Man sei noch "meilenweit" von einer Einigung entfernt, sagte US-Handelsminister Wilbur Ross am Donnerstag in Washington. Es gebe aber dennoch gute Chancen auf eine Lösung. Er erwarte, dass in der kommenden Woche eine rund 30-köpfige chinesische Delegation in Washington über Lösungen reden werde. Der Streit belastet auch die Weltkonjunktur und die Aktienbörsen.

Peking zufolge stecken beide Seiten derzeit den Rahmen für Detailverhandlungen ab. Bei dem für das Monatsende geplanten zweitägigen Besuch von Vize-Ministerpräsident Liu He werde eine breite Palette von wirtschaftlichen und handelspolitischen Themen von "beiderseitigem Interesse" zur Sprache kommen. Laut IWF-Chefin Christine Lagarde steht viel auf dem Spiel: Die Spannungen seien eine große Gefahr für die Weltwirtschaft und könnten auch die Konjunkturabkühlung in der Volksrepublik beschleunigen: "Das wäre ein echtes Problem", warnte die Französin auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte angesichts des Handelsstreits und zahlreicher weiterer Risiken wie dem Brexit seine Prognose für das Wachstum der globalen Wirtschaft erst zu Wochenbeginn gekappt. Die USA und China haben sich gegenseitig mit Strafzöllen überzogen. US-Präsident Donald Trump und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping vereinbarten allerdings, die ursprünglich für Anfang des Jahres angedrohte nächste Runde von Strafzöllen vorerst auf Eis zu legen. Bis Anfang März wollen sie über Streitfragen wie den Schutz geistigen Eigentums oder Technologietransfer verhandeln.

"MEHR ALS SOJABOHNEN UND FLÜSSIGGAS"

Ross sagte dem Sender CNBC, die Materie sei sehr kompliziert: Es gebe jede Menge Themen neben "Sojabohnen und Flüssiggas". Doch wesentlich wichtiger sei aus US-Sicht, dass China strukturelle Reformen seiner Wirtschaft vornehme. Zudem müsse es "Mechanismen zur Durchsetzung" geben, die bei Nicht-Erfüllung der Vereinbarungen griffen.

Trump hat jüngst die Einschätzung geäußert, dass China "sehr gerne einen Deal" machen wolle. Nach Meinung des ranghohen chinesischen Marktaufsehers Fang Xinghai ist auch Trump dazu bereit - vor allem wegen des Drucks der Finanzmärkte. In den vergangenen Monaten lastete der Handelsstreit zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften besonders schwer auf den Aktienmärkten. Auch VW-Chef Herbert Diess, für dessen Konzern China der wichtigste Markt ist, setzt auf eine Einigung, wie er in Davos sagte. Er sei zuversichtlich, da ohne Abkommen beide Märkte leiden würden.

Zugleich hofft der Wolfsburger Konzern darauf, dass die USA keine Sonderzölle auf Autoimporte aus Europa verhängen. VW sei in dieser Sache im Kontakt mit den USA, so Diess. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatte im Juli 2018 bei einem Treffen mit Trump in Washington erreicht, dass die USA vorerst auf Strafabgaben auf Autos aus der EU verzichten. Zudem sollen Handelsbarrieren - etwa für Industriegüter oder Flüssiggas - abgebaut werden.

Die EU rechnet laut Handelskommissarin Cecilia Malmström vor diesem Hintergrund nicht damit, dass Washington noch Sonderzölle auf europäische Autos verhängt. Brüssel sei jedoch auch mit Gegenmaßnahmen für den Fall gerüstet, dass Trump seine Drohung doch noch wahr mache, sagte sie in Davos. "Ich möchte es nicht, aber wir müssen es dann tun."