Zürich (awp) - Lange war es still um White Tale, den Clariant-Aktionär, der gegen die geplante Fusion mit dem amerikanischen Mitbewerber Huntsman opponiert. Nun erhöht die Investorengruppe den Druck auf den Spezialchemiekonzern und nennt erstmals auch konkrete Forderungen. Um den Anspruch zu unterstreichen, wurde die Beteiligung an Clariant in den letzten zwei Monaten deutlich aufgestockt.

White Tale - bestehend aus dem US-Familienunternehmen Standard Industries und dem aktivistischen Hedgefonds Corvex - hält mittlerweile 15,1% an Clariant, wie aus einem offenen Brief an VR-Präsident Rudolf Wehrli und CEO Hariolf Kottmann hervorgeht. Das sind 5% mehr, als die zuletzt im Juli gemeldeten 10,06%.

Clariant solle sich nach Alternativen umsehen, wiederholt White Tale frühere Forderungen. Die Muttenzer werden zudem aufgefordert, auf der Stelle eine unabhängige Investmentbank anzuheuern, um alle strategischen Alternativen zu evaluieren.

VERKAUF VON PLASTICS AND COATINGS

Gleichzeitig solle Clariant seinen eigenen Weg der letzten Jahre auf dem Weg zu einem "reinen" Spezialchemie-Unternehmen fortsetzen. Konkret wird von Clariant der sofortige Verkauf der Division Plastics and Coatings gefordert. Dies würde das Unternehmen nicht nur zu einem "pure player" machen, sondern auch mit den finanziellen Mittel ausstatten, um ins Kerngeschäft zu investieren.

White Tale fordert zudem einen neuen Kostenoptimierungsplan. Denn man glaube, dass Clariant rund 300 Mio CHF zusätzliche Kosteneinsparungen erzielen könnte. Die 400 Mio USD an jährlichen Kostensynergien, welche die Fusion mit Huntsman bringen soll, werden als "ehrgeizig" bezeichnet. Und fast die Hälfte dieses Wertes werde an Huntsman vergeben.

Denn der Fusionsvertrag sieht vor, dass die Clariant-Aktionäre 52% am neuen Unternehmen halten werden, diejenigen von Huntsman 48%. White Tale kritisiert auch das Tauschverhältnis. Die Aktien von Clariant würden deutlich zu tief bewertet, während Huntsman zum Zeitpunkt der Ankündigung vom Höhepunkt des zyklisch überbewerten Rohstoff-Konjunkturzyklus profitiert habe.

"GEZWUNGEN", GEGEN TRANSAKTION ZU STIMMEN

Sollte Clariant also keine Alternativen zur Fusion mit Huntsman in Betracht ziehen, sieht sich White Tale laut dem Brief "gezwungen", gegen die Transaktion zu stimmen. Die ausserordentliche Generalversammlung von Clariant - diese wird voraussichtlich im vierten Quartal abgehalten - muss den Deal mit einer Zweidrittelmehrheit der Aktienstimmen absegnen.

Unter der Annahme, dass die Fusion von den Aktionären abgeschmettert wird, werde man darauf bestehen, dass die besagte Evaluation von Alternativen "auf der Stelle" aufgenommen wird. Etwas, das nach Meinung der Aktionärsgruppe bereits vor dem Merger hätte getan werden sollen.

Die Fusion von Clariant und Huntsman ist für Ende Jahr oder Anfang 2018 geplant. Clariant-Chef Hariolf Kottmann ist als Verwaltungsratspräsident vorgesehen und Peter Huntsman soll neuer Konzernchef werden.

Unterschrieben wurde der offene Brief von David Millstone und David Winter, den beiden Co-CEO von Standard Industries, sowie von Keith Meister, Managing Partner bei Corvex.

FRAGWÜRDIGE LOGIK

Es war zwar übrigens lang still um White Tale, untätig war man offenbar aber nicht. Man habe in den letzten zwei Monaten - abseits der öffentlichen Scheinwerfer - mit dem Clariant-Management zusammengearbeitet, um die "fragwürdige Logik" der vorgeschlagenen Fusion besser zu verstehen.

"Leider sind wir nach wie vor davon überzeugt, und das in zunehmendem Masse, dass die vorgeschlagene Fusion für die Aktionäre nachteilig ist", lässt White Tale Wehrli und Kottmann wissen.

ra/cf