Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Der FDP-Obmann im Wirecard-Untersuchungsausschuss, Florian Toncar, hat Finanzminister Olaf Scholz (SPD) nach Kritik des Bundesrechnungshofes an der Aufsicht im Wirecard-Skandal eine persönliche Verantwortung vorgehalten. "Der Bundesrechnungshof wirft dem Bundesfinanzministerium dezidiert Versäumnisse bei der Rechts- und Fachaufsicht vor, und zwar sowohl in der Korrespondenz mit der Bafin als auch intern", sagte Toncar und betonte, "dass ich der Meinung bin, dass auch Olaf Scholz als Minister persönlich verantwortlich ist für die Aufsichtsversäumnisse bei Wirecard".

Man rede hier nicht über das Versagen einer nachgeordneten Behörde, "sondern über politisches Führungsversagen". Der Rechnungshof habe als unabhängige Prüfinstanz mit sehr viel Kompetenz und sehr viel Überblick über Verwaltungsbehörden aller Art "ein letzten Endes in breiten Teilen vernichtendes Urteil über jede deutsche staatliche Stelle, die mit Wirecard zu tun hatte, ausgesprochen".

Keiner der Akteure - Bundesfinanzministerium (BMF), Bundesjustizministerium (BMJV), Deutsche Bundesbank, Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) - "hat die Brisanz des Falles Wirecard frühzeitig erkannt und seine Handlungsoptionen ausgeschöpft, um die Aufklärung mit Nachdruck voranzutreiben und Fehlverhalten zu unterbinden", erklären die Rechnungsprüfer in ihrem Gutachten, in das Dow Jones Newswires Einblick hatte. "Das BMF und das BMJV haben das Verfahren der Bilanzkontrolle zu keiner Zeit kritisch überprüft." Dabei hätten sie seit Einrichtung des Verfahrens um die Probleme gewusst, die mit der Aufteilung der Zuständigkeit auf Bafin und DPR verbunden waren.

"Das BMF hat sich im Fall Wirecard im Rahmen seiner Rechts- und Fachaufsicht über die BaFin zwar vom Geschäftsbereich Wertpapieraufsicht der BaFin berichten lassen", heißt es in dem noch unveröffentlichten Gutachten. "Es hat jedoch insbesondere ab dem Frühjahr 2019 nicht nachgehalten, ob und wie die BaFin ihre verfügbaren Aufsichtsinstrumente ausschöpft." Zudem habe es das BMF versäumt, "im Haus vorliegende Informationen zeitnah innerhalb der für die Rechts- und Fachaufsicht über die BaFin zuständigen Abteilung VII zu verbreiten". Der Rechnungshof hält es laut dem Gutachten "rückblickend für nicht abschließend feststellbar, ob ein anderes Verhalten der beteiligten Akteure den 'Fall Wirecard' hätte verhindern können".

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May 19, 2021 07:30 ET (11:30 GMT)