Von Carol Ryan

LONDON (Dow Jones)--Was ein schneller Gewinn aus einer deutschen Wohnimmobilientransaktion hätte werden können, ist für Elliott Management nicht aufgegangen. So sieht sich der aktivistische Investor mit dem ultimativen Reinfall konfrontiert.

Der europäische Zweig des Hedgefonds von Paul Singer droht eine Abstimmung auf der Jahreshauptversammlung der Deutsche Wohnen am Donnerstag zu verlieren. Elliott fordert eine Untersuchung des seiner Meinung nach fragwürdigen Kredits in Höhe von 2 Milliarden Euro, der dem größten Aktionär des Unternehmens, Vonovia, im vergangenen Jahr gewährt wurde. Da Vonovia 87 Prozent der Deutsche Wohnen besitzt, kann der DAX-Konzern den Vorschlag leicht torpedieren.

Beide Konzerne besitzen große Portfolios deutscher Wohnblöcke und gehören nach Jahren der Fusionen und des Mietwachstums zu den größten börsennotierten Immobilienunternehmen in Europa. Elliott beteiligte sich 2021 an Deutsche Wohnen, als Hedge-Fonds die Aktie kauften, um ein höheres Angebot von Vonovia abzuwehren, das 53 Euro pro Aktie für das Unternehmen geboten hatte. Der Aktionärsaktivist ist nach Vonovia größter Aktionär, wie mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen berichten.


   Elliott hoffte auf höheres Angebot oder Beherrschungsvertrag von Vonovia 

Selbst als Vonovia sich weigerte, den Preis aufzustocken, setzten einige Investoren darauf, dass das Unternehmen einen so genannten Beherrschungsvertrag mit den Aktionären, die sich gegen einen Verkauf ihrer Aktien stemmten, abschließen müsste. Denn sie rechneten damit, dass Vonovia nur so Synergieeffekte aus dem Geschäft erzielen könnte. Im Rahmen solcher Vereinbarungen erhalten die Minderheitsaktionäre als Gegenleistung für die Aufgabe der Kontrolle zusätzliche Dividenden.

Aber es kam weder zu einem höheren Angebot durch Vonovia noch zu einem Beherrschungsvertrag, und Elliott behielt seine Anteile. Seitdem ist der Aktienkurs der Deutschen Wohnen eingebrochen, ein Opfer der steigenden Zinssätze, die den Wert der meisten Immobilienaktien beeinträchtigt haben. Die Aktien der Deutschen Wohnen werden derzeit für rund 22 Euro gehandelt, weniger als die Hälfte des ursprünglichen Angebots von Vonovia.


   Vonovia hätte bei Überschreiten von 90% Grunderwerbssteuer zu zahlen 

In anderen Situationen würde der Erwerber die Minderheitsaktionäre möglicherweise schließlich herauskaufen. Aber Vonovia will gar nicht die ganze Deutsche Wohnen besitzen. Bei einer Beteiligung von mehr als 90 Prozent würde für Vonovia nämlich eine milliardenschwere Grunderwerbssteuerschuld anfallen.

Damit sitzen Elliott und die anderen Eigentümer der 13 Prozent der Deutschen Wohnen in der Klemme. Der Rest der Aktie ist illiquide, und eine herabgestufte Börsennotierung bedeutet, dass die Deutsche Wohnen trotz eines Marktwerts von rund 8,6 Milliarden Euro keine Quartalsergebnisse mehr vorlegen wird. Vonovia hat auch die Gremien des Unternehmens mit ihr wohlgesonnenen Gesichtern besetzt.


   Einstieg von Partner-Investor bei Deutsche Wohnen mögliche Lösung 

Das Darlehen der Deutschen Wohnen an Vonovia, das mit einem Zinssatz von nur 0,6 Prozent über dem Euribor-Benchmark verzinst wird, hätte an anderer Stelle besser eingesetzt werden können. "Die Deutsche Wohnen sollte kein Kreditgeber sein, ihr Hauptgeschäft ist Besitz und Management von Vermögenswerten", sagt Analyst Andres Toome vom Immobilien-Research-Unternehmen Green Street.

Elliott wird die Angelegenheit wahrscheinlich vor Gericht bringen, obwohl Vonovia darauf beharrt, nichts falsch gemacht zu haben. Eine Lösung für beide Seiten könnte darin bestehen, dass Vonovia einen Partner einbringt, der 10 Prozent an Deutsche Wohnen übernimmt. Dies würde den Minderheitsaktionären einen Ausstieg bieten, ohne bei Vonovia eine hohe Steuerrechnung auszulösen. Aber Vonovia hat keinen wirklichen Grund, sich dieser Mühe zu unterziehen.


   Elliott sind langwierige Auseinandersetzungen vertraut 

Elliott sind langwierige Auseinandersetzungen nicht fremd. 2016 gewann Elliott einen 15 Jahre währenden Streit mit Argentinien wegen der Zahlungsunfähigkeit des Landes im Jahr 2001. Eine Investition in den deutschen 3-D-Druckspezialisten SLM Solutions, die etwa zu der Zeit begann, als General Electric versuchte, das Unternehmen zu kaufen, dauerte schließlich sechs Jahre.

Vonovia mag eine gewisse Schadenfreude über die missliche Lage des Aktivisten empfinden, aber diese Geschichte zeichnet ein wenig schmeichelhaftes Bild der Behandlung von Kleinaktionären durch das Unternehmen. Zwar wurden deutsche Wohnungsvermieter schon früher mit solchen Problemen in Verbindung gebracht. Allerdings waren die Anleger bereit, darüber hinwegzusehen, als der Sektor von der Konsolidierung und den niedrigen Zinsen profitierte. Doch die Minderheitsaktionäre der Deutsche Wohnen werden derzeit daran erinnert, dass gute Unternehmensführung gerade in schwierigen Zeiten besonders wichtig ist.

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June 14, 2023 07:07 ET (11:07 GMT)