Obwohl die Berichtssaison in Europa allgemein auf ein positives Echo stieß, gingen die Märkte mit einem Minus ins Wochenende. Auslöser waren die aktuellen Wirtschaftsdaten, die bestätigten, dass die US-Wirtschaft und der Arbeitsmarkt unverändert solide sind, während sich die Inflation hartnäckig hält. Aus Angst vor weiteren geldpolitischen Straffungen über einen längeren Zeitraum nahmen die Marktteilnehmer Gewinne mit.
Wochenperformance*
DAX
15209  -1.76%Chart
STOXX EUROPE 600
457.70  -1.42%
Chart STOXX EUROPE 600
S&P 500
3970.04  -2.67%
Chart S&P 500
NIKKEI 225
27453.48  -0.22%
Chart NIKKEI 225
GOLD
1810.50$  -1.54%
Chart GOLD
BRENT OIL
82.81$  -0.36%
Chart BRENT OIL
EURO / US DOLLAR
1.05$  -1.36%
Chart EURO / US DOLLAR
Tops / Flops der Woche

Tops

John Wood (+38 %): Am Markt wird heftig spekuliert, denn der britische Dienstleister der Öl- und Gasbranche ließ verlauten, dass er drei aufeinanderfolgende Übernahmeangebote des Fonds Apollo Global erhalten und abgelehnt habe. Das letzte Preisgebot habe sich auf 230 GBP je Aktie belaufen.

Rolls-Royce (+25 %): Schafft der Hersteller von Flugzeugtriebwerken nun endlich die Trendwende? Nach einer langen Durststrecke könnte man diesen Eindruck gewinnen. Die Anleger zeigten sich erfreut.

Lisi (+14 %): Das französische Industrieunternehmen will im Rahmen eines öffentlichen Angebots mehr als 7,5 Millionen seiner eigenen Aktien zu je 27 EUR zurückkaufen. Darüber hinaus eröffnet die Transaktion Peugeot Invest die Möglichkeit, die direkt und indirekt gehaltenen Beteiligungen an dem Unternehmen zu verschmelzen.

Cheniere Energy (+12 %): Der Ölkonzern erzielte im 4. Quartal weit über den Erwartungen liegende Ergebnisse, die dem Kurs am Donnerstag zu einem Aufschwung verhalfen.

Allfunds (+11 %): Euronext ist an einer Übernahme der Nummer eins im Vertrieb von Anlageprodukten in Europa interessiert. Der Börsenbetreiber bot dafür 8,75 EUR je Aktie.

Wacker Chemie (+11 %): Das auf die Solarbranche spezialisierte Chemieunternehmen profitiert von der wiedererwachten Begeisterung mehrerer Broker. Diese sind davon überzeugt, dass der politische Wille der USA und der Europäischen Union, die Produktion der für die Photovoltaik benötigten Komponenten wieder in die eigene Region zu verlagern, dem Konzern zugutekommen wird.

Nvidia (+10 %): Der auf Grafikkarten spezialisierte US-Halbleiterkonzern veröffentlichte unerwartet anspruchsvolle Zielvorgaben. Dies stimmte die Anleger positiv. 


Flops

Nagarro (-25 %): Eine schwierige Woche für den deutschen IT-Dienstleister: Pressemeldungen zufolge haben Investmentfonds in jüngster Zeit ihre Leerverkaufspositionen ausgebaut und setzen damit auf einen Kursrückgang.

Unity Software (-20 %): Die Plattform für die Entwicklung von Videospielen verbuchte im Jahr 2022 einen unerwartet hohen Nettoverlust. Auch die Prognosen für den Jahresbeginn sehen nicht gerade berauschend aus.

Korian (-20 %): Die Ergebnisse des Pflegeheimbetreibers verfehlten die Erwartungen deutlich. Der Mitbewerber von Orpéa verfügt über eine gesündere Bilanz und eine bessere Reputation, doch ist der Sektor als Ganzes aktuell wenig gefragt.

