Paris (Reuters) - Knapp eine Woche nach dem Militärputsch im Niger beginnen mehrere europäische Staaten damit, ihre Staatsangehörigen aus dem westafrikanischen Land in Sicherheit zu bringen.

"Die Evakuierung beginnt heute", teilte das französische Außenministerium am Dienstag in Paris mit. Frankreich arbeite auch daran, Menschen aus anderen europäischen Ländern aus dem Niger zu bringen. Binnen eines Tages würden Hunderte Menschen ausgeflogen. Das Auswärtige Amt in Berlin teilte mit, Frankreich habe angeboten, im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten Deutsche mit an Bord zu nehmen. Allen Deutschen in der nigrischen Hauptstadt Niamey werde grundsätzlich dazu geraten, das Angebot anzunehmen. Spanien bereitet sich darauf vor, mehr als 70 Personen auszufliegen. Italien erklärte, es würden Sonderflüge bereitgestellt, damit italienische Staatsangehörige ausreisen könnten.

Das französische Außenministerium verwies zur Begründung der Evakuierung auf die Entwicklung der vergangenen Tage insbesondere in der nigrischen Hauptstadt. "Angesichts der Situation in Niamey, der Gewalt gegen unsere Botschaft vorgestern und der Tatsache, dass der Luftraum gesperrt ist und unsere Bürger nicht auf eigene Faust ausreisen können, bereitet Frankreich die Evakuierung seiner Bürger und europäischer Bürger vor." Außenministerin Catherine Colonna sagte dem Fernsehsender LCI, der Putsch gehe weiter und die Lage bleibe besorgniserregend. "Wir haben uns entschieden, sicherzustellen, dass die französischen Bürgerinnen und Bürger, die den Niger verlassen wollen, das tun können." Sie schätzte, dass Hunderte Franzosen und Hunderte andere EU-Bürger in Sicherheit gebracht werden wollten. Die Evakuierung soll am Dienstagnachmittag beginnen und binnen 24 Stunden abgeschlossen sein.

Am Mittwoch vergangener Woche hatte die Präsidentengarde im Niger die Macht übernommen, das Militär schloss sich ihr an. Der demokratisch gewählte Präsident Mohamed Bazoum wurde gefangengenommen. Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich hat seit einem Jahrzehnt Truppen im Niger stationiert, um den Kampf gegen Islamisten in der Region zu unterstützen. Im Niger sind im Rahmen internationaler Einsätze auch Bundeswehrsoldaten stationiert. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Versorgung und beim Transport des Bundeswehr-Kontingents im Nachbarstaat Mali. Auch die USA und Italien haben Truppen im Niger stationiert. Dass auch Soldaten ausgeflogen werden sollen, wurde bislang nicht mitgeteilt.

Am Sonntag verbrannten Anhänger der Putschisten französische Flaggen und griffen die französische Botschaft in der Hauptstadt Niamey an. Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte erklärt, dass jegliche Angriffe auf französische Interessen in Niger mit einer "schnellen und kompromisslosen Reaktion" beantwortet würden. Am Montag hatten die neuen Militärmachthaber nach Angaben der bisherigen Regierungspartei weitere Minister und hochrangige Politiker festgenommen. Der Putsch hat die Besorgnis genährt, die Sicherheit könnte in der gesamten Sahel-Zone gefährdet sein. Es ist bereits der siebte Putsch in weniger als drei Jahren in West- und Zentralafrika.

EU: URAN-VORRÄTE SIND AUSREICHEND

Der regionale Wirtschaftsblock Ecowas hat Sanktionen gegen den Niger verhängt und unter anderem alle Finanztransaktionen gestoppt sowie nationale Vermögenswerte eingefroren. Niger ist weltweit der siebtgrößte Produzent von Uran, das unter anderem bei der Atomenergie und zur Krebsbehandlung eingesetzt wird. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte, die EU-Versorgungsunternehmen verfügten über ausreichende Vorräte an Natur-Uran, um kurzfristige Versorgungsrisiken abzumildern. Das französische Kernbrennstoffunternehmen Orano erklärte, seine Aktivitäten in Niger würden fortgesetzt und seien von den Evakuierungen nicht betroffen, da 99 Prozent der Mitarbeiter nigrische Staatsangehörige seien.

(Bericht von: Michel Rose, Sudip Kar-Gupta, David Latona, Belén Carreño, Angelo Amante; geschrieben von Sabine Ehrhardt. Redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)

- von Layli Foroudi und Zhifan Liu