. Damit gehen auch hohe Meilensteinzahlungen flöten.

pre/kw