Euronext (-11 %): Nachdem das Unternehmen die mögliche Übernahme von Allfunds (die zum Teil in Aktien erfolgen soll) angekündigt hatte, folgte die Strafe auf dem Fuße, denn für die Aktionäre würde die Transaktion zu einer Verwässerung führen. Aus Sicht des Börsenbetreibers erscheint sie aber grundsätzlich sinnvoll, denn er könnte damit seine Ertragsquellen diversifizieren.

Grifols (-10 %): Der CEO des spanischen Pharmaunternehmens, Steven Mayer, wird aus gesundheitlichen Gründen von seinem Posten zurücktreten. Der Markt betrachtet dies als schlechte Nachricht, die sich belastend auf die operative Führung auswirken könnte.

Chart Rohstoffe
Rohstoffe

Energie: Die US-Öllagerbestände stiegen die neunte Woche in Folge, was den Ölpreis belastete. So verbilligten sich die Nordseesorte Brent und die US-Referenzsorte WTI leicht auf 82,50 bzw. 76 USD pro Barrel. An den Finanzmärkten wird übrigens weiterhin mit einer aggressiven Geldpolitik der US-Notenbank Fed gerechnet, denn die aktuellen US-Wirtschaftsdaten deuten auf eine immer noch sehr (bzw. zu) kräftige US-Wirtschaft hin. Risikoanlagen wie Öl wurden daher abgestraft. In Europa pendelte sich der Referenzpreis für Erdgas am niederländischen Handelsplatz bei 52 EUR/MWh ein.

Metalle: An der London Metal Exchange stieg der Preis für eine Tonne Kupfer erneut auf über 9.000 USD. In dieser Woche außerdem wichtig: Das kanadische Unternehmen First Quantum hat den Betrieb seiner Kupfermine Cobre Panama wegen eines Streits mit der panamaischen Regierung eingestellt. Als einer der größten Bergbaubetriebe in Mittelamerika produziert sie etwa 1,5 % der weltweiten Kupfermengen. Andere Industriemetalle wie Zink, Aluminium und Blei stabilisierten sich im Wochenverlauf. Bei den Edelmetallen belasten die steigenden Anleiherenditen kurzfristig noch immer den Goldpreis, der die zweite Woche in Folge nachgab und bei 1.820 USD je Feinunze schloss.

Agrarprodukte: Das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) prognostizierte in seinem letzten Bericht einen deutlichen Anstieg der Maisproduktion in den USA, weil die Anbauflächen zunehmen. Es wird ein Plus von ca. 10 % gegenüber dem Vorjahr erwartet. Noch kräftiger wird voraussichtlich der Anstieg bei Weizen ausfallen, da die US-Produktion aus den genannten Gründen um 14 % steigen dürfte. Die Preise für Weizen und Mais sanken an der Börse in Chicago auf 730 Cent bzw. 650 Cent je Scheffel.

Chart Rohstoffe
Makroökonomie

Marktstimmung: Langsam ist es genug. Verdirbt die Entwicklung der US-Verbraucherpreise den Optimisten an der Börse endgültig die Laune? Allmählich scheint der günstige makroökonomische Nachrichtenstrom für eine langsamere Gangart der Zentralbanken bei ihren Zinserhöhungen zu versiegen. Mehrere Indikatoren aus den USA und Europa haben die Sorgen über die Preisentwicklung erneut angefacht. Noch hat das die Anlegerstimmung nicht gänzlich verhagelt, doch die Beunruhigung nimmt zu. Nächste Woche stehen zahlreiche andere Indikatoren auf dem Programm, die für mehr Klarheit sorgen dürften.

Devisen: Der US-Dollar setzt seinen Aufwärtstrend fort, zusätzlich beflügelt durch einen unerwartet kräftigen Anstieg der Verbraucherpreise im Januar. Der Euro sank unter 1,06 USD. Anfang der Woche hatten sich die G10-Währungen in engen Grenzen bewegt. Die erste Anhörung des zukünftigen Gouverneurs der japanischen Zentralbank, Kazuo Ueda, vor dem japanischen Parlament beeindruckte den USD/JPY-Wechselkurs kaum. Erst nach der Veröffentlichung der viel beachteten Verbraucherpreisentwicklung kletterte der US-Dollar auf über 136 JPY.

Anleihen: Die Anleger warteten nicht auf die Zahlen vom letzten Freitag, sondern trieben die Renditen von Staatsanleihen die ganze Woche über in die Höhe. Zumindest bei den langen Laufzeiten (10 Jahre und darüber) ist die Reaktion auf die Veröffentlichung der jährlichen US-Inflationsrate von 5,4 % (zuvor 5,00 %) aber noch als eher verhalten einzustufen. Dagegen nähert sich die Rendite 2-jähriger US-Treasuries nun ihrem Höchststand von 4,80 % vom März letzten Jahres. Die aktuelle Situation führt zudem dazu, dass der Spread zwischen 2-jährigen und 10-jährigen Papieren im inversen Bereich verharrt, was auf eine möglicherweise eher unerfreuliche Entwicklung in der Zukunft hindeutet (die Underperformance des S&P 500 ist dafür ein perfektes Beispiel). Deutsche Bundesanleihen rentierten unverändert nahe ihrer seit Oktober bestehenden Widerstandslinie von etwa 2,55 %. Sollte diese überschritten werden, könnte sich der Blick als nächstes auf die Marke von 3,01 % richten.

Kryptowährungen: Der Bitcoin gab im Wochenverlauf mehr als 2 % nach und lag bei Redaktionsschluss abermals unter der Marke von 24.000 USD. Die digitalen Währungen warten immer noch auf starke positive Impulse. In einem makroökonomischen Umfeld, in dem noch nicht alle Vorzeichen für Risikoanlagen günstig sind, treten sie auf der Stelle. Die erfreulichen Meldungen über die Akzeptanz von Kryptowährungen reichen offensichtlich nicht aus, um die Anleger zu begeistern. Der geldpolitische Kurswechsel der Zentralbanken wird daher sehnsüchtig erwartet, um die Kryptowährungen in Schwung zu bringen.

Termine: Kommende Woche erwarten die Marktteilnehmer mit Spannung ein paar wichtige Ereignisse. Am Montag werden die Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter in den USA veröffentlicht, am Dienstag folgt das Conference Board mit dem aktuellen US-Verbrauchervertrauensindex. Am Mittwoch stehen die endgültigen ISM-Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe für Februar im Mittelpunkt. Des Weiteren wird am Donnerstag die erste Schätzung zur Inflation in der Eurozone im Februar veröffentlicht. Mit den endgültigen Einkaufsmanagerindizes für Februar und dem US-Pendant, dem ISM-Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor, wird die Woche dann am Freitag ausklingen.
Kurs und Volumen
Verkehrte Welt
Die Berichtssaison geht langsam zu Ende. Über 90 % der Unternehmen haben bereits ihre Zahlen für 2022 vorgelegt. Die weitaus meisten davon scheinen sich trotz Wirtschaftskrise und erster sichtbarer Anzeichen für eine bislang eher milde Rezession überraschend gut zu behaupten. Der US-Verbraucherpreisindex hat am Freitag die Erwartungen übertroffen. Die Anleger dürften daher etwas nervöser ins Wochenende gegangen sein. Ab Montag wird dann alle Aufmerksamkeit dem ISM-Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe (Mittwoch) bzw. für den Dienstleistungssektor (Freitag) gelten.
Wir wünschen Ihnen allen ein schönes Wochenende!
*Die Wochenperformance der Indizes und Aktien bezieht sich auf den Zeitraum von der Eröffnung der Märkte am Montag bis zur Erstellung dieses Newsletters am Freitag.
Die Wochenperformance von Rohstoffen, Edelmetallen und Währungen bezieht sich auf den 7-Tage-Zeitraum von Freitag bis Freitag (bis zur Erstellung des Newsletters). Diese Vermögenswerte notieren auch an Wochenenden.